Zwei schwierige Jungs

Lotfi (Nidhal Saadi) ist ein bulliger Typ, der schnell explodiert und alles mit 200 Prozent Einsatz anpackt. Als der Mittvierziger wegen eines familiären Notfalls zurück nach Tunesien muss, ermahnt ihn seine schwangere französische Freundin Sophie (Anne Paris), sich bloß nicht in eine Schlägerei verwickeln zu lassen.

Doch bei dem Problem, das Lotfi erwartet, kommt er mit seinem üblichen, durchaus warmherzigen Überrumpelungsgehabe nicht weiter. Er soll sich um seinen autistischen Sohn Youssef (Idryss Kharroubi) kümmern, weil dessen Mutter (Lotfis Exfrau) nach einem Schlaganfall auf der Intensivstation liegt.

Der Vater ist ein Fremder für das Kind, das ihn seit sieben Jahren nicht gesehen hat, und der Neunjährige verweigert den Kontakt zu dem Eindringling mit der überschäumenden Art. So erlebt Lotfi zum ersten Mal, dass er gegenüber einem anderen Menschen komplett aufläuft.

Der tunesische Regisseur Néjib Belkadhi ließ sich von Fotos des US-amerikanischen Fotografen Timothy Archibald von dessen autistischem Sohn inspirieren. Er recherchierte, dass Väter sich bei schwierigen Kindern häufig entziehen, und die Mütter mit der Sorgearbeit alleinbleiben.

Im Film gelingt es dem Macher Lotfi schließlich, punktuell eine Art Kontakt zu seinem Sohn aufzubauen. Doch wie er Youssef aus sämtlichen gewohnten Zusammenhängen herausreißt, weil er glaubt, es sei das Beste für den Jungen, wirkt auch reichlich selbstherrlich, vor allem in den Augen von Tante Khadija (Sawsen Maalej), der zugewandten Kümmererin im Leben des Kindes.

Beim Internationalen Filmfestival Marrakesch wurde Nidhal Saadi in der Rolle des Vaters als bester Schauspieler ausgezeichnet. Doch es bleibt ambivalent, welchen Ausweg Lotfi am Ende wählt. In manchen Szenen kann man sich fragen, ob darin die Verhaltensauffälligkeiten des Jungen nicht zu sehr zur Schau gestellt werden. Doch der Regisseur hat es gewagt, ein (tunesisches) Tabuthema aufzugreifen (Heute, 20 Uhr, Kupferbau, Hörsaal 24. Englische Untertitel).