Ken Loach siegt in Cannes

Goldene Palme für Sozialdrama „I, Daniel Blake“ – Maren Ade geht leer aus

Im Wettbewerb des Festivals in Cannes konkurrierten dieses Jahr 21 Filme um Auszeichnungen. Die Goldene Palme erhielt der Brite Ken  Loach.

23.05.2016

Von dpa/kna

Gewinner der Goldenen Palme: „I, Daniel Blake“ von Ken Loach.

Gewinner der Goldenen Palme: „I, Daniel Blake“ von Ken Loach.

Beim Internationalen Filmfestival von Cannes sind am Sonntagabend die Hauptpreise verliehen worden. Die Goldene Palme für den besten Film,  die höchste Auszeichnung, ging an das Sozialdrama „I, Daniel Blake“ des Briten Ken  Loach. Es ist die zweite Goldene Palme für  Loach: Der 79-Jährige hatte sie bereits 2006 für das historische Drama „The Wind That Shakes the Barley“ gewonnen. Für Großbritannien ist es die achte Goldene Palme in der Geschichte des Festivals.

Der Film handelt von einem älteren Handwerker, der nach einer Krankheit arbeitsunfähig ist – von den Behörden aber kein Geld bekommt, sondern sich stattdessen in einem aussichtslosen Kampf gegen den Irrsinn der Ämter wiederfindet.

„Das Kino kann uns die Welt näherbringen, in der wir leben - und die Welt in der wir leben, ist derzeit an einem gefährlichen Punkt“, sagte

 Loach am Sonntagabend bei der Preisverleihung. „Wir sind im Würgegriff der Sparmaßnahmen, die angetrieben werden von Ideen, die wir Neoliberalismus nennen – die uns an den Rand einer neuen Katastrophe bringen.“

Das habe viele Menschen in Griechenland, Spanien und Portugal in Not gebracht „und einigen wenigen grotesken Reichtum“. Die Gefahr sei, dass rechte Parteien davon profitieren könnten. Er zeigte so eindrucksvoll, dass er seinen Kampfgeist nicht verloren hat.

Die deutsche Regisseurin Maren Ade, die als große Favoritin gehandelt worden war, ging mit ihrem Vater-Tochter-Drama „Toni Erdmann“ überraschend völlig leer aus.

Als beste Schauspieler wurden Jaclyn Jose von den Philippinen und der Iraner Shahab Housseini für seine Rolle in „Forushande (The Salesman)“ ausgezeichnet. Die beste Regieleistung wurde dem Rumänen Cristian Mungiu für „Aquarius“ und dem Franzosen Olivier Assayas für „Personal Shopper“ zuerkannt. „American Honey“ der britischen Regisseurin Andrea Arnold erhielt den Preis der Jury. Den Kurzfilmpreis bekam der brasilianische Regisseur Joao Paulo Miranda Maria.

Die Preise wurden von einer Jury um US-Regisseur George Miller („Mad Max: Fury Road“) verliehen. Die hatte sich bei diesem 69. Filmfestival in der südfranzösischen Küstenstadt zwischen 11. und 22. Mai 21 Filme angeschaut, die um die Goldene Palme konkurrierten. Ihr gehörten neben Miller die Regisseure Arnaud Desplechin, Laszlo Nemes und die Italienerin Valeria Golino, die französische Schauspielerin und Sängerin Vanessa Paradis, der iranische Produzent Katayoon Shahabi,  US-Schauspielerin Kirsten Dunst, ihr kanadischer Kollege Donald Sutherland und der dänische Schauspieler Mads Mikkelsen an. In der renommierten Nebenreihe Un Certain Regard wurde bereits am Samstagabend der finnische Beitrag „The Happiest Day in the Life of Olli Mäki“ von Juho Kuosmanen als bester Film ausgezeichnet. Das Werk in Schwarz-Weiß erzählt von einem jungen Boxer im Jahr 1962, der sich auf die Weltmeisterschaft vorbereiten will – sich dann aber verliebt.

Ein provokatives Vergewaltigungsdrama war am Samstag als einer der letzten Beiträge in den Wettbewerb gestartet: Isabelle Huppert verkörpert in „Elle“ eine Frau, die zuhause von einem Unbekannten vergewaltigt wird – und ein verstörendes Spiel mit dem Täter beginnt. Regie führte der Niederländer Paul Verhoeven (77, „Basic Instinct“, „RoboCop“). „Der Film ist voll von Doppeldeutigkeiten“, sagte die 63-jährige Huppert („Liebe“, „Die Klavierspielerin“). Die Hauptfigur lasse sich nicht zerstören. „Elle“ ist eine deutsch-französisch-belgische Koproduktion. In einer Nebenrolle ist der Deutsche Christian Berkel zu sehen.

Auch beim Iraner Asghar Farhadi, der für „Nader und Simin – eine Trennung“ den Oscar gewonnen hatte, geht es um den Umgang mit einer gewalttätigen Attacke. Er erhielt in Cannes den Preis für das beste Drehbuch für „Forushande (The Salesman)“. Darin wird ebenfalls eine Frau zuhause von einem Unbekannten angegriffen und schwer verletzt. Auch sie will nicht zur Polizei gehen, aus Angst und Scham, ihr Gesicht und ihre Würde zu verlieren. Da der Täter bei seiner Flucht jedoch verschiedene Gegenstände liegengelassen hat, versucht Ranas Mann Emad, ihn zu finden. Farhardi entfaltet hier einmal mehr wie in „Nader und Simin“ eine Geschichte um Schuld und Vergebung.

Die kanadisch-französische Co-Produktion „It’s only the End of the World“ von Xavier Dolan hat nicht nur überraschend den Preis der Ökumenischen Jury gewonnen, sondern am Sonntag auch den Grand Prix der offiziellen Jury. Der Film  handelt von einem todkranken Schriftsteller, der nach Jahren zu seiner Familie zurückkehrt, um die Angehörigen auf sein Ende vorzubreiten, dort aber nicht zu Wort kommt.  Das von der ersten Garde französischer Stars wie Gaspard Ulliel, Vincent Cassel, Lea Seydoux und Marion Cottiard getragene Drama entfaltet ein Feuerwerk vertaner Chancen.

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Erstellt:
23.05.2016, 10:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 15sec
zuletzt aktualisiert: 23.05.2016, 10:00 Uhr

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