Taktgefühl bei Traumatisierten

Peter Schimak vermittelt Helfern im Umgang mit Flüchtlingen psychologisches Wissen

Welche psychologischen Folgen haben Kriegstraumata und die Erlebnisse auf der Flucht für die Menschen? Antworten auf diese Fragen hat Peter Schimak, der nächste Woche beim Bürgerarbeitskreis zu Gast ist. Der Psychologe aus Schramberg erzählt im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE von den Herausforderungen im Umgang mit Kriegsflüchtlingen und warnt davor, Traumatisierte auf ihre Erlebnisse anzusprechen.

05.12.2015

Von cristina priotto

Peter Schimak vermittelt Helfern im Umgang mit Flüchtlingen psychologisches Wissen

Sulz. Die Flüchtlinge in Glatt und Bergfelden haben von den Erlebnissen im Krieg in ihrer Heimat und auf der Flucht nach Deutschland erzählt (wir berichteten). Peter Schimak hält indes nicht viel davon: „Man sollte die Leute nicht zu schnell auffordern, zu berichten, was sie erlebt haben“, sagt der Psychologe. Besser wäre ein Hypnoseansatz: Dabei sollen Patienten sich vorstellen, einen Film anzuschauen und das Gesehene kommentieren. Diese Distanz helfe beim Verarbeiten traumatischer Erlebnisse, erklärt Schimak.

Der 64-Jährige ist am 9. Dezember auch deshalb als Gast zum Vortragsabend des Bürgerarbeitskreises eingeladen, weil Schimak die ehrenamtlichen Helfer fachlich sensibilisieren möchte: „Verschiedene psychologische Sichtweisen können auch für Helfer sehr hilfreich sein für das Verständnis von Flüchtlingen“, ist der Schramberger überzeugt. Zum Eigenschutz rät der Psychologe ehrenamtlich Tätigen aber auch zu etwas Abstand: „Es kommen ganz normale Menschen, das heißt, die Helfer müssen sich auch auf destruktives und aggressives Verhalten einstellen“, relativiert Schimak.

Die psychologische Behandlung von Flüchtlingen stelle eine große Herausforderung dar, erklärt der auf politische Psychologie spezialisierte Therapeut. Am Wichtigsten gerade für die Kinder sei es, einen sicheren Ort zu schaffen. Dies stellt aber ein Dilemma dar, weil die Menschen etwa aus Syrien sich meist nur vorübergehend in den jetzigen Unterkünften aufhalten.

Die größte Barriere beim Verständnis der Ängste von Flüchtlingen ist jedoch die Sprache. Deshalb wünscht Schimak sich dringend mehr Dolmetscher: „Ein Mindestmaß an sprachlichem Verständnis ist für die Therapie notwendig“, unterstreicht der Experte.

Eine Anlaufstelle ist der Verein „Refugio“, eine Kontaktstelle für traumatisierte Flüchtlinge mit Sitz in Villingen-Schwenningen. Sinnvoll mit einer Therapie beginnen könne man jedoch erst, wenn eine gefährliche Situation beendet ist. Genau dies ist angesichts des monatelangen Wartens auf Anerkennung als Asylbewerber aber der kritische Punkt – und ein weiteres Problem, das es zu lösen gilt.

Info Peter Schimak spricht beim

Vortragsabend zum Thema Flucht

am Mittwoch, 9. Dezember, um 18.30 Uhr im Bürgersaal. Karin Schmidtke wird von ihren Erlebnissen und Begegnungen mit Flüchtlingen auf der Balkanroute berichten.

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Erstellt:
05.12.2015, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 05.12.2015, 01:00 Uhr

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