Zwischen Sankt Martin und Dreikönig

Brauchtum Mit einem Vortragsabend des renommierten Brauchtumsforschers Prof. Dr. Werner Mezger hat das Martinsjahr in Weitingen einen Höhepunkt und würdigen Abschluss gefunden.

23.11.2016

Von Hermann Nesch

Mehr als 100 Besucher lauschten am Montagabend den Ausführungen von Prof. Dr. Werner Mezger im Weitinger Narrenheim zum Thema „Feste zwischen Sankt Martin und Dreikönig – Bräuche der Weihnachtszeit“. Bilder: Nesch

Mehr als 100 Besucher lauschten am Montagabend den Ausführungen von Prof. Dr. Werner Mezger im Weitinger Narrenheim zum Thema „Feste zwischen Sankt Martin und Dreikönig – Bräuche der Weihnachtszeit“. Bilder: Nesch

Eingeladen zu dem Vortrag hatte die Katholische Erwachsenenbildung (KEB) des Dekanats und der Kirchengemeinde Sankt Martinus. Aufgrund des erwarteten großen Andrangs wurde die Veranstaltung in weiser Voraussicht in das Narrenheim verlegt. Das war auch gut so, denn über 100 Personen folgten aufmerksam den Ausführungen des renommierten Volkskundlers.

KEB-Leiterin Iris Müller-Nowack gewährte zunächst Einblicke in die Vita Mezgers und freute sich, das Martinsjahr anlässlich des 1700. Geburtstages des Heiligen und Schutzpatrons der Weitinger Kirchengemeinde durch so eine herausragende Persönlichkeit abschließen zu können. Schließlich sei der gebürtige Rottweiler als Autor und Moderator von über 350 SWR-Fernsehsendungen der ausgewiesene Fachmann schlechthin.

Es passe nicht nur der Termin so kurz nach Martini, dem berühmten „Elften-Elften“, sondern mit dem Narrenheim sei man auch am richtigen Ort. Mit den dazu noch angebotenen Martinsbrezeln und den liebevoll angefertigten und passenden Dekorationen sei der Vortragsabend abgerundet und komplett.

Referent mit dem Schuss Humor

Werner Mezger, der auch den richtigen und wichtigen Schuss Humor mitgebracht hatte, nahm den Ball umgehend auf und stieg gleich mit dem Heiligen Martin in das Thema „Feste zwischen Sankt Martin und Dreikönig – Bräuche der Weihnachtszeit“ ein. Mancher Teilaspekt wäre allein schon einen gesonderten Vortrag wert gewesen. Darauf verwies Mezger immer wieder, denn sein Fundus mit einer fast unendlichen Vielzahl an Details und dazu passenden Bildern schien unerschöpflich. Das fing schon bei Sankt Martin an.

Zunächst aber verwies er darauf, dass Rituale und Brauchtum seit Jahrhunderten ein Spiegelbild der Kultur eines Volkes seien, das diese Bräuche hervorgebracht, sie geformt, weitergetragen und auch verändert hat. Sie gehörten zum wichtigen Bestandteil des menschlichen Lebens, die damit den Alltag und den Zeittakt im Kirchenjahr prägen, sie hätten eine Funktion in Verbindung mit der biblischen Heilsgeschichte, deren Zusammenhänge in einer säkularisierten Welt vielfach nicht mehr erkannt und der Erinnerungscharakter immer mehr nachlasse.

Doch stünden Fest und Alltag heute aber vermehrt im Kontrast zueinander, wenn selbst der Sonntag, der eigentlich immer ein kleines Osterfest sei, nicht mehr richtig wahrgenommen und gepflegt werde. Deshalb gelte es, die Feste vor dem Alltag und den Alltag vor den Festen zu retten. Schließlich müsse man beispielsweise den Eindruck gewinnen, Weihnachten beginne bereits am Tag nach Allerheiligen. Zwei Aspekte seien dabei am allerwichtigsten: Ist der Handel zufrieden und gibt es weiße Weihnachten? Auch bei anderen Festen gehe es vor allem um die Profitmaximierung.

Mezger erläuterte anschaulich und mit hochinteressanten Details die Einteilung des Kirchenjahres, die auch beim Faktor Zeit über eine reichhaltige Symbolik verfügt. So auch der Sankt Martinstag und dem „11. 11.“, an dem früher die Mägde und Knechte entlassen und dann zu Mariä Lichtmess am 2. Februar wieder eingestellt worden seien.

Mit Martini habe ursprünglich auch die Fastenzeit vor Weihnachten begonnen. So wurde am Abend zuvor nochmals ausgiebig getanzt und gefeiert, und mancherorts der Tag danach als „Kotzmorga“ bezeichnet.

Symbolik der Zahl 11

Auch die Zahl 11 habe ihre Symbolik mit der um Judas verminderten Zahl der zwölf Apostel und der Überschreitung der Zehn Gebote. Und fortführend gelte die 13 besonders, wenn sie auf einen Freitag, den Todestag Christi, falle erst recht als Unglückszahl.

Der ursprüngliche Adventskranz, ein noch recht junger und ursprünglich evangelischer Brauch, habe anfangs 24 Kerzen umfasst, sei aber auf vier reduziert worden. So könne auch den Kindern, die noch wenig Zeitgefühl und Zeiterfahrung haben, das Warten auf das Christkind veranschaulicht werden.

Bogen in die Nachbarländer

Mezger spannte den Bogen auch in Nachbarländer und ging auf die weiteren Heiligen und der damit verbundenen Bräuche dieses Zeitraums ein, vor allem auf den Heiligen Nikolaus, der sich bei den Kindern noch größerer Beliebtheit erfreue als Sankt Martin, weniger aber als „Einschüchterungspädagoge“ mit seinem Furcht einflößenden Knecht Ruprecht, sondern mehr als Schenker.

Der Termin des Weihnachtsfestes mit der Fleischwerdung Gottes sowie Jesus und Maria als neuem Adam und Eva wurde ebenso ausführlich und verständlich beleuchtet wie „die Zeit zwischen den Jahren“ mit den „zwölfheiligen Nächten“ als Mikrokosmos des Jahres. Auch brachte er mit dem „Bauernadvent“ seine neuesten wissenschaftlichen Forschungsergebnisse ein.

Nach einem über zweistündigen lehrreichen und hochinteressanten Vortragsabend schloss Werner Mezger seine Ausführungen mit der Hoffnung, dass die Zuhörer weniger „So, so“ als viel mehr „Aha“ mitnehmen könnten. Das war dann auch unzweifelhaft so.

Maritha Schmitt, die Zweite Vorsitzender des Weitinger Kirchengemeinderates, bedankte sich bei Werner Mezger für seinen herausragenden Vortrag und überreichte ihm unter anderem Martinsbrezeln als Wegzehrung und für die Familie zu Hause.

Maritha Schmitt, die Zweite Vorsitzender des Weitinger Kirchengemeinderates, bedankte sich bei Werner Mezger für seinen herausragenden Vortrag und überreichte ihm unter anderem Martinsbrezeln als Wegzehrung und für die Familie zu Hause.

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Erstellt:
23.11.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 13sec
zuletzt aktualisiert: 23.11.2016, 01:00 Uhr

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