Fasnet

Hannikel lebt an Fasnet auf

In Ohmenhausen, wo der Räuberhauptmann einen Soldaten ermordete, pflegt eine Narrenzunft seit 20 Jahren an der Fasnet die Erinnerung an Hannikel.

17.02.2017

Von Cristina Priotto

Quicklebendig springen beim Narrenverein Ohmenhausen in dieser Saison 48 Hannikel-Figuren mit. Die Zunft wurde vor 20 Jahren in dem Ort im Kreis Reutlingen gegründet, weil dort Jakob Reinhard, genannt Hannikel, am 4. April 1786 im Wald das ehemalige Bandenmitglied Christoph „Toni“ Pfister ermordete. Danach versteckte sich der Räuberhauptmann in einer Scheune, die daher bis heute „Hannikel-Häusle“ heißt. Privatbild

Quicklebendig springen beim Narrenverein Ohmenhausen in dieser Saison 48 Hannikel-Figuren mit. Die Zunft wurde vor 20 Jahren in dem Ort im Kreis Reutlingen gegründet, weil dort Jakob Reinhard, genannt Hannikel, am 4. April 1786 im Wald das ehemalige Bandenmitglied Christoph „Toni“ Pfister ermordete. Danach versteckte sich der Räuberhauptmann in einer Scheune, die daher bis heute „Hannikel-Häusle“ heißt. Privatbild

In diesem Jahr ist es am 17. Juli genau 230 Jahre her, dass Jakob Reinhard in Sulz erhängt wurde. Der Räuberhauptmann, der wegen seiner bulligen Figur in der Bande den Spitznamen „Hannikel“ (Ochse) erhielt, erwacht jedoch alljährlich zu neuem Leben – und zwar beim Narrenverein Hannikel in Ohmenhausen im Landkreis Reutlingen.

Doch welche Verbindung gibt es zwischen Sulz und Ohmenhausen? Soviel sei schon mal vorab verraten: Erst wegen eines schlimmen Vorfalls in Ohmenhausen wurde der Räuber in Sulz gehenkt.

Mordabsicht aus Rache

Reinhard und seine Bande schlugen Anfang April in der Nähe des Ohmenhäuser Gaisbühlhofs im Wald ihr Lager auf. Der Räuberhauptmann lauerte am 4. April 1786 im Wald von Ohmenhausen bei einem kleinen Viehhäuschen Christoph Pfister, genannt „Toni“, auf. Der Grund: Der Pfister-Toni war zuvor mit Hannikels Schwägerin Mantua durchgebrannt und zur württembergischen Armee gegangen. Lange musste Jakob Reinhard nicht auf den Abtrünnigen warten: Der herzoglich-württembergische Grenadier tauchte bereits am 5. April 1786 auf. In einer alten Chronik ist nachzulesen, dass Hannikel dem Soldaten zunächst „mit einem armdicken Prügel einen Streich auf den Kopf gab, so dass er niedersank“. Damit nicht genug, setzte sich der Bandenchef der Überlieferung zufolge anschließend auf sein wehrlos am Boden liegendes Opfer. Hannikels Kumpane malträtierten den als Verräter Gejagten danach aufs Übelste: Historischen Quellen zufolge verletzte Hannikels Bruder Wenzel dem Christoph Pfister „mit einem Hirschfänger drei Hiebe über den Kopf und schlug ihm die linke Hand ab“. Derweil prügelten weitere Bandenmitglieder auf das Opfer ein. Wie grausam der Räuberhauptmann vorging, legen auch weitere Details der Folter nahe: „Hannikel schnitt ihm mit einem Schnappmesser die Nase und die ganze Oberlippe weg und sein Sohn Dieterlen goss einen Hut voll Wasser aus einer Mistpfütze über die Wunden“.

Nach vollbrachter Missetat ließ die Bande den Pfister-Toni in einer erbärmlichen Lage zurück und feierte die Rache mit einem Festgelage auf dem Gaisbühlhof.

Der Geschändete wurde erst am darauffolgenden Tag von Ohmenhäuser Bürgern gefunden. Das Opfer konnte gerade noch den Namen seines Hauptpeinigers nennen, danach starb der Grenadier an seinen schlimmen Verletzungen und Misshandlungen.

Sobald bekannt wurde, dass Hannikel und seine Mannen hinter dem Mord steckten, begann eine beispiellose Jagd auf die Täter, angeführt vom Sulzer Oberamtmann Jacob Georg Schäffer. Jakob Reinhard floh derweil mit seiner Bande in Richtung Schweiz. Zunächst konnte der Räuberhauptmann im schweizerischen Chur gefasst und eingekerkert werden. Doch dem gewieften Hannikel gelang der Ausbruch, und die Suche begann von Neuem. Auf der Sarganser Alp wurde der Übeltäter schließlich erneut festgesetzt und danach in Vaduz eingesperrt.

Wenig später erging das Urteil: Tod durch den Strang. Dieses wurde am 17. Juli 1787 auf der Schillerhöhe in Sulz vollzogen.

Auf die Idee, einen Narrenverein im Gedenken an Hannikel ins Leben zu rufen, kamen einige Ohmenhäuser im Jahr 1997. Die SÜDWEST PRESSE ließ sich von Heike Mayer die Geschichte erklären: „Wir sind immer gerne auf die Fasnet gegangen“, erzählt die heutige Narrenmeisterin. Einige der Fasnetsbegeisterten erinnerten sich von Besuchen in Sulz an das legendäre Lokal „Hannikel“ in der Neckarstadt, außerdem gab es ja in Ohmenhausen einen örtlichen Bezug zu dem berüchtigten Räuberhauptmann. „Es war immer klar, dass wir wenn, dann etwas mit Hannikel machen“, berichtet Mayer – trotz der grausamen Tat. Die Bekleidungsschneidermeisterin entwarf das Häs: Dieses besteht aus einer Cordhose, einem Baumwollhemd, einem Lodenmantel sowie einer Holzmaske mit Rosshaar und Hut.

Mittlerweile ist die Zahl der Aktiven auf 48 gestiegen, insgesamt hat der Narrenverein Hannikel Ohmenhausen derzeit 80 Mitglieder. Dazu gehören seit drei Jahren auch die „Hannikids“ als feste Tanzgruppe. 2010 kam zudem das Mahdich-Weible hinzu, das der Überlieferung nach ein Flurgeist im Ohmenhäuser Gewann „Mahdach“ war.

Der wichtigste Termin der Hannikel-Zunft ist die Räuberfasnet am Schmotzigen. Doch schon bevor es richtig losgeht, werden die Figuren alljährlich am Dreikönigstag im „Hannikel-Häusle“ erweckt. Wenn die Ohmenhäuser bei Umzügen sind, erschallt der Ruf „Hannikel – la me gau“.

Somit verbindet der Räuber Sulz und Ohmenhausen auch noch 230 Jahre nach seinem Tod. Die Fasnet lässt dabei vergessen, wie grausam Hannikel einst war.

Schon mehrere Besuche der Hannikelzunft in Sulz

Der Narrenverein Hannikel

Ohmenhausen ist bereits mehrfach bei Umzügen in Sulz mitgelaufen: Nach Auskunft von Heike Mayer waren die Ohmenhäuser Räuberfiguren 1999, 2003, 2005, 2007 und 2012 in der Neckarstadt und 2015 in Vöhringen.

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Erstellt:
17.02.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 15sec
zuletzt aktualisiert: 17.02.2017, 01:00 Uhr

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