Transformation

„Wirtschaft braucht Umdenken“

Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion Calw/Freudenstadt diskutierte mit Staatssekretär Dr. Patrick Rapp in Nagold über Zukunft des Mittelstands.

15.03.2023

Von NC

MIT-Podiumsdiskussion in Nagold (von links): Moderator Carl Christian Hirsch, Staatssekretär Dr. Patrick Rapp, IHK-Hauptgeschäftsführerin Tanja Traub, Köbele-Geschäftsführer Gregor Seitz und MIT-Vorsitzender Markus Schindele. Privatbild

MIT-Podiumsdiskussion in Nagold (von links): Moderator Carl Christian Hirsch, Staatssekretär Dr. Patrick Rapp, IHK-Hauptgeschäftsführerin Tanja Traub, Köbele-Geschäftsführer Gregor Seitz und MIT-Vorsitzender Markus Schindele. Privatbild

Der Mittelstand braucht als Antwort auf die Transformation in der Wirtschaft sowohl modernere, digitale Arbeitswelten als auch ein Umdenken in der Gesellschaft. Dazu gehört Mut“, sagte Gregor Seitz, Geschäftsführer bei Georg Köbele. Das Nagolder Unternehmen war Gastgeber eines Diskussionsabends der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) Calw/Freudenstadt mit Dr. Patrick Rapp, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium des Landes.

„Das Thema bewegt uns schon seit Jahren“, betonte Seitz beim Rundgang durch den Betrieb. Auch der 1921 gegründet Büroausstatter habe sich mit seinen beiden Standorten in Nagold und Rottweil-Nuifra gewandelt und sei mit seinen 72 Mitarbeitenden – darunter elf Auszubildende – als „Full Service-Dienstleister“ mittlerweile im Bereich digitales Dokumentenmanagement und IT-System-Dienstleistungen für viele Kunden aktiv.

Von einer „Zeitenwende“ sprach Rapp, betonte zugleich aber auch, dass die „fragile Situation“ schon vor der Pandemie bestanden habe, ohne richtig wahrgenommen zu werden. Jetzt sei die Zeit für neue Prioritäten, sagte der Staatssekretär. Dazu gehöre auch, politische Fehlstellungen auf europäischer Ebene zu korrigieren. „Uns fehlt die Effizienz, das geht bis ins Pflegeheim“, urteilte der Staatssekretär, der zu viel Bürokratie beklagte und die Digitalisierung der Wirtschaft schneller vorantreiben möchte, um mehr Innovationen zu ermöglichen.

„Ohne Aufbruchstimmung wird das nicht funktionieren, weshalb wir junge Menschen mit ihren Start-ups unterstützen müssen“, so der Wirtschaftspolitiker, der eine bessere Ausstattung der Berufsschulen einforderte und gesellschaftliches Umdenken in der Frage der Wertigkeit von Ausbildungsberufen. „Wir müssen uns mit Blick auf den Fachkräftemangel sogar überlegen, ob der Leistungsbegriff nicht neu definiert werden muss.“ Da sei das in Berlin auf den Weg gebrachte Bürgergeld absolut kontraproduktiv.

Bedürfnisse der Mitarbeitenden stärker in den Fokus rücken

Auch machte Rapp deutlich, wie wichtig die Öffnung für Spitzentechnologie ist. „Uns fehlen Zuversicht und Wille, etwas zu bewegen“, kritisierte Rapp, ehe er in die Podiumsdiskussion über die Transformation im Mittelstand einstieg, die vom stellvertretenden MIT-Kreisvorsitzenden Carl Christian Hirsch moderiert wurde.

„Unsere Arbeitswelten werden in fünf Jahren wieder völlig anders aussehen“, wagte Seitz einen Blick in die Zukunft, in der die Bedürfnisse der Mitarbeitenden stärker in den Fokus rückten. Obwohl sich viele Betriebe schon vor der Pandemie digital gut aufgestellt hatten, hätten die Corona-Jahre diesen Prozess beschleunigt, stellte Tanja Traub, Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer Nordschwarzwald, fest.

Das betreffe vor allem den Bildungsbereich, wenngleich „wir bei den Inhalten noch nachlegen müssen.“ Sie sehe den Datenschutz als größten Bremsklotz der Innovation, „was so nicht bleiben darf.“ Rapp pflichtete ihr bei: „Wir haben das völlig überzogen.“

MIT-Vorsitzender Markus Schindle riet zur „transparenten Verschlankung der Prozesse“. Arbeitswelten sollten im Schulterschluss mit den Mitarbeitern hinterfragt werden. Dabei müsse deutlich werden, dass Automatisierung nicht den Verlust von Arbeitsplätzen bedeute, sondern jede Fachkraft gebraucht werde.

Für Gregor Seitz ist es wichtig, ein Feingefühl dafür zu entwickeln, die Stärken der jungen Leute nach der Ausbildungsphase zu fördern. Dass viele Jugendliche gar nicht ausbildungsfähig seien, wurde von anwesenden Unternehmern bedauert, die eine gesellschaftliche Verpflichtung darin sahen, den Wert der Ausbildungsberufe besser zu vermitteln. „Das geht jedoch nicht nur die Politik etwas an“, warf Tanja Traub ein, „da müssen wir die Eltern ins Boot holen und mit den Jugendlichen auf Augenhöhe reden, um Bewusstsein zu verändern.“

Bei der Werbung um beruflichen Nachwuchs seien freilich auch die Mittelständler selbst gefragt, legten Hirsch und Schindele den MIT-Mitgliedern ans Herz. Letzterer betonte: „Wir müssen die Begeisterung wieder wecken.“

Die Vereinigung

Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) ist eine Vereinigung der Unionsparteien. Sie setzt sich nach eigenen Angaben für die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft nach dem Vorbild Ludwig Erhards ein. Sie ist zugleich die innerparteiliche Interessenvertretung der Unternehmer, Selbständigen und Freiberufler. Sie gehört traditionell zu den einflussreichen Vereinigungen der Union. Bundesvorsitzende ist seit Dezember 2021 die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann. Quelle: Wikipedia

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Erstellt:
15.03.2023, 10:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 56sec
zuletzt aktualisiert: 15.03.2023, 10:00 Uhr

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