Kasperletheater um Horbs Zentrum

Der Griff in die Klischee-Spruch-Schublade dauert nur kurze Zeit: „Ist das Kunst, oder kann das weg?

24.05.2016

Der Griff in die Klischee-Spruch-Schublade dauert nur kurze Zeit: „Ist das Kunst, oder kann das weg?“ – dazu ein Kopfschütteln, Schrägstrich Grinsen. Die Szene findet sich derzeit mehrfach an Horber Stammtischen. Mayk Herzog erklärt Müll zu Kunst und die Stadt redet über Gurkengläser, Sperrmüll und ein paar unschöne Querelen, die vor verschiedenen Gerichten ausgetragen werden. Kasperletheater – in den Hauptrollen: das Sebastian-Lotzer-Haus und Bauunternehmer Mayk Herzog.

Der meint mit „Kasperletheater“ das Handeln der Stadt Horb und stilisiert sich zum einzigen Bauunternehmer, der in dieser Stadt etwas bewegt hat. Daneben gibt es eine Portion Herzogscher Selbstironie. Der Ausdruck eines Mannes, der sein Handeln zu Kunst deklariert, die eigene Realität zur Satire macht und mit seinem „Roten Chaos“ dem spießbürgerlichen Horber Establishment einen unbequemen Spiegel aufzeigt undsoweiter (an dieser Stelle wird bewusst auf weiteres pseudofeuilletonistisches Geschwafel verzichtet).

Bleibt die Frage, inwieweit muss Horb bei dem Theater mitspielen. Als Redakteur zuckt die Hand aus Instinkt zur Kamera, wenn im Horber Zentrum um das rote Haus auch nur ein Grashalm in eine andere Richtung wächst. Doch jede Berichterstattung heißt auch: Akzeptanz, dass die Tageszeitung zum Instrument von Mayk Herzog wird. Die Frage, was er damit anfangen will, sei dahingestellt. Trotzdem bleibt ein flaues Gefühl im Magen, wenn sich der Urheber des fragwürdigen Satire-Projektes noch für die Berichterstattung bedankt. Das Geflecht aus verschiedenen juristischen Streitereien und mutmaßlichen Ordnungswidrigkeiten zu bewerten, fällt schwer. Bleibt die Aussage: Rund läuft es selten, in dem inzwischen zehn Jahre dauernden Spiel um das Sebastian-Lotzer-Haus. Bewunderung für eine derartige „Scheiß auf das System“-Einstellung ist jedoch ebenso fehl am Platz. Der Unterhaltungswert ist schwer bestreitbar und ein gewisser Respekt vor der kreativen Energie des Bauunternehmers – sei sie auch von eher destruktiver Natur – findet sich auch in den Kommentaren seiner größten Kritiker.

Dennoch: Zeit für wenig witzige Realität. Bisher hielt sich der Mehrwert der ganzen Querelen für das Gemeinwohl – um es mit Zurückhaltung auszudrücken – in Grenzen. Die Zwistigkeiten vor Gericht verbrennen unnötig viel Geld. Das Horber Zentrum wird auch durch ausgefallene Satire-Projekte nicht schöner. Für Horb selbst ist die ganze Angelegenheit einfach nur peinlich. Fatal für eine Innenstadt, die mit jedem anbrechenden Monat, ein weiteres Geschäft zu verlieren scheint. Hier hätte die Stadtverwaltung wohl eher noch früher Druck auf den Bauunternehmer ausüben müssen, denn dieser gibt selbst zu, dass er den „Sperrmüll“ wohl zwei Wochen zu früh vor die Tür gestellt hat.

Als Zuschauer bleibt die Sache – leider – trotzdem spannend – oft auch wider Willen. Die Stammtische saugen das tägliche Futter über die Causa Herzog gierig auf. Die Zeitungen werden weiter darüber berichten, zu groß ist das Leserinteresse – doch das flaue Gefühl im Magen, eine Rolle in diesem mäßig witzigen Satirestück zu spielen, bleibt. Benjamin Breitmaier

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Erstellt:
24.05.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 29sec
zuletzt aktualisiert: 24.05.2016, 01:00 Uhr

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