Entsorgung

Skeptische Bürger ignorieren Sammeleimer

Hinter den Behältern in einigen Ortsteilen steckt eine gewerbliche Absicht.

21.02.2017

Von Cristina Priotto

Weder „im Dienste der Umwelt“ noch „für Afrika“: Die Organisatoren der Kleidersammlung behalten einen Teil des Verkaufserlöses selbst und schicken die Kleidung nach Rumänien. Bild: Priotto

Weder „im Dienste der Umwelt“ noch „für Afrika“: Die Organisatoren der Kleidersammlung behalten einen Teil des Verkaufserlöses selbst und schicken die Kleidung nach Rumänien. Bild: Priotto

Fischingen/Mühlheim/Renfrizhausen. Wann die grünen Eimer gebracht wurden, haben die Bürger im Mühlbachtal nicht mitbekommen – doch über Nacht verteilte ein kommerzieller Sammler vor rund einer Woche in Fischingen, Mühlheim und Renfrizhausen bereits zum wiederholten Mal Behälter für eine Schuh- und Kleidersammlung. Ein Aufdruck auf den Deckeln der Plastikeimer suggeriert, wer etwas spende, unterstütze einen wohltätigen Zweck
– doch dem ist nicht so.

„Schuh- und Kleidersammlung in Dienste der Umwelt“ prangt in grünen und schwarzen Lettern auf den Behältern. Was es der Umwelt nützen soll, hunderte von Plastikeimern zu bedrucken und mit Kleidung zu befüllen, die einer unklaren Weiterverwendung zugeführt wird, ist jedoch fraglich.

Zudem steht dort „Das Sammelgut wird nach der Sortierung nach Afrika geschickt“. Die SÜDWEST PRESSE hat dies überprüft und eine der beiden angegebenen „Fahrernummern“ angerufen.

Zunächst meldete sich am gestrigen Montag jeweils nur ein Anrufbeantworter. Etwas später rief ein Mann zurück. Auf die Frage, was mit der gesammelten Ware passiere, gab der Verantwortliche von „T.S. Gebrauchtwaren“ freimütig zu: „Wir decken damit unsere Unkosten, denn ich habe drei bis vier Leute – Arbeitslose –, die ich bezahlen muss“. Beim Nahhaken, wie die Altkleider nach Afrika gelangen, räumt der Mann ein: „Wir können die Sachen gerade nicht nach Afrika schicken, weil wir keinen Transport dorthin haben“. Nächste Frage: Wo kommt die Ware dann hin? „Wir schicken es nach Rumänien“, erklärt der Organisator der Sammlung. Doch lohnt sich der Aufwand überhaupt, vom Firmensitz nahe Karlsruhe bis in den Kreis Rottweil zu fahren? „Ja, das lohnt sich“, versichert der Anrufer, obwohl der Ertrag sehr verschieden sei. Erst auf Nachfrage nennt der Mann konkrete Zahlen: „Manchmal sind es 50, manchmal 100 Kilogramm, manchmal auch gar nichts“.

Das Sulzer Ordnungsamt hatte von der Sammelaktion bis gestern nichts mitbekommen: „Wir sind nicht zuständig und können deshalb nichts machen“, teilte Leiterin Sabrina Glöckler lapidar mit.

Bei der Unteren Abfallrechtsbehörde des Landratsamts Rottweil ging im Juli 2016 (!) eine Anzeige von „T.S. Gebrauchtwaren“ für eine gewerbliche Sammlung ein, wie dies gemäß dem Kreislaufwirtschaftsgesetz erforderlich ist. Häufig werden solche Sammlungen aber nicht angemeldet. Der Polizei ist die Mühe, die Hintermänner aufzuspüren, meist zu hoch. Ein Landratsamts-Mitarbeiter wundert sich, dass Firmen überhaupt soviel Aufwand betreiben. Denn die meisten der Eimer bleiben leer.

Lage auf dem Textilmarkt:

Der Branchendienst Euwid (Europäischer Wirtschaftsdienst)

meldet im Februar eine „angespannte Lage auf dem Markt für Altkleider“:

Die Lagerbestände bei sortierter und bei unsortierter Ware seien für diese Zeit des Jahres „deutlich zu hoch“.

Die Preise für ausrangierte Textilien sind seit 2010 um 80 Prozent gestiegen: Für eine Tonne bezahlen Sortierbetriebe aktuell 450 Euro.

Zum Artikel

Erstellt:
21.02.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 22sec
zuletzt aktualisiert: 21.02.2017, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Newsletter Recht und Unrecht
Sie interessieren sich für Berichte aus den Gerichten, für die Arbeit der Ermittler und dafür, was erlaubt und was verboten ist? Dann abonnieren Sie gratis unseren Newsletter Recht und Unrecht!