Sulz · Regionales Gewerbegebiet

Zentrale Fragen übergangen

Die Bürgerinitiative „Pro Mühlbachebene“ kritisiert in einer Stellungnahme die Präsentation von Benno Haberkorn zum Stand der Planungen.

06.05.2024

Von NC

Zur Darstellung zum Planungsstand für das Reginale Gewerbegebiet „Best Invest A81“ von Benno Haberkorn, Senior Experte Grundstückentwicklung bei der LBBW, am 29. April im Sulzer Gemeinderat, hat die Bürgerinitiative (BI) „Pro Mühlbachebene“ eine Stellungnahme verfasst.

Sprecher Jörg Dinkelaker schreibt darin: „Haberkorn hat ein Luftschloss gebaut“. Mit der Ankündigung, dass das Regionale Gewerbegebiet im Sommer 2025 erschließungsfähig wäre, übergehe Benno Haberkorn, dass zentrale Fragen weiter ungeklärt seien und so schnell auch nicht zu klären sein werden.

Schwer wiegt darüber hinaus Dinkelakers Vorwurf, der LBBW-Experte nehme Beschlüsse des zukünftigen Gemeinderats vorweg, indem vor der Kommunalwahl am 9. Juni eine Planung als alternativlos dargestellt werde, die nach der Wahl „nur noch unhinterfragt umgesetzt werden soll“, heißt es weiter. Damit missachte Benno Haberkorn die Befugnisse des Gemeinderats und der Bürger, die aufgerufen sind, dessen Zusammensetzung neu zu wählen.

Der Sprecher der Bürgerinitiative „Pro Mühlbachebene“ wirft der Präsentation des Weiteren vor, dass „ungeklärte Probleme verschwiegen werden“. Als Beispiele führt Jörg Dinkelaker an, dass bei den Gesprächen mit den existenzgefährdeten landwirtschaftlichen Betrieben keine Aussicht auf ein positives, einvernehmliches Ergebnis bestehe. „Dies haben mehrere dieser Betriebe unmissverständlich zum Ausdruck gebracht“, verweist die BI. Zudem sei weiterhin unklar, wie die Stadt den Landwirten einen angemessenen Ausgleich bieten könne.

Besonders stört sich Dinkelaker daran, dass die Notwendigkeit eines Umlegungsverfahrens in der Präsentation für den Gemeinderat nicht erwähnt wurde. Ein solcher Eingriff in das Eigentumsrecht würde jedoch notwendig, wenn die Planungen für das Regionale Gewerbegebiet tatsächlich umgesetzen würden. „Die Umlegung würde gegen den erklärten Willen der betroffenen Eigentümer und Landwirte geschehen“, unterstreicht Jörg Dinkelaker.

Geflügelstall mitten im Gebiet

Zum gegebenen Zeitpunkt bestünde für die Eröffnung eines solchen Umlegungsverfahrens nach Auslegung von Rechtsanwalt Thomas Grassinger von der Kanzlei Maser, Grassinger & Partner aus Stuttgart keine rechtliche Grundlage, da der aktuelle Bebauungsplanentwurf nicht hinreichend konkretisiert sei, was jedoch aus Rechtsgründen für den Erlass eines Umlegungsbeschlusses erforderlich wäre. Die Bestandsschutz genießende Mistplatte im nördlichsten Bereich des Grundstücks Flurstück Nummer 645 und die per bestandskräftiger Baugenehmigung für den Anbau eines Geflügelstalls für 600 Gänse mit umzäuntem Auslauf an die bestehende überdachte Mistplatte von Martin Schneckenburger müsste in die Planung mitaufgenommen werden.

Im artenschutzrechtlichen Gutachten sei laut der Bürgerinitiative „Pro Mühlbachebene“ zudem deutlich geworden, dass es um einen angemessenen Ersatz für die auf dem zu versiegelnden Gebiet lebenden Feldlerchen kritisch steht. Dinkelaker wirft Haberkorn vor, nicht die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass zum Schutz der Feldlerchen auf eine Erschließung verzichten werden müsste.

