Kreis Freudenstadt · Ausflugstipp

Zu Flößern, Holzfällern und Salbenmachern

Die Holzmacher-Tour führt über Stationen des Erlebnispfads „Wilder Wald im Wandel“ zum Huzenbacher Seeblick. Legendenhaft wird’s beim Priorsitz.

14.08.2020

Von Dunja Bernhard

Der Blick geht vom Genussplatz Hoher Zinken ins Tal. Bild: Dunja Bernhard

Der Blick geht vom Genussplatz Hoher Zinken ins Tal. Bild: Dunja Bernhard

Vorige Woche stellten wir den familienfreundlichen Holzweg vor. Das Thema Holz begleitet uns auch dieses Mal. Allerdings auf einer rund 18 Kilometer langen Tour mit einem knackigen Anstieg. Da die Strecke größtenteils durch den Wald führt, ist sie auch bei sommerlichen Temperaturen gut zu bewältigen. Brunnen gibt es allerdings nur zu Beginn der Tour. Deshalb sollten Wanderer genügend Wasser dabei haben.

Start und Ziel ist am Haus des Gastes in Tonbach. Dort zeigt eine Wandertafel den Streckenverlauf. Der Weg steigt zunächst auf einem Asphaltsträßle, das an der Rückseite der „Traube Tonbach“ vorbeiführt, leicht an. Beim „Plauderstüble“ geht es auf einer Forststraße durch den Wald. Nach wenigen hundert Metern zweigt ein Pfad links ab in einen Fichtenwald mit Heidekraut und Heidelbeersträuchern. Es geht hinab zum rauschenden Tonbach.

Auf Murgleiter und Seensteig

In der Talsohle treffen wir nicht nur auf die Wanderwege „Murgleiter“ und „Seensteig“, sondern auch auf den Erlebnispfad „Wilder Wald im Wandel“. Die „Tonbacher Rentner-Hütte“ ist die erste von mehreren Hütten am Weg. Sie zeigt an, dass wir uns hier auf 620 Metern befinden. Der höchste Punkt wird bei 875Metern liegen. Doch zunächst geht es am Tonbach entlang. Er war, heute kaum noch vorstellbar, eine Floßstraße. Köhler aus dem hinteren Tonbachtal versorgten ab dem 17.Jahrhundert die Eisenwerke in Friedrichstal und Christophstal mit Kohle. Ein Ochsenkarren, wie er für den Transport verwendet wurde, ist noch heute neben einer Furt zu besichtigen.

Durch den Nationalpark

Am Rand der Wiesen, über die es nun geht, haben Landwirte Altgrasstreifen stehen gelassen. Sie dienen Wildbienen als Nektar- und Pollenquelle, Insekten und Vögeln bieten sie Schutz für ihren Nachwuchs. An der Wiesenhütte beginnt der Nationalpark. Zu dieser Hütte brachten Frauen in früheren Jahrhunderten die „Morgensupp“. Denn die Mähder begannen schon um 4 Uhr mit dem Sensen. Das Schütteln und Wenden des Grases war Sache der Frauen und Kinder. Die Wiesen um die Hütte wurden mit vom Bach abgezweigten, nährstoffreichen Wasser mithilfe eines ausgeklügelten Systems gewässert. Das brachte bis zu drei Schnitte pro Jahr.

Priorstein. Bild: Dunja Bernhard

Priorstein. Bild: Dunja Bernhard

Ein Stück bachaufwärts sind Reste einer Sperrvorrichtung erhalten. Dem Bewässern des Bauern stand das Interesse der Flößer entgegen, Holzstämme bei möglichst hohem Wasserstand talabwärts zu befördern. Hölzerne Liegen bei der früheren Wasserstube laden ein, innezuhalten und dem rauschenden Bach zu lauschen. Sogenannte Kulturfrauen kümmerten sich nach dem Zweiten Weltkrieg um Aussaat, Zucht und Anpflanzung von Jungbäumen. Der Kriegsbetrieb hatte riesige Kahlhiebe hinterlassen. Etliche Männer waren gefallen. Der Forst bot den Frauen begehrte Arbeitsplätze. An die Kulturfrauen erinnerte die Rückseite der 50-Pfennig-Münze. Im Tonbachtal macht ein Pflanzgarten auf sie aufmerksam.

Über eine Brücke geht es auf die andere Seite des Tonbachs. Dort steht ein Salbeofen. Holz ist nicht nur Brennmaterial, Bau- und Werkstoff, sondern liefert bei der Verarbeitung zu Holzkohle wertvolle Nebenprodukte für pharmazeutische Produkte, Lederherstellung, Karrensalben und Dichtungsmittel. Zumindest etwas davon wusste Johannes Wein, der mit seiner Familie Mitte des 18. Jahrhunderts im hinteren Tonbachtal lebte. Noch heute steht dort ein Salbeofen.

Furt durch den Tonbach. Bild: Dunja Bernhard

Furt durch den Tonbach. Bild: Dunja Bernhard

Hier beginnt auf einem Wurzelweg der knackige Anstieg durch moosbedeckten Waldboden vorbei an der Stirleshütte zur Überzwercher Hütte. Mit Bänken und Tischen lädt sie zur Rast ein. Wer nur zu zweit oder dritt unterwegs ist, sollte noch den nächsten kleinen Anstieg auf dem Forstweg nehmen. Oben steht eine Bank mit Steintisch im Schatten eines Baumes.

