Messe

Geist siegt über Fleisch

Für Szene-Leute sowie Neueinsteiger ist die erste Horber Tattoo-Convention am kommenden Wochenende die ideale Anlaufstation. 58 handverlesene Tätowierer präsentieren im „Quartier 77“ ihr Handwerk. Wer will, kann sofort unter die Nadel.

19.09.2017

Von Fabian Schäfer

Tätowierern aus nächster Nähe zusehen können die Besucher bei der Horber Tattoo-Convention am Wochenende. Wer sich traut, kann auch direkt selbst an einem der Stände Platz nehmen.Archivbild: Kuball

Tätowierern aus nächster Nähe zusehen können die Besucher bei der Horber Tattoo-Convention am Wochenende. Wer sich traut, kann auch direkt selbst an einem der Stände Platz nehmen.Archivbild: Kuball

Es geht um Handwerk, Kultur und Lifestyle“, fasst es Matthias Bartl, Organisator der Tattoo-Convention, zusammen. Sechs Auflagen der Messe hat er bereits begleitet, bislang jedoch immer in Balingen. In Horb soll es nun eine Neuauflage werden, die „sich hoffentlich etabliert“. Gemeinsam mit dem Horber Johannes Kiefer, Betreiber der „Kulisse“ und des „Quartier 77“, hat Bartl die bislang größte Veranstaltung in der Event-Location auf dem Hohenberg organisiert. „Die Idee war: Wir haben die Tätowierer gefragt, was sie an Messen stört, und versucht, das abzufangen“, erklärt Kiefer. „Wir wollen es klein und fein halten“, ergänzt Bartl.

Nur ausgewählte Tätowierer

In Großstädten gebe es hunderte Tätowierer, was es für Laien schwer mache, einen „echten“ zu finden. „Jeder kann schöne Bilder zeigen“, sagt der Balinger Bartl. Die Convention soll Leuten, die sonst keinen Einblick in die Szene haben, diese näherbringen. „Aber es geht auch um den Austausch untereinander“, erklärt Kiefer. Zur Horber Messe kommen nur ausgewählte Tätowierer, die von Kiefer und Bartl sondiert wurden. „Wir setzen das Level“, stellt der Quartier-Betreiber klar. „Jeder kann blind an den nächsten Stand gehen und bekommt ein ehrliches, echtes und dauerhaftes Tattoo“, kündigt Bartl an. „Dafür legen wir die Hand ins Feuer.“ Entsprechend sei die Messe auch für Neulinge geeignet, um Eindrücke zu sammeln. Die Veranstalter legen auch Wert darauf, dass es sich bei der Convention um eine Familienveranstaltung handelt. „Viele werden da etwas abgeschreckt, aber in den vergangenen Jahren waren immer um die 500 Kinder da“, berichtet Bartl.

Aus ganz Europa kommen die 56 Tätowierer (verteilt auf 30 Stände) in die Neckarstadt. Zu den prominentesten Gästen gehören Fabian Nitz vom Berliner Tattoo-Studio „Rose of no man‘s land“ und Werner Businger aus der Schweiz. „Es sind viele traditionelle Tätowierer da“, sagt Bartl. Als Lokalmatador wird das Horber Studio „Soulgallery-Tattoo“ vor Ort sein. „Man kann sich bei jedem sofort tätowieren lassen. Allerdings ist es ratsam, bei den Bekannteren vorab Termine über Facebook zu machen“, rät Bartl. Die meisten kämen jedoch mit genügend freier Zeit. An jedem Tag wird das schönste auf der Messe gestochenen Tattoo prämiert.

Während am Freitag die „Hardcore-Szene“ erwartet wird, werden am Wochenende wohl viele allgemein Interessierte über die Messe schlendern. „Man kann hier einen Meter daneben stehen und den Prozess beobachten“, erklärt Kiefer. Die Tätowierer stünden zudem Rede und Antwort.

Wie ein Muttermal

Zwar kann man sich ganz spontan auf der Messe für ein Tattoo entscheiden, dennoch sollte man sich die Entscheidung gut überlegen. „Es wird zu einem Teil von einem, wie ein Muttermal. Nach einer Weile sieht man es selbst auch nicht mehr“, erklärt Bartl. Daher komme auch die oft genannte „Tattoo-Sucht“. „Man möchte dieses neue Gefühl nochmal haben. Aber es ist weniger eine Sucht, als eine Sammelleidenschaft“, erklärt Bartl.

Was Motive und Größe angeht, sind den Besuchern beinahe keine Grenzen gesetzt. „Ich habe schon eine Frau gesehen, die sich an zwei Messetagen den ganzen Rücken hat tätowieren lassen. Die brauchte danach aber auch erst mal eine Woche Urlaub“, erzählt Bartl, der selbst früher in einem Tattoo-Studio gearbeitet hat.

Am liebsten würden die Tätowierer ihre eigenen Motive stechen, aber natürlich seien auch die Wünsche der Besucher kein Problem. Bücher mit verschiedenen Möglichkeiten werden zudem an den Ständen ausliegen. Partnernamen steche ein ernsthafter Tätowierer allerdings nicht. „Oder erst nach einer halbstündigen Diskussion“, sagt Bartl.

Verantwortung für den Körper

Und es gibt weitere, inoffizielle Richtlinien: So weigern sich manche Tätowierer, das erste Tattoo an einer gut sichtbaren Stelle zu platzieren. Gerade bei jungen Menschen ziehe dies oft lange Diskussionen nach sich. „Aber die Tätowierer übernehmen da einfach ein bisschen Verantwortung für den Körper“, sagt Bartl. Zudem dürfe man an einem Tattoo nicht sparen. „Das ist etwas Lebenslanges“, verdeutlicht der Balinger. Die Prämisse auf der Horber Messe sei, dass die Werke auch nach 40 Jahren noch gut aussehen sollen.

Und dann seien da noch die Schmerzen. „Angenehm ist es nie“, sagt Johannes Kiefer, der neben zahlreichen Arm-Tattoos auch eine kleine Axt auf der Wange trägt. „Es ist auch total Tagesform-abhängig. Aber Geist siegt über Fleisch. Wenn man es zulässt, geht es“, sagt Bartl.

Die Veranstalter der Tattoo-Convention Johannes Kiefer (links) und Matthias Bartl aus Balingen.Bild: Schäfer

Die Veranstalter der Tattoo-Convention Johannes Kiefer (links) und Matthias Bartl aus Balingen.Bild: Schäfer

Mehr als nur Tattoos

Die 1. Horber Tattoo-Convention öffnet für Besucher von Freitag bis Sonntag ihre Pforten: am Freitag und Samstag von 11 bis 21 Uhr, am Sonntag von 11 bis 19 Uhr. Ein Tagesticket kostet 13 Euro, einen Vorverkauf gibt es nicht. Neben der Messe im „Quartier 77“ wird es einen großen Außenbereich geben, mit Snacks und Streetart. Das Restaurant ist jedoch nicht geöffnet. Am Freitag- und Samstagabend findet nach der Messe zudem eine Aftershowparty in der Horber „Kulisse“ statt.

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Erstellt:
19.09.2017, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 19.09.2017, 01:00 Uhr

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