Life, Animated

Life, Animated

Dokumentarfilm um einen jungen Autisten, der über Disney-Trickfilme de Weg zur Sprache wiederfindet.

25.03.2017

Von Klaus-Peter Eichele

Life, Animated

Bis zu seinem dritten Lebensjahr war Owen Suskind ein aufgeweckter Junge. Alte Videoaufnahmen zeigen ihn beim Tollen mit seinem Vater im Garten. Dann hörte Owen plötzlich auf zu sprechen und kapselte sich vor anderen Menschen inklusive seiner Eltern ab. Die niederschmetternde Diagnose: Autismus. Dem Jungen drohte ein Leben in Abhängigkeit auf dem geistigen Niveau eines Kindes.

20 Jahre später klingen Owens Sätze noch immer etwas holprig. Doch er vermag sich zusammenhängend auszudrücken, führt ein halbwegs selbständiges Leben und hat eine Liebesbeziehung. Den mit dem Pulitzerpreis dekorierten Erfahrungsbericht, den sein Vater Ron 2014 veröffentlicht hat, diente dem Regisseur Roger Ross Williams als Grundlage seines für den Oscar nominierten Dokumentarfilms.

Die Zauberformel, die Suskind das Tor zurück in die Welt geöffnet hat, heißt Disney. Als Owen etwa acht Jahre alt war, begannen seine Eltern zu begreifen, dass seine Vorliebe, Sätze aus den Trickfilmen des legendären Filmstudios nachzuplappern, kein sinnloser Tick ist, sondern seine Art, Gefühle und Wünsche auszudrücken. Mit diesem Hilfsmittel gelang es Eltern und Sohn, miteinander zu kommunizieren: erst auf ganz einfachem Level, bald auch über komplexere Themen. Irgendwann war Owen dann wieder in der Lage, sich auch ohne die Krücke Disney in der Welt und in der Sprache zurechtzufinden.

„Life, Animated“ dokumentiert den relativ seltenen Fall, dass ein Autist nicht nur aus der Isolation herausfindet, sondern auch in der Lage ist, über sein Leben in der Kapsel reflektiert zu sprechen. Bei einer Konferenz in Frankreich, auf der Owen am Ende eine Rede hält, erklärt er dem Fachpublikum, dass Autisten nicht krank, sondern anders seien.

Eine reine Erfolgsstory schildert der Film allerdings nicht. Noch immer gibt es Herausforderungen, die Owen vor schier unlösbare Probleme stellen. In solchen Situationen sind ihm der König der Löwen, Peter Pan & Co weiterhin Stützen, die aber auch nicht immer helfen. Zudem, berichtet sein Bruder, sei es ihm bis heute nicht gelungen, Owen für das Thema Sex zu sensibilisieren. Denn der ist ja bekanntlich bei Disney nicht existent.

Von dieser Story war selbst Disney gerührt – und spendierte Ausschnitte aus fast allen Erfolgsfilmen.

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Erstellt:
25.03.2017, 11:36 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 06sec
zuletzt aktualisiert: 25.03.2017, 11:36 Uhr

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