Protest

„Wir waren wegen ihrer verfehlten Landwirtschaftspolitik hier“

Beim Überregionalen Bauerntag in Horb waren nicht nur Landwirte anwesend. Tierschützer nahmen sich die Veranstaltung zum Anlass für eine Demonstration im Saal.

05.02.2019

Von Alisa Swoboda

Ein Vertreter des Veranstalters fordert Dagmar Oest auf, den Saal zu verlassen.

Ein Vertreter des Veranstalters fordert Dagmar Oest auf, den Saal zu verlassen.

Der Überregionale Bauerntag hatte mit den Begrüßungen und Eröffnungsreden sowie demVortrag von Ministerin Julia Klöckner zunächst einen sicher lebhaften, aber keineswegs ungewöhnlichen Verlauf genommen. Dann plötzlich jedoch kam an unerwarteter Stelle Bewegung in den Saal: Mitglieder „Menschen für Tierrechte, Aktionsgruppe Horb, hatten sich unerkannt über den ganzen Saal im Publikum verteilt. Den Großteil der Veranstaltung hatten sie sich unauffällig verhalten. Gegen Ende der Rede der Ministerin standen dann etwa zehn Leute auf und hielten Schilder mit der Aufschrift „Stopp Ferkelkastration“, „Stopp Massentierhaltung“ und „Stopp Tiertransporte“ in die Höhe. Kurz darauf störten sie den Ablauf mit Zwischenrufen, was vom restlichem, deutlich überwiegend aus Landwirten bestehenden Publikum zunächst lediglich mit verdrehten Augen, danach auch mit Buh-Rufen quittiert wurde.

Ein Gast der Veranstaltung nannte diese Art der Demonstration im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE „komplett fehl am Platz“; er fühle sich von den Vorwürfen auch persönlich angesprochen und angegriffen. Ihn habe lediglich die Höflichkeit davon abgehalten, körperlich dazwischen zu gehen.

Klöckner verwies darauf, dass sie zunächst ihre Rede halten wolle und später auf Fragen eingehen werde. Eine Aktivistin jedoch blieb hartnäckig, lief vor die Bühne und versuchte, eine eigene Rede zu halten. Nach einigen Minuten und mehreren Aufforderungen der Veranstalter, der Ministerin und des Publikums verließ sie zusammen mit den anderen Demonstranten den Saal.

Dagmar Oest ist Sprecherin der „Menschen für Tierrechte“ in Horb. Vor der Halle nannte sie als Grund für die Aktion, dass die Ministerin vor Ort war. Man habe sich Antworten erhofft, da sie auf schriftliche Anfragen nicht eingehe. Bärbel Plüer, eine weitere Demonstrantin, fügte hinzu: „Für mich war Grund, hier teilzunehmen, zu zeigen, dass wir nicht nur einige wenige sind“.

Vorwurf: Nähe zur Agrarlobby

Die Gruppe hält die Ministerin für agrarlobbynah. „Wir waren wegen der verfehlten Landwirtschaftspolitk der Ministerin hier“, sagte Oest. Die Probleme, welche die „Menschen für Tierrechte“ kritisieren, gebe es zwar schon länger, allerdings habe Klöckner jetzt ein Jahr Zeit gehabt, etwas zu ändern, es aber nicht getan. Es wurde außerdem Unmut darüber geäußert, dass das Gesetz zur schmerzfreien Ferkelkastration bereits 2013 beschlossen wurde und ursprünglich am 1. Januar 2019 in Kraft hätte treten sollen. Nun gilt es erst ab 2021. Die Aktivisten finden außerdem, dass sich die Ministerin auf EU-Ebene dafür hätte einsetzen sollen, dass Viehtransporte vollständig abgeschafft werden.

Das Hauptziel der Gruppe ist jedoch laut Oest, dass Landwirtschaft in Zukunft komplett ökologisch, vegan und güllefrei wird. Dass dies nicht von heute auf morgen zu umzusetzen ist, sei den Aktivisten jedoch klar. Eine oder zwei Generationen Zeit brauche man dafür schon.

Nutztierhaltung erzeugt CO2

Die Tierschützer nannten mehrere Gründe für diese absolute Forderung. Beispielsweise würden Futtermittel für die landwirtschaftliche Tierhaltung in Dritte-Welt-Ländern erzeugt. Einheimische dort hätten deshalb oft keine Möglichkeit, Nahrung für sich selbst anzubauen und müssten hungern. Zudem stamme ein großer Teil der weltweiten CO2-Emissionen aus der Nutztierhaltung.

„Es gibt Leute, die hören zu, aber wollen nicht verstehen“, kommentierte Klöcker den Vorfall, als sie ihre Rede zu Ende bringen konnte.

Insgesamt ein knappes Dutzend Demonstranten unterbrachen die Rede der Ministerin Julia Klöckner kurz.Bilder: Karl-Heinz Kuball

Insgesamt ein knappes Dutzend Demonstranten unterbrachen die Rede der Ministerin Julia Klöckner kurz.Bilder: Karl-Heinz Kuball