Erinnerungsalbum an einen schönen Fußballsommer aus Sicht eines eingebetteten Journalisten.

Deutschland. Ein Sommermärchen

Erinnerungsalbum an einen schönen Fußballsommer aus Sicht eines eingebetteten Journalisten.

24.11.2015

Von che

Deutschland. Ein Sommermärchen

Es war einmal eine Mannschaft, die von aller Welt für ihren ungelenken Rumpelfußball verhöhnt wurde. Zwei Jahre später verpasste die rundumerneuerte Elf nur hauchdünn den Einzug ins WM-Finale und sorgte mit ihrem frischen Offensivspiel für große Begeisterung im Land. Der Regisseur („Das Wunder von Bern?) und frühere Fußballprofi (SpVgg Erkenschwick) Sönke Wortmann hat die letzte Etappe dieses Märchens, vom Traingscamp in Sardinien bis zum Beinahe-Happyend beim kleinen Finale in Stuttgart, mit der Filmkamera hautnah verfolgt: nicht aus künstlerischem oder journalistischem Interesse, sondern als bedingungsloser Fan, dem kritische Distanz gleichbedeutend mit Landesverrat wäre. Das hat Vor- und Nachteile.

Als allseits akzeptierter Hotelzimmer- und Kabinen-Berichterstatter gelingen Wortmann zweifellos intimere Bilder als sie den Sommer über im Fernsehen zu sehen waren. Wer schon immer Lukas Podolski halbnackt im Bett fläzen und Jens Lehmann auf dem Weg in die Dusche sehen wollte, wer Jogi Löw beim Vollkritzeln der Taktik-Tafel und Jürgen Klinsmann beim Einpeitschen auf den nächsten Gegner über die Schulter schauen will, ist hier goldrichtig. Schön auch, wie sonst so selbstbewussten Profis zu schüchternen Konfirmanden erstarren, als Angela Merkel zu Besuch kommt. Über dieses Fußballer-Menschliche hinaus bietet das „Sommermärchen? jedoch nahezu nichts.

„Deutschland? ist verengt auf den Blick aus dem Mannschaftsbus, vor dessen Fenster sich Bundeswehrsoldaten zu grotesken La-Ola-Wellen hinreißen lassen. Dass es während der WM nicht nur patriotischen Taumel gab, sondern die Welt zu Gast bei Freunden war, scheint Wortmann dagegen nicht bemerkt zu haben oder er will davon nichts wissen. Nicht einmal, wer das Turnier gewonnen hat, erfährt man in diesem Film.

Dennoch will der verschiedentlich geäußerte Vorwurf, der Regisseur mache nach dem „Wunder von Bern? weiter Deutschland-über-alles-Stimmung, nicht recht greifen. Auch wenn Wortmann in Interviews diesen Verdacht durchaus nährt ? der Film selbst ist dazu viel zu kindlich vernarrt in seine Schweinis und Poldis. Wirklich befremdlich ist nur der martialisch unflätige Wortschatz, mit dem der angebliche Motivationskünstler Klinsmann seine Jungs auf den Platz treibt. „Scheiße weghauen?, „eins auf die Fresse geben? ? offenbar kriegt man heutige Nationalspieler auch nicht anders heiß als unsereins früher in der B-Jugend des TSV Gaildorf.

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 07sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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J.B. 18.11.200612:00 Uhr

Muss schon sagen: sehr cooler Film. Interessant zu sehen, was außerhalb vom Spielfeld so geht. Und die Erinnerung an so eine Stimmung im Land ist klasse. Da kommt einem teilweise Gänsehaut auf. Schade nur, dass das so an die Fußball-Nationalmannschaft gebunden ist...

Yussuf, der T 17.11.200612:00 Uhr

Coole Beweihräucherung Eurer sonst so von Selbsterniedrigung gebeugten Nation.

fussballfan 17.11.200612:00 Uhr

es war einfach nur geil

Andr 14.11.200612:00 Uhr

hab den film zwar irgendwie nicht verstanden da ich nicht ganz mitkam, aber fussball ist goil!
greetz

Achmed Lachnet 12.11.200612:00 Uhr

SUPIFILM, endlich hatte ich als Türk-Deutscher auch mal wieder was zu lachen!

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