„Ade, war schee“

Nach 18 Jahren auf den Bühnen der Fasnet hören die Horber Tanzhexen auf

Da saßen sie auf den Bänken der Grundschul-Turnhalle, aber nicht aus Trauer, sondern weil Trainerin Eike Schmidt bis zum Ende der Probe mal wieder alle Reserven aus ihren Tanzhexen ausgereizt hatte. Mittlerweile ist es offiziell: Am Aschermittwoch, nach 18 Jahren fasnetsprägender Bühnenkunst, hören die Tanzhexen auf. Doch bis zuletzt geben sich die agilen Damen mit nicht weniger als gewohnter Perfektion zufrieden.

04.02.2016

Von Hans-Michael Greiss

Die Horber Tanzhexen machten sich mit ihren außergewöhnlichen Kostümen und Choreographien einen Namen weit über Horb hinaus. Bild: Kuball

Die Horber Tanzhexen machten sich mit ihren außergewöhnlichen Kostümen und Choreographien einen Namen weit über Horb hinaus. Bild: Kuball

Horb. Die Tanzhexen gehörten einfach zur Horber Fasnet, kein Eröffnungsball war vorstellbar, ohne die fantasievollen Kostüme, die sorgfältig gestylten Haare, die wirbelnden Beine und ganz besonders die überragend aufeinander abgestimmten Tanzfiguren, die ihren eigenen Stil bestimmten. Wehmut befällt die Horber Narren bei der Vorstellung, dass diese Augenweide der Vergangenheit angehören soll. Doch gerade dies betonen die selbstbewussten Damen als ihre Stärke: Weinen sollen die anderen. als Gruppe haben sie sich einstimmig für das Aufhören entschieden. Auf der Höhe ihrer Leistungsfähigkeit, mit der höchsten Anerkennung für Synchronität und Alter treten sie ab. In der Erinnerung werden sie die Spitzengruppe bleiben, die mit ihren Choreographien Maßstäbe setzte.

Begonnen hatte die außergewöhnliche Erfolgsgeschichte der Horber Tanzhexen bei einer Versammlung 1998. Mit ihren vor Hexenfeuer sprühenden Ideen stellten sie sich vor, und verhexten die Narren bei ihren Auftritten nicht nur mit Besenschwingen und Pyramiden, sondern auch mit ganz anderen Figuren. Die elf Hexlein und Thorsten Katz wollten etwas Schwung in die ganze Sache bringen und das gewohnte Bild mit Showtanz aufpeppen.

Waren sie zu Beginn „querbunt zusammengewürfelt“, so entwickelte sich eine disziplinierte, verschworene und optimal aufeinander eingespielte Gemeinschaft, die ihren Zusammenhalt und enge Freundschaft auch zu den nicht mehr Aktiven für ihre prägende Eigenschaft hält. Drei Gründungsmitglieder, Antje Störzer, Ellen Zippel und Eike Schmidt haben vom ersten Tag bis heute durchgehalten, und die entstehenden Lücken mit tanzbegeisterten Showgirls gefüllt und in den ständig reifenden eigenen Stil eingebunden. Mit den Tänzerinnen Cynthia Brandt, Lisa Brenner, Natalie Brenner, Tanja Lopéz, Katja Peuckert, Daniela Schmidt und Saskia Wollensak bestreiten sie nunmehr ihre letzte Saison, und alleine schon diese dauerhafte Ära von 18 Jahren spricht für sich, Spaß mit Freundschaft und Leistungsanspruch zu verbinden.

Im Rückblick auf die Periode von der Entstehung bis zur „Volljährigkeit“ fallen die vielen Veränderungen auf, die jungen Mädchen von damals, sind zu Damen geworden, haben ihre Familiennamen und Anschriften geändert, geheiratet, Kinder bekommen, im Familien-, sozialen und Berufsleben Erfahrungen gesammelt. Trotzdem haben sich die Tanzhexen ihre Clique als Dreh- und Angelpunkt ihrer Lebensfreude bewahrt. Zwei Mal stellten die Tanzhexen die Fasnetsregentin Gräfin Ita von Toggenburg.

Am Schmotzigen

gemeinsam als Piraten unterwegs

Zusammengezählt haben sie tausende Stunden miteinander verbracht, das Motto der Narrenzunft zum eigenen Thema ausgearbeitet, Musik ausgewählt, Kostüme entworfen, Material beschafft, geschneidert, immer wieder eine neue Choreographien kreiert und diese in wöchentlichen Proben verinnerlicht. 16 Kostüme und 14 Paar Schuhe bereichern heute den Fundus jeder Tänzerin. Stapel voll Bilder belegen den Ideenreichtum und die Kreativität. Ein Stichwort reicht, gleich fallen einem die züchtigen pastellblau-weißen pelzbemützten Après-Ski-Hasen von 2008, die schulterfreien schwarz-lila Korsagen von 2011 oder die leuchtend-roten Musketiere von 2013 ein.

Wenn auch der Eröffnungsball der Narrenzunft Höhepunkt der Jahresaktivitäten war, so traten die Tanzhexen auch bei anderen Veranstaltungen, zu Festen, Feiern, Geburtstagen oder Hochzeiten auf. Dankbar erinnern sie sich an die Anfeuerungsrufe ihrer Fans, die sie all die Jahre begleiteten, vor den Rampen klebten und zu Höchstleistungen antrieben.

2008 fing Eike Schmidt die Turbulenzen um den Rücktritt der Trainerin Nicole Rentschler auf, als sie diese Funktion übernahm und der Gruppe ihre Vorstellungen vermittelte. Acht Jahre später ist auch sie an dem Punkt angelangt, dem Beruf und Privatleben Tribut zu zollen. Zur Einheit zusammengeschweißt, hören die showtanzenden Freundinnen miteinander auf. Mit der Volljährigkeit gehen sie nun gleich in die Rente. „Ade, war schee“ fassen sie ihre gemeinsame Zeit zusammen, doch sie haben ihre Herkunft niemals vergessen, sie waren Hexen, sind Hexen und werden es auch in Zukunft bleiben.

Am heutigen Schmotzigen werden sie als Freibeuterinnen ihren „Spass uff d’r Gass“ haben, und wünschen viele ihrer treuen Fans zu treffen, um ausgelassen mit ihnen den Renteneintritt zu feiern, Erinnerungen auszutauschen und für alle freudigen Begebenheiten Dank zu sagen.

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Erstellt:
04.02.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 04.02.2016, 01:00 Uhr

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