Horb · Kriminalität

„Zweitsicherstes Präsidium im Land“

Die Täter sind vor allem männlich: Das Polizeipräsidium Pforzheim stellte jüngst die Kriminalstatistik für das Jahr 2022 vor. Der Kreis Freudenstadt liegt auf Platz 9 im Land. Die Straßenkriminalität steigt.

24.03.2023

Von NC

Laut Pforzheimer Präsidium bleibt die Gewalt gegenüber Polizeibeamten weiterhin ein Problem. Archivbild: Ulmer

Laut Pforzheimer Präsidium bleibt die Gewalt gegenüber Polizeibeamten weiterhin ein Problem. Archivbild: Ulmer

Die Zahl der registrierten Straftaten im Bereich des Polizeipräsidiums Pforzheim, zuständig für die Kreise Calw, Freudenstadt, Pforzheim Stadt und dem Enzkreis – ist nach Ende der Corona-Maßnahmen zwar im Vergleich zum Vorjahr gestiegen (2021: 21290, 2022: 22616), bleibt aber unter dem Fünf-Jahres-Durchschnittswert (22753). Das geht aus einer Mitteilung der Polizeibehörde zur aktuell polizeilichen Kriminalitätsstatistik hervor.

Demnach sei auch die sogenannte Häufigkeitszahl (Straftaten pro 100000 Einwohner) mit 3734 leicht gestiegen, liegt aber weiterhin deutlich unter der landesweiten Häufigkeitszahl von 4944. „Damit erweist sich das Polizeipräsidium Pforzheim, hinter dem Polizeipräsidium Heilbronn, als zweisicherstes Polizeipräsidium im Land“, teilen die Beamtinnen und Beamten mit.

Im Vorjahr nahm das Polizeipräsidium Pforzheim landesweit den Platz 4 ein. Bei den kreisfreien Großstädten ist die Stadt Pforzheim (Häufigkeitszahl 6674) zum zweiten Mal in Folge auf Platz 2. Bei den 35 Landkreisen rangieren der Enzkreis auf Platz 2 (2732), der Landkreis Calw steht an fünfter Stelle (3034) und der Landkreis Freudenstadt (3266) ist mit Rang 9 noch deutlich im vorderen Drittel.

„Es freut mich sehr, dass wir als Präsidium sowie über den Stadtkreis Pforzheim und die drei Landkreise im Präsidiumsbereich hinweg im Bereich der Kriminalitätsbelastung ein jeweils einstelliges Ergebnis im Ranking erreicht haben. Das ist für uns Ansporn, unsere Sicherheitsstrategie weiter konsequent zu verfolgen“, resümierte Polizeivizepräsidentin Sandra Zarges. Zarges weiter: „Die Aufklärungsquote hat mit 62,6 Prozent (2021: 65,9 Prozent) leicht abgenommen, befindet sich aber weiterhin auf einem hohen Niveau.

Mehr als 75 Prozent männlich

Etwas mehr als drei Viertel der Tatverdächtigen sind männlich, knapp ein Viertel weiblich. Der Anteil der deutschen Tatverdächtigen liegt bei knapp 62 Prozent, bei Nichtdeutschen beträgt er rund 38 Prozent. Dies stellt den zweithöchsten Stand nichtdeutscher Tatverdächtiger im Zehnjahresvergleich dar.

Die Straftaten gegen das Leben liegen mit 28 Fällen deutlich über dem Vorjahresniveau (19). Die zahlenmäßige Verteilung der Taten auf die regionalen Bereiche des Polizeipräsidiums stellt sich wie folgt dar: Landkreis Calw: 5, Enzkreis: 7, Landkreis Freudenstadt: 7 und Stadtgebiet Pforzheim: 9.

Für 2022 ist eine Aufklärungsquote von über 100 Prozent verzeichnet. Der Leiter der Kriminalpolizeidirektion Uwe Carl erläuterte hierzu: „Dieser ungewöhnliche Wert resultiert daraus, dass Delikte auch aus dem Vorjahr aufgeklärt werden konnten.“

Beim Deliktsbereich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist ein leichter Rückgang der Fallzahlen ersichtlich. Waren es im Jahr 2021 noch 822 Taten, so sind es im Jahr 2022 40 Taten weniger. Trotz des diesjährigen Rückgangs liegen die Fallzahlen über den Werten von 2020 beziehungsweise den Jahren davor. „Die hohen Werte sind beispielsweise auf zahlreiche Ermittlungsverfahren wegen des Versands strafbarer Dateien innerhalb von Whatsapp-Gruppen zurückzuführen“, erläuterte Uwe Carl. Die Aufklärungsquote in diesem Deliktsbereich liegt ähnlich zu den Vorjahren bei rund 90 Prozent.

