Guardiola geht konzentriert und voller Demut in seine letzte Bayern-Phase

Wochen der Wahrheit

Mit dem Heimspiel im Viertelfinale der Champions League gegen Benfica Lissabon starten die Münchner heute in den finalen Abschnitt der Saison. Triple, Double, Schale oder leere Hände - alles scheint möglich.

05.04.2016

Von ARMIN GRASMUCK

Gelingt ihm der triumphale Abschied - oder wird Pep Guardiola als der große Unvollendete in die Analen des FC Bayern eingehen? Foto: dpa

Gelingt ihm der triumphale Abschied - oder wird Pep Guardiola als der große Unvollendete in die Analen des FC Bayern eingehen? Foto: dpa

München. Die Super-super-super-Zeiten sind beim FC Bayern erst einmal vorbei. Pep Guardiola, der in den vergangenen Monaten und Jahren selbst die kritischsten Fragen konsequent mit gespielter Leichtigkeit und dem leidenschaftlich dargebotenen Hang zum mehrfach überhöhten Superlativ weglächelte, gibt sich plötzlich zurückhaltend, ruhig und betont ernsthaft.

Super-super-super, so bezeichnete der Trainer der Münchner mit glänzenden Augen seinen Mittelfeldspieler Mario Götze, den er wochenlang auf der Ersatzbank schmoren ließ. Super-super-super fand er das Stadion in Darmstadt, das die vielen Kenner der Szene als abbruchreif beurteilen. Thomas Tuchel, der Trainer des schärfsten Konkurrenten. Roger Schmidt, der sich in Leverkusen plagt. Frankfurt, Köln, Piräus. Alle super-super-super. Guardiola blieb auch locker und lustig, als ihm zuletzt nachgesagt wurde, er sei in Gedanken mehr bei seinem neuen Klub Manchester City als bei den Bayern, die er Ende Juni verlassen wird.

Geht es um Benfica Lissabon, wird der Katalane ernst, fast bedrohlich. "Ich habe großen Respekt vor Benfica und der Historie des Vereins", sagt Guardiola. Das Hinspiel im Viertelfinale der Champions League heute in der Allianz Arena (20.45 Uhr, Sky) stellt für ihn eine Partie von entscheidendem Charakter dar. Ein brauchbares Ergebnis, dann ist der Einzug in das Halbfinale der kontinentalen Königsklasse so gut wie perfekt - und das Minimalziel der höchst ambitionierten Münchner erreicht. Guardiola erklärt sehr leise und mit einem Hauch von Demut, auf was es gegen den Tabellenführer der portugiesischen Liga ankommt: "Sie haben eine super Organisation. Die Viererkette arbeitet, wie ich es lange nicht gesehen habe. Wir müssen das Spiel kontrollieren, natürlich auch Tore schießen - und so wenig wie möglich kassieren."

In der Bundesliga liegen die Münchner mit fünf Punkten Vorsprung auf Borussia Dortmund sechs Spieltage vor Saisonschluss klar und schwer einholbar vorn. Im Halbfinale des DFB-Pokals, das ihnen ein Heimspiel gegen Werder Bremen beschert, sind sie klarer Favorit. Entscheidend, keiner weiß es besser als Guardiola, bleibt jedoch die Champions League. Für den Triumph in der europäischen Eliteliga ist der Star-Trainer vor drei Jahren von den Bayern, damals glänzender Titelträger, verpflichtet worden. Fußballerisch hat er die Münchner Profis zumindest phasenweise auf eine neue, mitunter brillante Ebene geführt. In den nächsten Wochen wird sich entscheiden, ob Guardiola auch als strahlender Sieger oder als schnöde Randnotiz in die Geschichtsbücher des deutschen Rekordmeisters eingeht. "Ich weiß, was passiert, wenn wir nicht gewinnen, ich akzeptiere diesen Druck", so sinnierte der Trainer bereits vor dem Achtelfinale gegen Juventus Turin, in dem sich die Bayern erst über einen dramatischen Endspurt im Rückspiel hauchdünn durchsetzen konnten. Den Druck, den er vor den Partien gegen Benfica spürt, versucht der Routinier so gut wie möglich zu verdrängen.

Vor der Defensive der Portugiesen hegt er höchsten Respekt. "Da bekommt man nicht viel Platz, um Chancen herauszuspielen", sagt Guardiola. "Sie sind sehr gut organisiert und lassen wenig zu." Umso wichtiger scheint sein Gespür für den richtigen Mix in der Offensive zu sein. Die Top-Torjäger Thomas Müller und Robert Lewandowski sind gesetzt. Arjen Robben ist verletzt. Aber dann: Franck Ribéry oder Douglas Costa? Kingsley Coman oder Götze? Wer macht Benfica mürbe? Und wer hat den Kick, als spät eingewechselter Joker zu stechen? Super-super-super findet Guardiola, zumindest im offiziellen Sprachgebrauch, keinen mehr - was den Ernst der Lage belegt.

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Erstellt:
05.04.2016, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 44sec
zuletzt aktualisiert: 05.04.2016, 06:00 Uhr

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