Hochmoor mit Birken

Links davon zweigt der naturbelassene Weg ins Hochmoorgebiet Kleemisse ab. Birken, für den Schwarzwald eher untypisch, säumen den Pfad. Auf einer Kahlfläche ist gut zu sehen, welche Pflanzen sich als Pioniere baumloses Areal zurückerobern.

Ein Muss ist der Abstecher zum Huzenbacher Seeblick. Auf dem Karsee, einem Überbleibsel der Eiszeit, schwimmen Moose und kleine Bäume. Sie lösten sich vom festen Untergrund, als der See für die Flößerei aufgestaut wurde.

Auf dem weiteren Verlauf der Holzmacher-Tour entlang des Bergkamms gilt es einige umgefallene und liegengelassene Baumstämme zu überklettern. Der Pfad ist weiterhin naturbelassen und verspricht schönste Wanderei vorbei an markanten Grenzsteinen mit Hirschgeweih. Wenn der asphaltierte Waldweg beginnt, ist es nicht mehr weit bis zum Genussplatz „Oberer Zinken“ mit Liegebank und herrlicher Aussicht ins Tonbachtal, nach Baiersbronn und auf bewaldete Schwarzwaldhöhen. Ein Schattenplätzchen lässt sich allerdings nur auf den umliegenden Steinen finden.

In diesem Salbeofen wurde aus minderwertigem Holz Kohle hergestellt. Eine trichterförmige Bodenöffnung sammelte Stoffe, die bei der trockenen Destillation zusätzlich entstehen und zu Ölen, Gleitmitteln und Salben weiterverarbeitet wurden. Bild: Dunja Bernhard

In diesem Salbeofen wurde aus minderwertigem Holz Kohle hergestellt. Eine trichterförmige Bodenöffnung sammelte Stoffe, die bei der trockenen Destillation zusätzlich entstehen und zu Ölen, Gleitmitteln und Salben weiterverarbeitet wurden. Bild: Dunja Bernhard

Der Abstieg ins Tonbachtal beginnt nach dem Höllkopf, vom Forstweg geht ein Pfad leicht rechts ab. Obacht beim Abstieg! Mittendrin weisen die Symbole von Holzmacher-Tour (Tannenzapfen) und Tonbachsteig auf einen Pfad, der im rechten Winkel nach links abbiegt. Dort befindet sich ein weiterer Salbeofen, der einen guten Einblick ins Innere freigibt. Beim Salbebrennen, das sieben Tage dauerte, verarbeiteten fünf Leute rund zehn bis zwölf Raummeter Holz. Bis zu 36 Destillationen wurden im Jahr durchgeführt. Nach einem großen Waldbrand im Jahr 1800 wurde das Salbebrennen verboten.

Der Sitz eines Klostervorstehers

Ein letzter kleiner Anstieg für uns zum Priorstein. Die zahlreichen Sitzmöglichkeiten weisen auf die Beliebtheit des Ausflugziels hin. Attraktion ist ein Bundsandsteinbrocken, in dem sich eine (Sitz-)mulde gebildet hat. In der Aushöhlung soll einst der Prior des Klosters Reichenbach gesessen haben, um die Landschenkungen ans Kloster einzusehen. Was das mit dem Petermännle-Stein auf dem Gegenhang zu tun, ist auf einer Informationstafel zu lesen.

Huzenbacher Seeblick. Bild: Dunja Bernhard

Huzenbacher Seeblick. Bild: Dunja Bernhard

Wenige hundert Meter weiter erzählt ein Grenzstein Geschichte. Dort dürfte vor über 1100 Jahren eine heftigst umstrittene Grenze verlaufen sein – zwischen Baiersbronn und Reichenbach, zwischen Württemberg und Baden. Damals war es üblich, Landmarken oder Felsen als Grenzzeichen zu sehen, so auch den Priorstein. Ab dem 15.Jahrhundert ersetzten Grenzsteine die natürlichen Merkmale. Der beim Priorstein markierte einst eine Landesgrenze. Seit 1975 ist er nur noch eine Flurgrenzmarkierung und damit deutlich herabgestuft.

Der Wanderer auf der Holzmacher-Tour hat nun nur noch den sanften Abstieg über Forstwege und Waldpfade nach Tonbach vor sich. Nachdem die ersten Häuser erreicht sind, führt der Weg nochmals rechts in den Wald bis es links hinunter zum Haus des Gastes geht.

Sechs Stunden einplanen

Die Holzmacher-Tour beginnt und endet am Haus des Gastes in Baiersbronn-Tonbach. Weitere Parkplätze gibt es ein Stück taleinwärts. Die rund 18 Kilometer lange Strecke ist mit einem Tannenzapfen markiert. Wer sich den ersten Anstieg auf einem Asphaltsträßle sparen will, kann auf dem Waldparkplatz beim Plauderstüble sein Fahrzeug abstellen. Beim Rückweg dann nach dem zweiten Salbeofen den Wegweisern des Tonbachsteigs folgen. Die Tour ist so rund drei Kilometer kürzer. Für die Holzmacher-Tour sollten sechs Stunden eingeplant werden. Infotafeln am Wegesrand verlocken stehenzubleiben. Abkürzen ist immer wieder möglich und ausgeschildert.

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Erstellt:
14.08.2020, 13:30 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 23sec
zuletzt aktualisiert: 14.08.2020, 13:30 Uhr

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