Basketball

Wut und Enttäuschung

Die Insolvenz von Phoenix Hagen hat die Bundesliga hart getroffen. Viele Konkurrenten wie die Tigers Tübingen fühlen sich betrogen.

06.12.2016

Von SEBASTIAN SCHMID

Feuervogel „Felix“, das Maskottchen von Phoenix Hagen, hat dem Basketball-Bundesligisten am Ende auch kein Glück mehr gebracht. Die Einstellung des Spielbetriebs war nicht zu verhindern.  Foto: Imago

Feuervogel „Felix“, das Maskottchen von Phoenix Hagen, hat dem Basketball-Bundesligisten am Ende auch kein Glück mehr gebracht. Die Einstellung des Spielbetriebs war nicht zu verhindern. Foto: Imago

Hagen. Dass die Fans und Spieler in Hagen enttäuscht und wütend sind, ist nachvollziehbar. Dass beim Basketball-Bundesligist über einen längeren Zeitraum so misswirtschaftlich gearbeitet wurde, dass Phoenix vergangene Woche den Spielbetrieb einstellen musste, hat aber auch die Liga hart getroffen. Bis 2020 will sie die stärkste in Europa sein. Da passt es nicht ins Bild, dass in unschöner Regelmäßigkeit Vereine pleitegehen oder zurückziehen.

Hagen steht mit seinem Schicksal nicht alleine da. Im Mai 2015 meldete die TBB Trier Insolvenz an und stieg ab. Ebenfalls im Mai 2015 kündigten die Artland Dragons an, sich aus der ersten Liga zurückzuziehen, da der Hauptsponsor und Eigentümer keine Lust mehr hatte. In der Saison 2013/14 waren es die Baskets Würzburg, die nach finanziellen Problemen in die Pro A abstiegen. Inzwischen sind die Franken wieder erstklassig, ebenso wie die Gießen 46ers, die im Dezember 2012 insolvent abstiegen.

Bitter für die Absteiger

Dass Hagen bereits in der abgelaufenen Saison finanzielle Probleme hatte und deshalb sechs Punkte abgezogen bekam, macht den Fall noch prekärer. Die Liga muss sich die Frage gefallen lassen, wie sie dem Klub die Lizenz erteilen konnte, der offensichtlich mit einem Kader die Klasse gehalten hat, den er sich nicht leisten konnte. Die Absteiger Mitteldeutscher BC und Crailsheim Merlins sind entsprechend sauer. „Hagen hat über seine Verhältnisse gelebt und sportliche Erfolge geholt, die es sich finanziell nicht leisten konnte“, sagte MBC-Geschäftsführer Martin Geissler der Mitteldeutschen Zeitung. „Es ist bitter zu sehen, dass ehrlich wirtschaftende Klubs am Ende aufgrund ihres Geschäftsgebarens Nachteile erleiden mussten.“

Ähnlich wird die Situation bei den Walter Tigers Tübingen gesehen. Die Schwaben steckten in der abgelaufenen Saison bis zuletzt im Kampf um den Klassenerhalt, konnten sich aber gerade noch retten. „Wir haben in den letzten drei Jahren gegen den Abstieg kämpfen müssen. Das war in Hagen nicht so – und jetzt weiß man auch wieso“, sagte Robert Wintermantel, Geschäftsführer der Walter Tigers und Vizepräsident der Basketball-Bundesliga.

Als der 45-Jährige 2008 sein Amt in Tübingen antrat, war der Verein überschuldet. Wintermantel begann die Altlasten abzutragen: „Wir mussten oft zu Spielern Nein sagen. Wir haben das in den letzten Jahren aber konsequent durchgezogen und extrem auf die Kosten geschaut. Das ist nicht so einfach.“ Vor dieser Saison wurde dem Klub zum ersten Mal seit 2007 die Erstliga-Lizenz ohne Auflagen erteilt. Darauf ist Wintermantel genauso stolz wie auf die Tatsache, dass sich die Tübinger seit 13 Jahren in der höchsten Spielklasse halten. „So lange wie kein anderer kleiner Klub“, betont der ehemalige Basketball-Profi, der seit seinem Amtsantritt dafür gesorgt hat, dass sich der Etat verdoppelt hat. Trotzdem gehören die Tigers zu den Kleinen der Liga, zwischen denen und den Topklubs die finanzielle Kluft immer weiter aufklafft.

Was den Ärger der Konkurrenz auf Hagen zudem anfacht, ist der Zeitpunkt der Insolvenz. Dass nach nur fünf Spieltagen der Antrag gestellt wurde, irritierte auch Stefan Holz, den Geschäftsführer der Liga. „Die Zahlen sind quasi über Nacht schlechter geworden.“ Was Anfang November deutlich wurde, war, dass die Zahlen, die im Sommer der Liga vorgelegt wurden, aus der Luft gegriffen waren. Doch wie kann es sein, dass sich die Liga so an der Nase herumführen lässt? Ein Problem ist, dass dem Kontrollgremium rechtlich die Hände gebunden sind. Es muss sich auf die Zahlen verlassen, die der Verein vorlegt. Diese werden dann auf Plausibilität geprüft. Dass es möglich ist, dieses System einfach zu täuschen, beweist die aktuelle Situation. Der Fall „Hagen“ wird die Liga noch länger beschäftigen. Jede Insolvenz ist nicht nur ein Imageschaden, sondern schürt auch das Misstrauen unter den Vereinen. Die Frage: Welcher Klub wirtschaftet seriös?

Die für die Pleite in Hagen Verantwortlichen haben mit ihrem Handeln nicht nur dem Traditionsstandort geschadet, sondern der gesamten Liga. Kein Wunder, dass die Wut und Enttäuschung allerorts groß sind.