Ein überragender Bruno Ganz, eine sehr korrekte Illustration dessen, was man weiß.

Der Untergang

Ein überragender Bruno Ganz, eine sehr korrekte Illustration dessen, was man weiß.

24.11.2015

Von Peter Ertle

Der Untergang

Was ist nicht schon alles geschrieben worden über diesen Film. Dabei wird genau über diesen Film, wenn sich der Medienhype erst einmal gelegt hat, weniger diskutiert werden als über jeden anderen Streifen. Weil es über Eichinger/Hirschbiegels „Der Untergang? kaum etwas zu diskutieren gibt. Der Film stellt keine Fragen und gibt keine Antworten. Die über ihn schreiben, momentan um so mehr:

Darf man Hitler als Mensch darstellen? Ja natürlich, man soll das sogar, er war ja wohl einer. Der Film wagt sich da gar nicht mal weit vor. Es gibt zum Beispiel Überlieferungen, dass Hitler mit dem kleinen Sohn eines Vertrauten auf allen Vieren Eisenbahn spielte und den Takt der langsam in Gang kommenden Lok lautmalerisch mit dem Reim „Höfts ma, höfts ma, höfts ma? (österreichisch für: Helft mir) intonierte, den schneller fahrenden Zug schließlich mit einem „Geht scho bessa, geht scho bessa, geht scho bessa? zum Klingen brachte. Süß, nicht? So was kommt in diesem Film aber nicht vor, er ist politisch sehr korrekt, was Vor- und Nachteile hat.

Kann, darf man den Holocaust im Film darstellen? Das wird nie ausdiskutiert sein, für ehemalige Lagerinsassen ist es vielleicht auch gänzlich indiskutabel. „Der Untergang? aber zeigt die Opferseite „nur? in Form von Goebbels Kindern. Der Mord an ihnen ist darstellbar. Das kann man einfach mal feststellen.

Das Politische habe heute wenig Konjunktur, jetzt kämen die Filme, die Privates in den Vordergrund stellten, liest man, auch über „Der Untergang?. Als wäre das große Kino jemals an Politischem im engeren Sinn interessiert gewesen.

Goebbels hat vorausgesehen, dass über die Tage im Bunker später ein Film gemacht wird. Wahrscheinlich deswegen ? und verschärft durch die Verbindung mit der hier fast ungebrochenen, unkommentierten Schein-Authentizität ? lautet ein anderer, immer wieder mal erhobener Vorwurf, der Film mache sich die Sicht der Nazis auf ihren eigenen Untergang zu eigen: Das ist barer Unsinn, „Der Untergang? eignet sich mitnichten für Verklärungen. Das einzige Körnchen Wahrheit an diesem Vorwurf ist die starke Affinität der Nazi-Ideologie zur Theatralik, ihr Hang zum Triumphalen (und dessen Rückseite, dem Katastrophischen). Von Theatralik aber lebt das große Kino. Triumph und Katastrophen haben dort immer Konjunktur.

Der Film zeigt zwar, was wir so noch nicht gezeigt bekommen haben, er zeigt uns aber rein gar nichts, was wir nicht schon wüssten, er kann auch nicht erklären, was statt fand. Auch das wird ihm bisweilen zum Vorwurf gemacht, ein seltsamer Vorwurf. Denn dieses Kapitel der deutschen Geschichte wird ein unfassbares bleiben (was nicht heißt, dass es darin nichts zu verstehen, nichts daraus zu lernen gäbe), das bringt schon die Dimension mit sich. Hätte der Film versucht, zu analysieren, zu interpretieren, man hätte ihm genau dieses zum Vorwurf gemacht.

Ein intelligenter, eigenwilliger, vielleicht politisch unkorrekter, unsere Sehweisen auf die Probe stellender Autorenfilm wäre schöner gewesen. Aber in keinem großen Kino gelaufen. Soll man, was nicht ist und auch kaum jemand interessieren würde, zur radikalen Messlatte seines Urteils machen oder nicht doch einen Film nach seinen eigenen Bedingungen und den Gegebenheiten der Realität beurteilen? So. Jetzt könnte man anfangen, wirklich über den Film zu schreiben, vielleicht genau einen kurzen Satz: Bruno Ganz schreibt mit dieser Rolle sicher Kinogeschichte.

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 43sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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Kamber Yilmaz 16.10.200412:00 Uhr

Ein sehr guter Film ab und zu verliert man zwar den Überblick aber er ist super

Hans 16.10.200412:00 Uhr

Natürlich lehrnt man nichts Neues dazu.Die Schaupieler vorne weg Bruno Ganz und Cornelia Horfourch sind brilliant. Die Kampfszenen um die Schlacht um Berlin hätte man sich sparen können.Etwas Entfremdung hätte da sicher gut getan.Teile des Militärs kommen zu gut weg.Hat mir überhaupt nicht gefallen.Die Figur Speer kam leider etwas zu kurz ( sehr gut gespielt). Habe den Film mit einer Gruppe 14jähriger Hauptschüler besucht, sie konnten nichts damit anfangen.

Helge 06.10.200412:00 Uhr

Der Film schafft es, den für und heute absolut unfassbaren Wahnsinn auf die Menschen zurückzuholen. Ich finde das erleichtert das Verstehen schon. Außerdem ist die Besetzung schlicht klasse. Ich hoffe daß daraus alle den Schluß ziehen, daß so etwas nicht mehr geschehen darf. Verklären kann der Film nicht, aber die Menschen können einen Film verklären, fürchte ich.
Am unfassbarsten bleibt für mich wie man als Mutter seine fünf Kinder umbringen kann. So fanatisch kann man doch gar nicht sein.

Reinhard 04.10.200412:00 Uhr

Nur die schauspielerische Leistung und die letzten 10 min des Filmes haben mich bewogen nicht noch schlechter zu bewerten. Der Film zeigt (wie in der Filmkritik von Peter Ertle beschrieben) nichts neues. Der Perspektivenwechsel hätte allerdings genutzt werden können um mehr daraus zu machen. Man sieht die beteiligten Personen wie sie in einem sehr kurzen Zeitraum waren - nicht aber wie sie so geworden sind. Somit wird ein unvollständiges Bild vermittelt und ein verzerrtes Abbild der Wirklichkeit dargestellt. Meine Erwartungen neues über diese Zeit und die beteiligten Personen dazuzulernen blieben leider unerfüllt.

Lisa 03.10.200412:00 Uhr

Der Film ist echt genial, aber man sollte sich ehct auf etwas gefasst machen. Man kommt wie gelähmt aus dem Kino, aber echt zu empfehlen.

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