Nicht einverstanden ist die BI auch mit Benno Haberkorns Antwort auf eine Frage von SPD-Stadtrat André Amon zu einem Gewerbestrukturgutachten. „Die Stimmen von bereits ansässigen, wirtschaftsstarken Unternehmen, die eine zerstörerische Konkurrenz um Arbeitskräfte befürchten, scheinen für den Fortgang der Planungen ebenso wenig Bedeutung zu haben wie die Stimmen aus der Landwirtschaft und der ihnen vor- und nachgelagerten Betriebe, die durch den Entzug der Agrarflächen die stabile, weit vernetzte (land-)wirtschaftliche Struktur gefährdet sehen mit Folgen nicht nur für die Ernährungssicherheit, sondern auch für den sozialen Zusammenhalt in der Stadt“, kritisiert Jörg Dinkelaker. Bezüglich der Einnahmen und Kosten durch eine Gewerbegroßansiedlung sieht die Bürgerinitiative dies bisher nur durch Thilo Sekol bei einem ortrag im Auftrag der BI „Pro Mühlbachebene beleuchtet. Sekol hatte analysiert, die Ansiedlung lohne sich für die Stadt wirtschaftlich nicht. „Eine alternative Berechnung der Stadt liegt bislang nicht vor“, moniert Dinkelaker.

Enttäuscht zeigt sich BI-Sprecher Jörg Dinkelaker, dass Haberkorn auf eine Liste offener Fragen, die die Bürgerinitiative „Pro Mühlbachebene“ eingereicht hatte, nicht einging. Scharf äußert sich Dinkelaker im Fazit: „Dass die LBBW die Entwicklungen um die Planungen für das Regionale Gewerbegebiet schönredet, ist ärgerlich. Der eigentliche Skandal liegt aber in einer Vorgehensweise, die man sonst eher bei Gebrauchtwagenhändlern als bei einem Planer im öffentlichen Auftrag vermuten würde. Herr Haberkorn tut so, als hätten wir den Wagen schon gekauft“, echauffiert sich Jörg Dinkelaker und fragt rhetorisch: „Möchte Herr Haberkorn Stadtverwaltung und Gemeinderäte in Zugzwang bringen?“.

Neues Gremium einbinden

Die Planungen zur Umsetzung des Regionalen Gewerbegebiets seien noch nicht so weit gekommen wie vom Regionalverband und der Wirtschaftsförderung erhofft. Haberkorn greife „zum letzten Strohhalm, indem er die nächsten Schritte der Umsetzung so darstellt, als seien sie nur noch reine Formsache“, wirft die Bürgerinitiative dem LBBW-Fachmann vor. Die Stadtverwaltung wolle eine ergebnisoffene, transparente Diskussion im neuen Gemeinderat verhindern, unterstellt Jörg Dinkelaker und fordert eine Klarstellung. Zudem sollte die Entscheidungshoheit beim neuen Gremium liegen. Von einer ehrlichen Präsentation hätte die BI sich gewünscht, offenzulegen, was noch nicht gelungen ist und wo weiterhin Hürden und Entscheidungsbedarfe liegen. Einen Nutzen für Bürger sieht die Bürgerinitiative „Pro Mühlbachebene“ im im Regionalen Gewerbegeibet nicht und befürchtet vielmehr „wirtschaftliche Verwerfungen und ungünstige Abhängigkeitsverhältnisse“.

Zum Artikel

Erstellt:
06.05.2024, 15:54 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 28sec
zuletzt aktualisiert: 06.05.2024, 15:54 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Newsletter Recht und Unrecht
Sie interessieren sich für Berichte aus den Gerichten, für die Arbeit der Ermittler und dafür, was erlaubt und was verboten ist? Dann abonnieren Sie gratis unseren Newsletter Recht und Unrecht!