Geschäftsidee

Schwung in die Kiste

Bestellen ist das neue Einkaufen. Der Hofbauernhof in Schömberg bietet etwas besonderes an: Individuell befüllbare Ökokisten, kreisweit frei Haus. Zusammenstellen lassen sie sich ganz nach Wunsch – kreativ anders oder klassisch konservativ.

27.06.2017

Von Fabian Schäfer

Neben selbstgeerntetem Obst und Gemüse gibt es beim Hofbauernhof auch Brot, Fleisch und Honig. Iris Grimm und Roland Lübbertsmeier bieten seit über zwölf Jahren Öko-Produkte in Schömberg an. Eine „goldrichtige Entscheidung“, wie sie heute sagen.Bilder: Schäfer

Neben selbstgeerntetem Obst und Gemüse gibt es beim Hofbauernhof auch Brot, Fleisch und Honig. Iris Grimm und Roland Lübbertsmeier bieten seit über zwölf Jahren Öko-Produkte in Schömberg an. Eine „goldrichtige Entscheidung“, wie sie heute sagen.Bilder: Schäfer

Im ersten Moment fragt man sich, wer hier die Obst- und Gemüseabteilung des nahen Supermarkts in eine kleine Scheune gepackt hat. In den grünen Kisten, die sich auf mehreren Ebenen übereinander stapeln, herrschen bunte Farben, von Karotten-orange bis Feldsalat-grün, vor. Sieht man jedoch genauer hin, fällt einem auf: Der klassischen Supermarkt-Norm entsprechen nicht alle der einsortierten Vitamin-Lieferer. Der Hofbauernhof im Loßburger Ortsteil Schömberg wird nämlich nach dem Credo geführt: Was in der Natur wächst, ob krumm, mal kleiner oder größer, hat trotzdem seine Berechtigung, auf den Tisch zu kommen.

Wesentlich mitbegründet haben diese Idee Iris Grimm (38) und Roland Lübbertsmeier (44). Die gelernte Gärtnerin ist Chefin über die Ökokisten-Sparte des Hofbauernhofs. „Es ist einfach der optimale Vermarktungsweg, um eigenes Gemüse an den Kunden zu bringen“, erklärt Grimm, die auch Kunden im Raum Horb, wo es keinen Biomarkt mehr gibt, bedient.

Vier Freunde, eine Idee

2005 begannen Grimm und Lübbertsmeier mit zwei Freunden, das Konzept des damaligen Schömberger Hofladens umzustrukturieren. „Es war die goldrichtige Entscheidung, alleine hätte sich der Laden nicht getragen“, sagt der 44-jährige Lübbertsmeier heute. Den Hof haben die vier ausgebildeten Landwirte, die sich während ihres Agrarwissenschafts-Studiums kennengelernt haben, vom vormaligen Betreiber gepachtet. „Der Besitzer hat keine Kinder, die den Betrieb weiterführen könnten, wollte aber, dass hier langfristig Öko-Landbau betrieben wird“, erzählt Lübbertsmeier.

Die vier Freunde, die den Hof mitsamt Backstube, Landwirtschaft, Gemüseanbau und Erlebnis-Pädagogik betreiben, stammen dabei aus völlig verschiedenen Ecken der Welt: Roland Lübbertsmeier kommt aus Wuppertal, Kollegin Iris Grimm wuchs in Portugal auf. Außerdem vervollständigen ein Österreicher und eine Kasslerin das Öko-Quartett von Schömberg.

Den Hof übernahmen sie vor knapp zwölf Jahren mit 23 festen Kunden vom Vorpächter. „Aber das lässt sich nicht mit heute vergleichen. Damals gab es ein paar Bestellungen, die maximale Kundenanzahl war begrenzt. Wir nehmen heute alle, die wollen“, erklärt Lübbertsmeier. Im Juli 2005 fing das Quartett in Schömberg an, bereits Ende des Jahres war die 200-Kunden-Marke geknackt. „Das ging ratzi-fatzi“, sagt der Wuppertaler. Bis 2015 hätte das Geschäft geboomt, bis zu 800 Kisten-Abonnenten hatte der Hof zwischenzeitlich. Mittlerweile hat sich die Anzahl auf 600 eingependelt.