Cybercrime bleibt Problem

„Bei einer über Jahre hinweg in etwa gleich hoch bleibenden Aufklärungsquote von über 90 Prozent ist im zweiten Jahr in Folge ein Rückgang der Rauschgiftkriminalität zu verzeichnen“, stellte Uwe Carl fest.

Im Bereich Cybercrime ist eine Vergleichbarkeit zu den Jahren vor 2021 aufgrund geänderter Erfassungskriterien nur schwer möglich. „Zum Vorjahr sind zwar etwas weniger Fälle zur Anzeige gelangt, die Schadenssumme hat sich allerdings erhöht“, sagte der Kripochef Uwe Carl. „Auch in diesem Deliktsbereich dominieren die männlichen Tatverdächtigen und fast die Hälfte war bereits polizeibekannt.“

Vermehrt E-Bikes gestohlen

„Über acht Millionen Euro Sachschaden ist bei den Diebstahlsdelikten ausgewiesen. Die Diebstähle von Fahrrädern nehmen zu und Anstiege zum Vorjahr sind auch beim Ladendiebstahl und Wohnungseinbruch festzustellen. Die Zahlen nähern sich in etwa dem Niveau der Vor-Corona-Jahre. Beim Wohnungseinbruch versuchen die Täter sich meist über Türen und Fenster Zugang zu verschaffen“, führte der leitende Polizeidirektor Andreas Bjedov aus. Er ergänzte in Bezug auf die Fahrraddiebstähle: „Oftmals werden wertvolle, unverschlossene Elektrofahrräder aus offenen Garagen, Kellerräumen oder Hausfluren entwendet.“

Angriffe auf Beamte

Das Phänomen „Angeblicher Polizeibeamter“ hat bei den Betrugsarten, trotz regelmäßiger Veröffentlichungen, auch mit Präventionstipps, leider ein Zehnjahreshoch bei den Fallzahlen erreicht und führte zu einem Vermögensschaden von mehr als einer Dreiviertelmillion Euro. „Der weitere Anstieg der Gewalt gegen Polizeibeamte“, die sich auf einem besorgniserregenden Niveau befindet, konnte gestoppt werden“, betonte Andreas Bjedov. „Mehr als die Hälfte der rund 80 Prozent männlichen Tatverdächtigen stand unter Alkoholeinfluss.“

Leitender Polizeidirektor Andreas Bjedov: „Im Bereich der Straßenkriminalität machen Sachbeschädigungen und Diebstähle rund 90 Prozent aus. Auch hier ist ähnlich wie bei Aggressions- und Gewaltdelikten eine Zunahme der Fallzahlen zu verzeichnen.“

Sowohl bei den Aggressionsdelikten im öffentlichen Raum als auch der Gewaltkriminalität sind die Fallzahlen im Vergleich zum Vorjahr erhöht. Dies könnte ein Ausfluss der zuvor geltenden
pandemiebedingten Einschränkungen sein. Der Anteil Nichtdeutscher lag bei rund 49 Prozent. Knapp zwei Drittel der Tatverdächtigen waren bereits kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten, bei etwa einem Viertel spielte alkoholische Beeinflussung eine Rolle.

Anstieg häuslicher Gewalt

Bei der „Häuslichen Gewalt“ kann ebenfalls ein Anstieg der Fälle festgestellt werden. „Dieser Anstieg der Fallzahlen ist unter anderem auf die 2021 eingerichtete Koordinierungsstelle und einer damit einhergehenden Qualitätssteigerung beziehungsweise einem schnelleren Erkennen der Fälle zurückzuführen“, erklärte der Leiter der Schutzpolizeidirektion.

Polizeivizepräsidentin Sandra Zarges sagte zum Abschluss: „Im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Pforzheim sollen die Menschen nicht nur sicher leben, sondern sich auch sicher fühlen. Deswegen legen wir ein besonderes Augenmerk auf jene Kriminalitätsphänomene, die das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung nachhaltig beeinträchtigen. „Hier setzen wir neben akribischer Ermittlungsarbeit im Rahmen der Strafverfolgung auch auf eine intensive Präventionsarbeit.“