Rettung für Rappen-Keller?

Die Gewölbe des früheren Hotels sollen einer Tiefgarage weichen

Was passiert mit den historischen Kellergewölben des früheren Rappen-Hotels, wenn auf dem Areal eine Neubebauung umgesetzt wird? Laut aktuellem Stand des Bebauungsplans sind die eindrucksvollen unterirdischen Gänge und Kammern dem geplanten Geschäftsbau entlang der Straßburger Straße im Weg. Sie sollen einer Tiefgarage weichen. Jedoch wurden jetzt im Gemeinderat Stimmen laut, die den Erhalt der Rappen-Keller für wünschenswert erachten.

08.02.2016

Von Siegfried Schmidt

Die Kellergewölbe des ehemaligen Hotel Rappen in Freudenstadt sind nach Meinung des Denkmalvereins ein „einzigartiges bauliches Vermächtnis Freudenstädter Hoteltradition“. Im Gemeinderat sind Wünsche laut geworden, dass das aus behauenen Sandsteinen gefügte Kulturdenkmal erhalten bleibt und in eine Neubebauung integriert wird. Archivbild: Kuball

Die Kellergewölbe des ehemaligen Hotel Rappen in Freudenstadt sind nach Meinung des Denkmalvereins ein „einzigartiges bauliches Vermächtnis Freudenstädter Hoteltradition“. Im Gemeinderat sind Wünsche laut geworden, dass das aus behauenen Sandsteinen gefügte Kulturdenkmal erhalten bleibt und in eine Neubebauung integriert wird. Archivbild: Kuball

Freudenstadt. Die aus einem „Gebirge“ an behauenen Sandsteinen gefügten Keller sind beim großen Hotelbrand im Jahr 2000 unversehrt geblieben. Auch der achtjährige Dämmerschlaf unter der Hotelruine und danach die großflächigen Abtragungsarbeiten der Gebäude-Reste des Rappen haben den Untertage-Relikten nichts anhaben können. Der Denkmalverein Freudenstadt konnte zum Tag des offenen Denkmals 2013 die historischen Rappen-Keller, gesäubert, gehsicher gemacht und faszinierend ausgeleuchtet, als Schauattraktion öffnen, und Massen an Besuchern erlebten bei Führungen diesen spannenden Ort mit Vergangenheit.

Die Denkmalschützer informierten die Öffentlichkeit schon damals, dass die pittoresken Kelleranlagen, wiewohl bautechnisch und handwerklich als wertvoller Kulturschatz einzustufen, nicht den amtlichen Status eines eingetragenen Kulturdenkmals genießen. Der Untergang des Rappen-Hotels hat auch den Verlust der Kulturdenkmaleigenschaft der Kellergeschosse zur Folge gehabt, argumentiert die Denkmalbehörde. Allerdings ist diese Sicht zumindest strittig, denn der Jugendstil-Rappenpavillon als weiteres, erhalten gebliebenes Anhängsel der Hotelanlage trägt unverändert das Schutzsiegel eines Kulturdenkmals.

Der Pavillon „als letztes bauliches Dokument der Rappen-Ära“ wird erhalten, so legt es der Bebauungsplan fest, nicht jedoch die große Kelleranlage. Diese sei bei einer Neubebauung „nicht zu integrieren“, gibt die Begründung zum B’Plan Rappenareal die Richtung vor. Dabei hat das Landesamt für Denkmalpflege noch im Oktober vergangenes Jahr seine ursprünglich vorgetragene Ansicht, die Kelleranlagen besäßen „keinen Denkmalwert“, diametral revidiert und formuliert schriftlich und klar: „Aus denkmalkundlicher Sicht handelt es sich bei dem Rappenkeller dennoch um ein Kulturdenkmal.“ Offenbar bedeutet diese Einschätzung nicht zwingend ein Erhaltungsgebot für die steinernen Katakomben.

Der Denkmalverein Freudenstadt hatte im Spätsommer 2015 eine umfangreiche Stellungnahme zum Bebauungsplanentwurf Rappenareal erstellt. Darin wurden nicht nur Bauvolumina und das Überschreiten der historischen Baulinien kritisch bewertet, vor allem wurde ganz entschieden der Erhalt der ja komplett noch vorhandenen Kellergewölbe gefordert. Aufgrund ihren baulichen Solidität, ihrer hohen bauästhetischen Reize und ihrer heimatgeschichtlichen Bedeutung. Bei der daraufhin vom Bauamt ergangenen Abwägung wird wiederum das Amt für Denkmalpflege zitiert, dass zwar in den Kellern ein Kulturdenkmal erkenne, jedoch deren „Denkmalwürdigkeit“ zurückstellt.

Unter der Überschrift „Heimatschatz Rappen-Keller“ haben die Denkmalfreunde Freudenstadt unmittelbar vor den Bebauungsplanberatungen des Gemeinderats letzte Woche noch eine Denkschrift verfasst. Darin wird nochmal „mit großem Nachdruck für einen Bestandserhalt der denkmalträchtigen unterirdischen Anlage“ plädiert. Eine Abbruch-Freigabe sei nicht nur verkehrt, sie sei auch planerisch nicht sinnvoll. Schließlich böte sich jetzt eine einmalige, nicht mehr wiederkehrende Gelegenheit, die besonderen Kellerfluchten als „Geschichtsort“ für die Nachwelt zu erhalten. Eine Bebauungslösung, die den Erhalt und die Nutzung der unterirdischen Bauten vorsieht, sei „planerisch und bautechnisch machbar“ und auch wirtschaftlich leistbar, argumentieren die ehrenamtlichen Denkmalschützer. Das geplante neue Stadtquartier werde daraus einen „ganz besonderen Attraktivitätsreiz“ beziehen.

Oberbürgermeister Julian Osswald hat in der Beratung diesen Ansatz zwar für „legitim“ erklärt, sprach jedoch kategorisch davon, dass ein Erhalt der Keller „nicht zu schaffen“ sei – nicht bei der geplanten Bebauung und auch nicht bei einer anderen Entwurfsplanung. Das Denkmalamt sei „praktikabel“ vorgegangen, als es den Kellern die Denkmalwürdigkeit absprach: „Ohne Hotel sind die Keller kein Denkmal mehr.“ Die Keller, so ließ Osswald seine Befürchtung anklingen, sollten den Bebauungsplan mitnichten verhindern. Denn wo sollten dann wohl die Tiefgaragen zum Liegen kommen?

Im Gegensatz dazu waren einzelne Stadträte schon der Meinung, dass auf den historischen Bauschatz im Untergrund Rücksicht genommen werden kann und auch sollte. Friedrich Volpp sprach von baustatischen Möglichkeiten und Bernd Wetzel ganz konkret von einer Stahlbetonkonstruktion, welche die Rappenkeller seitlich und oben absichern hilft. Die Keller könnten zu einer „Attraktion, die ihresgleichen sucht“ entwickelt werden. Andere Städte profitierten erheblich von der Existenz solcher Event-trächtiger Anlagen. Und Hermann John regte an, dass vielleicht ein Teil der Keller eingefasst, umfangen und damit bewahrt werden könnte.

Der Denkmalverein Freudenstadt plant jetzt, weiter für einen weitgehenden Erhalt der historischen Gewölbe zu kämpfen. Bilden diese doch „ein einzigartiges bauliches Vermächtnis der Freudenstädter Hoteltradition“, so die Aussage des Denkmalvereins-Sprechers.

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Erstellt:
08.02.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 08.02.2016, 01:00 Uhr

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