Die Geschichte der Liebe

Die Geschichte der Liebe

In der Verfilmung des Romans von Nicole Krauss werden Liebesgeschichten aus Vergangenheit und Gegenwart miteinander verwoben.

20.04.2017

Von Dorothee Hermann

Die Geschichte der Liebe

Für den Rentner Leo (Derek Jacobi) hat das Leben zwei Schauplätze: ein Dorf außerhalb der Zeit und das New York des Sommers 2006. Der unduldsame alte Mann hält sich für den letzten Judenin New Yorks Chinatown. Wenn die Kamera in seine einfache Wohnung blendet, mit Espressokocher, Plattenspieler und Schreibmaschine, scheint die Zeit stehen geblieben.

Leo ist einer der Einwanderer von damals, von den Nazis aus Europa fortgetrieben. Von der Anlegestelle der Fähre von Staten Island erblickt er in der Ferne die Ikone von damals, die Freiheitsstatue. Ganz nah vor sich hat er in seiner Vorstellung die Gesichter der Erschöpften, die einst mit ihm vom Schiff aus genau diese Skyline vor Augen hatten.

In Rückblenden erinnert sich Leo an sein weißrussisches Dorf und an Alma (Gemma Arterton), seine große Liebe. Anders als in der Eingangssequenz sind diese Szenen in Farbe und wirken wie eine Kitsch-Kulisse. Denn leider scheitert der rumänisch-französische Regisseur Radu Mihaileanu („Das Konzert“), wenn er versucht, die Zeitstimmung unmittelbar vordem Einmarsch der Wehrmacht zu bebildern.

Doch die New Yorker Gegenwart gelingt der französisch-kanadischen Co-Produktion recht erfrischend: Die 15-jährige Alma fragt sich unter der Dauerbeobachtung der sogenannten sozialen Netzwerke verzweifelt, ob es die Liebe überhaupt gibt. Mit ihrem widersprüchlichen Verhalten macht sie sich selbst und ihren russischen Freund Alex (Misha Strumann) verrückt. Auch Almas kleinerer Bruder, der etwa zehnjährige Bird (William Ainscough) ist noch auf der Suche. Er vermisst seinen früh verstorbenen Vater besonders stark, trägt stets eine Kippa und hält sich für einen der 36 Gerechten, die es braucht, damit die Welt nicht in Scherben fällt.

Leo, der widerspenstige Alte, ist eigentlich Schriftsteller. Über sein verloren gegangenes Lebensbuch „Die Geschichte der Liebe“ knüpft sich eine Verbindung zu Teenager Alma. So sendet die Verfilmung wie der gleichnamige Bestseller von US-Autorin Nicole Krauss ein menschenfreundliches Signal: Großeltern- und Enkelgeneration können sich über Zeiten und Kontinente hinweg annähern, selbst wenn sie nicht einmal verwandt sind.

Schwach in der kitschig aufbereiteten Vergangenheit, aber sehenswert in der New Yorker Gegenwart.

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Erstellt:
20.04.2017, 13:11 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 04sec
zuletzt aktualisiert: 20.04.2017, 13:11 Uhr

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