Wohnungsbau

Zank ums Konzept

Die Kasernenbebauung führte im Horber Gemeinderat zu Diskussionen um die Verträglichkeit von billigem und exklusivem Wohnraum.

24.11.2016

Von Dagmar Stepper

Noch ist auf dem Kasernengelände auf dem Hohenberg der Garnisonsplatz und der ehemalige Sportplatz unbebaut. Doch hier sollen Häuser für 400 Bewohner entstehen. Welches Konzept dabei verfolgt wird, darüber scheiden sich die Geister im Gemeinderat.Luftbild: Kuball

Noch ist auf dem Kasernengelände auf dem Hohenberg der Garnisonsplatz und der ehemalige Sportplatz unbebaut. Doch hier sollen Häuser für 400 Bewohner entstehen. Welches Konzept dabei verfolgt wird, darüber scheiden sich die Geister im Gemeinderat.Luftbild: Kuball

Mit der Bebauung der Hohenbergkaserne wird Horb um rund 400 Einwohner reicher. Wer dort allerdings künftig wohnen wird, darum ging es am Dienstag auch bei der Vorstellung des städtebaulichen Konzepts der Kaserne im Gemeinderat. Zwar steckt das Ganze noch in der ersten Planungsphase, doch es entfachte sich eine Diskussion um bezahlbaren Wohnraum contra hochwertiges Wohnen.

Auslöser der Debatte war FD/FW-Stadtrat Michael Theurer, der eine simple Frage stellte: Zu seinen Zeiten als Oberbürgermeister (1999 bis 2009) seien Einfamilienhaus-Grundstücke sehr gefragt gewesen, allerdings habe es so gut wie kein Angebot gegeben. „Ist das heute auch noch so?“, wollte er wissen. Wenn ja, solle auf dem Kasernengelände auch exklusiver Wohnungsbau ermöglicht werden.

„Ich spreche das jetzt offen an, auch wenn mir die Sozialkeule droht“, sagte Theurer, „aber wo siedeln sich die Geschäftsführer unserer großen Firmen sonst an?“ Wohl nicht in Horb, so Theurer, sondern in umliegenden Gemeinden. Was er bedauert. „Es ist wichtig für eine Stadt, dass Entscheider vor Ort wohnen“, betonte er. Sie würden sich im kulturellen Bereich, bei den Vereinen und Kirchen engagieren.

Das rief den SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Mattes auf den Plan: „Herr Theurer spricht von Firmenbesitzern. Das ist ein typisch liberaler Vorschlag“, sagte er. Geschäftsführer würden sicherlich ein passendes Grundstück finden. „Die Stadt sollte daher lieber nach dem sozialen Wohnungsbau schauen“, meinte Mattes. Theurer wies die Vorwürfe scharf zurück: „Das war kein politischer Beitrag“, sagte er. Und er betonte: „Wir sind für bezahlbaren Wohnraum.“

Oberbürgermeister Peter Rosenberger gab Theurer in einer Sache Recht: „Geschäftsführer finden derzeit keine entsprechenden Bauplätze in Horb.“ Daher habe man beim Kasernen-Areal auch darauf geachtet, dass in der exklusiven Hanglage theoretisch auch zwei Grundstücke zusammengelegt werden könnten. Das Kasernengelände solle aber ein Mix aus betreutem und experimentellen Wohnen werden.

Keine Sozialwohnungen

Doch wie schlimm ist die Lage bei bezahlbarem Wohnraum in Horb? Im sozialen Wohnungsbereich kann die Stadt nichts vorweisen, das war vor 15 Jahren noch anders. Auch die Internetseite der Baugesellschaft Horb, bei der die Stadt beteiligt ist und OB Rosenberger Aufsichtsratsvorsitzender ist, weist genau eine Wohnung auf. Bei „Immobilienscout“ sieht die Sache nicht viel aus. Rosenberger sieht das Ganze dennoch eher gelassen: „Die Mieten in Horb sind deutlich unter dem Landesdurchschnitt“, sagte er gestern auf Anfrage. In Horb liegen die Quadratmeterpreise bei den Mieten zwischen 4,50 und 9 Euro – macht einen Schnitt von 6 Euro. „Daher haben wir in den letzten Jahren Probleme gehabt, Investoren zu finden. Selbst beim normalen Wohnungsbau sind die Mieten oft zu niedrig, so dass sich das Bauen für Investoren nicht lohnt“, betont er. Momentan sei es so, dass die Menschen in die Ballungsräume ziehen. In großen Städten müssen teilweise Quadratmeterpreise von 12 bis 13 Euro bezahlt werden. „So ist es bei uns schwierig, bei 6 Euro Landeszuschüsse für den sozialen Wohnungsbau zu bekommen“, sagt Rosenberger.

Kaum Investoren

Daher ist das Kasernen-Projekt so wichtig. Denn hier könne bezahlbarer Wohnungen entstehen, die von den exklusiven Grundstücken subventioniert werden. Der Einwand Theurers, auch Geschäftsführern Wohnen in Horb zu ermöglichen, hält Rosenberger für richtig: „Städte mit Mäzenen geht es im kulturellen Bereich besser“, ist Rosenberger überzeugt. Daher sei auch ein Krankenhaus wichtig: „Ein Chefarzt hat andere Ansprüche. Das muss man ehrlich diskutieren.“

Das heißt aber nicht, dass man für bezahlbaren Wohnraum nichts tue. Kommende Woche setzten sich Stadt, Baugesellschaft, Mieterbund und Haus & Grund zusammen, um sich dem Thema anzunehmen. „Man muss aber auch erst mal ‚bezahlbar‘ definieren“, meint Rosenberger. Und er erinnert daran, dass es in Horb 500 bis 600 leere Wohnungen gibt, die aber dem Markt gar nicht zur Verfügung stehen. Laut Rosenberger haben es manche nicht nötig, zu verdienen. Andere scheuen eine Sanierung. Und wieder andere lassen ihre Wohnungen bei den geringen Mietpreisen lieber leer stehen.

Experimentelle Wohnbebauung

Was im Bereich „Mitte“ der Hohenberg-Kaserne entsteht, wird von den Bürgern mitbestimmt. Bei ersten Treffen wurde klar der Fokus auf das Wohnen gelegt. Neben dem betreutem Wohnen soll auch experimentelles Wohnen hier entstehen. Was das genau heißt, ist noch offen: In 130 bis 140 Wohneinheiten sollen 280 bis 310 Menschen leben. Vorstellbar sind größere Wohneinheiten, Passivhäuser. Häuser in Leichtbauweise oder eben auch exclusive Wohnungen.

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Erstellt:
24.11.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 12sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2016, 01:00 Uhr

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