Auch das Angebot hat sich über den Lauf der Zeit verändert. „Das hat sich von ausschließlich unseren eigenen Produkten zu einem vollwertigen Sortiment entwickelt“, berichtet Roland Lübbertsmeier. Zunächst habe man alles noch selbst gestemmt – ernten, packen, fahren. Heute hat der Hofbauernhof neben den vier Gründern drei externe Kräfte für die Ernte, drei Fahrer sowie drei Bürokräfte.

Die Idee und letztendliche Entscheidung für die Ökokisten fiel laut Lübbertsmeier aus einem einfachen Grund: „Wenn du auf den Markt gehst, kann es sein, dass du die Hälfte wieder mitbringst. So wissen wir genau, wie viel wir jeden Tag brauchen.“ Auch sei der Trend zu individuellen Wünschen in den vergangenen Jahren stark zu spüren. „Die Leute sind anspruchsvoller“, sagt der 44-Jährige. Wenn man ein bestimmtes Produkt nicht anbiete, würden die Kunden schnell abspringen. So sei das Sortiment immer größer geworden. Alleine 200 verschiedene Käsesorten hat der Laden mittlerweile im Angebot.

„Wir haben keinen klassischen Kundenstamm. Es gibt aber viele jüngere Familien mit Kindern“, erzählt Lübbertsmeier. Geliefert wird nach Norden bis Bad Wildbad, im Süden sogar bis über Donaueschingen hinaus. Allerdings gibt es eine Richtlinie: „Damit das Ganze ökologisch Sinn macht, versuchen wir, pro Kunde maximal drei Kilometer Fahrstrecke einzuplanen“, berichtet Iris Grimm. In Horb hat der Hofbauernhof derzeit 56 Abonnenten.

Am Anfang hat die gelernte Gärtnerin die Kisten noch in einer Garage gepackt, heute geschieht das – mit der Unterstützung zweier Mitarbeiterinnen – in einer eigens dafür eingerichteten Halle. Es gibt einen Kühlraum und drei Packstellen. Dort wird individuell jede Kiste zusammengestellt. Am Morgen holt ein Fahrer dann die fertig gepackten Kisten ab – grün sind die Obst-/ und Gemüsebehälter, rot die Kisten, mit Milchprodukten – und liefert sie an die Kunden.

Doch einige Abonnenten haben nicht nur Gefallen an deren Inhalt gefunden: „Manchmal müssen wir schon einen kleinen Aufruf starten, damit die Leute mal ihren Keller leeren und die Kisten zurückgeben“, sagt Lübbertsmeier lachend. Zwar müssen Kunden für jede Kiste Pfand bezahlen, aber letztere seien eben „verdammt praktisch“. „Daher bieten wir die Kisten selbst mittlerweile zum Verkauf an“, erzählt der 44-Jährige. Und so wächst das Schömberger Sortiment immer weiter.

Iris Grimm ist Chefin der Ökokisten-Sparte des Hofbauernhofs. Insgesamt bieten die Schömberger acht vorgefertigte Kisten-Sorten an.

Iris Grimm ist Chefin der Ökokisten-Sparte des Hofbauernhofs. Insgesamt bieten die Schömberger acht vorgefertigte Kisten-Sorten an.

Das Kisten-Angebot des Hofbauernhofs:

Der Schömberger Hofbauernhof bietet acht vorgefertigte Ökokisten an: Die Gemüsekiste, die Obstkiste, die Mixkiste, das Salatkarussel, die Muki-Kiste, die Pausenkiste, die Rohkostekiste und die Käsetüte. Zur Modifizierung der einzelnen Kisten werden die Bestellungen zudem in drei Typen unterteilt: Typ A („Laisse-faire“) lässt sich von den wöchentlich wechselnden Kisten-Kreationen überraschen und überlässt die Planung den Lieferern. Typ B („Schau‘n wir mal“) modifiziert die gewählte Kiste und ergänzt oder streicht beliebige Inhalte. Typ C („Only the lonely“) stellt die komplette Kiste selbst zusammen, ohne Vorlage. Außerdem ist es möglich, Größe und Lieferzeit zu individualisieren. Neben den Obst- und Gemüsekisten bietet der Hofbauernhof zudem Gebäck, Fleisch, Honig und weitere Produkte aus dem Naturkosthandel an. Weitere Informationen und Bestellungen unter www.hof-bauern-hof.de.

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Erstellt:
27.06.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 39sec
zuletzt aktualisiert: 27.06.2017, 01:00 Uhr

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