Utopischer Knast- und Flucht-Thriller vor dem Hintergrund krimineller Gentechnik-Machenschaften.

Die Insel

Utopischer Knast- und Flucht-Thriller vor dem Hintergrund krimineller Gentechnik-Machenschaften.

24.11.2015

Von che

Die Insel

Die besten Gefängnisse sind die, von denen die Insassen nichts ahnen, weil es ein Draußen angeblich gar nicht gibt. So wie in diesem futuristischen, aus Hotel, Klinik und Kaserne zusammendesignten Wohnkomplex der nahen Zukunft. Hier fristen Tausende weiß uniformierter Menschen mit merkwürdigen Namen wie Lincoln Six-Echo (Ewan MacGregor) oder Jordan Two-Delta (Scarlett Johansson) ein Leben mit Rundumversorgung ? eintönig aber angstfrei. Die Erde, erzählt man ihnen, ist seit einer Umweltkatastrophe unbewohnbar. Letztes Refugium des Altirdischen ist eine mysteriöse Insel, auf die von Zeit zu Zeit einige per Los ermittelte Glückspilze auswandern dürfen.

Doch dieses Szenario entpuppt sich bald als ein gigantischer Schwindel. Alle Bewohner dieser Hightech-Festung sind in Wirklichkeit Klone, die sich reiche Leute als lebende Ersatzteillager halten. Und die „Insel? ist ein Synonym fürs buchstäbliche Ausschlachten der Doppelgänger. Um einem solchen Schicksal zu entgehen, wagen Lincoln und Jordan eine halsbrecherische Flucht aus der bösen neuen Welt.

Seit 1997 das Schaf Dolly aus dem Erbgut seiner Mutter geklont wurde, zweifelt kaum noch jemand daran, dass dies grundsätzlich auch beim Menschen möglich ist. Die daher rührenden Ängste und Hoffnungen macht sich Regisseur Michael Bay für seinen Gentechnik-Thriller clever zunutze. Da ist einmal der Traum, sämtliche Krankheiten heilen und das Leben in Richtung Ewigkeit verlängern zu können. Die Seite der Skeptiker bestärkt der Film mit der düsteren Vision einer neuen Klasse rechtlosen Menschenmaterials in der Verfügungsgewalt von moralfreien Konzernen und deren gleichgültiger Kundschaft.

Mehr sozialkritische Vertiefung sollte man von der „Insel? allerdings nicht erwarten. Was auch daran liegt, dass der Film zur Rettung seiner Story bei grobem wissenschaftlichem Unfug Zuflucht sucht (oder sind Träume neuerdings vererbbar?). Den Unterhaltungswert mindert das freilich kaum. Teil eins besticht als einfallsreich gestyltes Update großer Negativ-Utopien der Filmgeschichte wie „Soylent Green? oder „THX 1138?. Den keimfreien, uniformen Sicherheitstrakt darf man wohl auch als Seitenhieb auf jene Gentech-Verfechter verstehen, aus deren Weltbild alles Nicht-Perfekte und Unwägbare eliminiert ist. Die zweite Hälfte dekliniert dann routiniert das Auf-der-Flucht-Genre durch, wobei Bay elegant die Balance hält zwischen ruhig knisternder Spannung und krachender (aber virtuos inszenierter) Action, die der Regisseur von „Pearl Harbor? und „Bad Boys 2? als sein Markenzeichen kultiviert.

Ob der Macher dieser erzreaktionären Vaterlands-Vergötterungen jetzt aber zu den Guten gehört, ist fraglich. Mit seiner Klon-Krittelei liegt er vielmehr wieder einmal ganz auf der Linie von George W. Bush.

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 15sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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Boris Dollinger 06.08.200512:00 Uhr

Okay, das von Michael Bay keine differenzierte Abhandlung zum Thema Kloning zu erwarten war, sondern das Thema nur als Aufhänger für einen Actionfilm herhalten würde war von vornherein klar. Dementsprechend überraschend ist, daß der Film tatsächlich zu Anfang leicht auf die moralischen Implikationen des Klonens eingeht. Der Anfang, dh. der Teil des Films bis zur Flucht ist definitiv auch der Höhepunkt des Films, da hier noch eine Balance zwischen Action und Story gehalten wird. Mit der Flucht verkommt "The Island" leider nur noch zur reinen Actionverfolgungsjagd und altbekannten Bayschen Materialschlacht, bei der neben Handlung und Logik aufgrund der etwas zu sehr ausgewälzten Länge des Ganzen zunehmend auch die Geduld des Zuschauers auf der Strecke bleibt. Alles in allem bleibt "The Island" jedoch immer noch ein recht unterhaltsamer und solide inszenierter, wenn auch nicht sehr einprägsamer Actionfilm, der zudem Bays bestes Werk seit "The Rock", also immerhin 10 Jahren darstellt.

Loddar 06.08.200512:00 Uhr

Die Story wird in der ersten halben Stunde sehr spannend und schlüssig aufgebaut, dann verkommt der Film leider zu einem nullachtfünfzehn action-Streifen. Schade drum!

I.C. Wiener 04.08.200512:00 Uhr

An einigen Stellen wäre etwas weniger Action angebracht. Trotzdem ganz nette Unterhaltung.

Eva 04.08.200512:00 Uhr

reingehen ansehen!

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