Dokumentarfim über die Berliner Rockband Mutter.

Wir waren niemals hier

Dokumentarfim über die Berliner Rockband Mutter.

23.11.2015

Von ST

Wir waren niemals hier

Man nehme ein erfolgreiches Musical, besetze es mit Superstars - und fertig ist der Superfilm. Ist er nicht. Die Kinoversion der Abba-Show lehrt eher dies: Irgendwann sollten sich Menschen fortgeschrittenen Alters auch wie solche benehmen. Und nicht wie pubertierende Elfjährige auf Ecstasy. Meryl Streep als Oberhippiemutter aller Nationen führt sich aber genauso auf.

Welche Lebensfreude diese 59-Jährige ausstrahlt, welche Energie! Was für eine gute Figur sie doch macht! Wohlmeinende könnten es so sehen. Mehr noch: Sollte sie uns nicht allen ein Vorbild sein? Alles, was recht ist, das nun auf keinen Fall, so auf- und abgedreht möchte man dann wirklich nicht durch seine vollreife Lebensmitte hopsen. Wie mit allen Fingern in der Steckdose.

Es ist so unendlich ermüdend. Dieser hyperaktiven Nervensäge und ihren beiden besten Freundinnen bei ihren angestrengten gymnastischen Übungen plus Kreisch- einlagen zuzusehen. Zumal die drei älteren Damen vom Sonnengrill - Ü-50-Abenteuerspielplatz ist eine griechische Insel - nicht alleine sind beim Abzappeln. Um sie herum wuseln eine heiratswütige Tochter (Amanda Seyfried, auch sie chronisch überspannt, aber vielleicht verwächst sich das noch, sie ist erst 22), drei potentielle Väter und jede Menge original griechisches Fußvolk inklusive Esel.

Dass Musical-Geschichten hanebüchen sind, kann man ihnen nicht vorwerfen. Es ist ihr Job. Jeglicher Inhalt würde nur von der Verpackung ablenken, von der Musik, den Kulissen. Und trotzdem macht es einen Unterschied, ob eine Musikshow über die Bühne geht, buchstäblich, oder ob sie verfilmt wird. Während man sich im Theater auch die banalste Story mit ein wenig Phantasie noch halbwegs erträglich sehen kann, bleibt im Kino mit jeder Pore, jedem Sonnenfleck der Darsteller in Großaufnahme, jedem Dolby-Surround-Anschlag aufs Gehör, weniger Raum übrig für eigene, romantische Interpretation.

Jedenfalls: Auf der nach oben offenen Schrill-doof-laut-Skala erreicht "Mamma Mia! " in der Filmversion neue Rekordwerte. Dennoch oder gerade deshalb werden die Kinokassen klingeln wie an Weihnachten und Ostern zusammen. Auf den Musical-Bühnen dieser Welt ist "Mamma Mia! " schließlich längst ein Selbstläufer. 30 Millionen Menschen waren schon drin, insgesamt hat die Show bisher mehr als zwei Milliarden Dollar eingespielt. Benny Andersson und Björn Ulvaeus übrigens, die beiden inzwischen 61 und 63 Jahre alten Abba-Gründer, sind als Mitproduzenten am Film beteiligt. Sie werden warm über den Winter kommen.

Dafür sorgt nicht zuletzt die gigantische Besetzung des Musical-Films. Im Windschatten von Meryl Streep segeln etwa Rehauge Colin Firth - nie hat er verlorener gewirkt - und Ex-James-Bond Pierce Brosnan. Wobei letzterer in Interviews gerne mal den Eindruck erweckt, als wolle er am liebsten nur über seine glorreiche Vergangenheit als 007 sprechen. Wiederholt nach "Mamma Mia! " befragt, sagt er dann höchstens, dass er nur aus einem Grund mitgemacht habe: wegen Meryl Streep.

Vermutlich hat er sich, genau wie Robert Redford als Großwildjäger Denys Finch Hatton seinerzeit, in "Jenseits von Afrika " in sie verliebt. Hat ihretwegen Tränen vergossen wie Millionen Kinogänger. Es wäre verständlich. Und insofern auch verzeihlich, dass Pierce Brosnan sich jetzt Abba-krächzenderweise zum Affen macht. Immerhin scheint es ihm peinlich zu sein. Gut so. Und Meryl Streep verzeiht man letztlich sowieso fast alles. .

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Erstellt:
23.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 40sec
zuletzt aktualisiert: 23.11.2015, 12:00 Uhr

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