Landschaftspflege

Heckrinder ziehen auf die Alexanderschanze

Die Konik-Pferde im Naturschutzgebiet an der Kreisgrenze Freudenstadt/Ortenau bekommen Mitbewohner: Vier Heckrinder sollen im Mai dort einziehen.

26.04.2024

Von NC

Beweidung durch verschiedene Weidetierarten gleichzeitig („ Multispezies-Variante“), hier beim Weideprojekt Kappel-Grafenhausen mit Salers-Rindern und Konik-Pferden, hat bereits vielerorts die Entwicklung von Heideflächen begünstigt. Bild: Rupp/FVA BW

Beweidung durch verschiedene Weidetierarten gleichzeitig („ Multispezies-Variante“), hier beim Weideprojekt Kappel-Grafenhausen mit Salers-Rindern und Konik-Pferden, hat bereits vielerorts die Entwicklung von Heideflächen begünstigt. Bild: Rupp/FVA BW

Zur Erhaltung und Vergrößerung der artenreichen Heiden und offenen Grinden des Nordschwarzwaldes wird in diesem Jahr im Naturschutzgebiet Kniebis-Alexanderschanze im Kreuzungsbereich der Bundesstraßen 500 und 28 die Weidefläche vergrößert: Ab Mai sollen auf einer Fläche von rund 14 Hektar zusätzlich zu den seit November 2023 dauerhaft dort weidenden Konik-Pferden vier Heckrinder weiden.

Nachdem im Frühjahr 2023 zur Freilegung der Weidefläche bereits Gehölze zurückgeschnitten wurden, hat das Landschaftspflegeteam des Regierungspräsidiums Karlsruhe im April 2024 damit begonnen, Trassen für den Weidezaun anzulegen und Pfähle zu setzen. Anfang Mai können dann die Heckrinder auf die Weide gebracht werden. Die Beweidung wird aus Finanzmitteln des Landes im Rahmen der Landschaftspflegerichtlinie und von der Stadt Freudenstadt im Rahmen des Ökokontos finanziert.

Verhaltensregeln zur Sicherheit

Von den ausgezäunten Wegen entlang der Weideflächen können die Tiere hautnah erlebt werden. Das Regierungspräsidium Karlsruhe weist auf wichtige Verhaltensregeln hin: Die insgesamt drei Weideflächen sind durch zwei Übergänge für die Heckrinder miteinander verbunden, wo sich Wege von Rindern und Wandernden kreuzen. Sie dürfen daher nur dann passiert werden, wenn kein Heckrind in Sichtweite ist. Hunde sind zwingend anzuleinen, um sicherzustellen, dass sie nicht von einem sich verteidigenden Rind angegriffen werden.

Die Weideübergänge sind zunächst nur zu Fuß passierbar; Fahrräder müssen über die eng gewinkelten Durchgänge getragen werden. Langfristig sind aber befahrbare Übergänge mit Gitterrampen vorgesehen.

Durch die Beweidung mit den vier Heckrindern soll auf einer Fläche von insgesamt 28 Hektar ein lichter Weidewald geschaffen werden, wie er jahrhundertelang verbreitet war. Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert wurden Nutztiere wie Rinder, Schweine, Ziegen und Schafe in den Wald getrieben, um dort zu weiden. Das sollen ab Mai die Heckrinder übernehmen und das Naturschutzgebiet auf vielfältige Weise ökologisch bereichern: Der Dung der Pflanzenfresser verteilt Nährstoffe und dient spezialisierten Insekten als Nahrung, die wiederum die Lebensgrundlage für viele Vögel sind. Sowohl über den Dung, als auch über ihr Fell und die Hufe verteilen die Tiere außerdem zahlreiche Pflanzensamen auf der Weidefläche. Ihr Wälzen und Scharren erzeugt offene Bodenstellen, die von Wildbienen als Brutstätte genutzt werden können. Und wenn die Heckrinder sich an Stämmen scheuern, Rinde abschälen oder von Sträuchern fressen, schaffen sie neue Lebensräume für Käfer, Fledermäuse, Pilze und andere Waldbewohner.

Hintergrund: Waldbeweidung mit Heckrindern

Wildlebende Auerochsen trugen bis zu ihrer Ausrottung im Jahr 1627 zur Strukturvielfalt in den Wäldern bei. In den 1930er-Jahren gelang den Gebrüdern Heck die Züchtung des Heckrindes, das – mit Ausnahme der Größe – wesentliche Merkmale des Auerochsen aufweist. Diese widerstandsfähige Rasse wird seit den 1980er-Jahren in der Landschaftspflege zur Beweidung in Deutschland, den Niederlanden und Lettland eingesetzt.

Auch im Nationalpark Schwarzwaldbereichern Beweidungsprojekte mit Heckrindern die Artenvielfalt. So profitiert unter anderem die in Deutschland stark vom Aussterben bedrohte Kreuzotter von den Sonnenplätzen in aufgelichteten Wäldern. Sie braucht ungestörte Bereiche mit nacktem Fels, Steinhaufen, Totholz oder dichtem Heidelbeerbewuchs, um zum Sonnenbaden nicht auf asphaltierte Radwege ausweichen zu müssen, wo sie häufig überfahren wird. Ebenso kann das vom Aussterben bedrohte Auerhuhn Lebensraum und Nahrung in den besonnten Heidelbeerflächen finden. Durch die Beweidung im Naturschutzgebiet Kniebis-Alexanderschanze werden sich auch hier ausgedehnte Heideflächen entwickeln, die zahlreichen Schmetterlingen, Heuschrecken und Wildbienen als Nahrungsquelle, Versteck und Fortpflanzungsstätten dienen können.

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Erstellt:
26.04.2024, 14:38 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 41sec
zuletzt aktualisiert: 26.04.2024, 14:38 Uhr

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