Wim Wenders mal leicht und locker. In seinem amerikanischem Traumland werden sogar Wunder wahr.

Don't Come Knocking

Wim Wenders mal leicht und locker. In seinem amerikanischem Traumland werden sogar Wunder wahr.

24.11.2015

Von che

Don't Come Knocking

Don?t come knocking, auf gut deutsch: verzieh? dich, steht auf dem Schildchen am Wohnwagen des abgetakelten und wieder einmal verkaterten Western-Stars. Die Aufforderung kommt allerdings zu spät, denn Howard Spence hat sich bereits selbst aus dem Staub gemacht, stilecht im Galopp durch die Prärie, bloß weg von der Filmcrew, die verzweifelt auf den Auftritt ihres Cowboys wartet. Irgendein vager Instinkt treibt Spence zu seiner alten Mutter, um die er sich seit Jahrzehnten einen Dreck gekümmert hat. Und dann weiter in die verschlafene Provinzstadt Butte, wo er, wie ihm beiläufig zugetragen wird, vor langer Zeit eine Serviererin geschwängert haben soll.

20 Jahre nach ihrem Welterfolg mit „Paris Texas? haben sich Wim Wenders (Regie) und der amerikanische Schriftsteller Sam Shepard (Drehbuch, diesmal auch Hauptdarsteller) wieder zusammengetan und überraschend einen Film aus dem Hut gezaubert, den man ruhig als kleines Meisterwerk deklarieren darf. Dabei ist der Plot nicht rasend originell. Nach einem verpfuschten Leben voller gebrochener Herzen und verletzter Seelen am Wegesrand macht sich der müde, in Selbstmitleid zerfließende alte Mann auf die Suche nach Heimat. Nach jener Nestwärme und Nächstenliebe, die er selbst nie zu geben bereit war.

Daraus hätte man ohne weiteres ein schwermütiges Drama machen können wie es schon „Paris Texas? im Ansatz war, doch diesmal nimmt Autor Shepard die erstbeste Ausfahrt ins (Selbst-)Ironisch-Märchenhafte. Weswegen Howards zunächst rührend komische Versuche, die Trümmer seines Lebens beiseite zu schaufeln, das emotionale Wrack wieder flott zu kriegen, wie durch ein Wunder zum Erfolg führen.

Wenders unterstreicht die augenzwinkernd versöhnliche Note durch eine Lust und Leichtigkeit der Inszenierung, die man dem notorischen Grübler gar nicht mehr zugetraut hätte. Um Realismus, sozialen oder psychologischen, schert er sich von vornherein keinen Deut. Stattdessen baut er Einstellung für Einstellung an einer nostalgischen Sehnsuchtswelt, in der sich mythische Western-Landschaften, Rock?n?Roll-Reminiszenzen, Edward-Hopper-Szenerien und manches mehr zu einem artifiziellen Traumbild vom guten alten Amerika verdichten. Als Gesamt-Tableau überzeugt das nur in Maßen; die Details aber sind so virtuos komponiert und elegant verschränkt, dass man die Mär, wonach man nur lange genug klopfen muss, um eingelassen zu werden, gut gelaunt durchwinkt.

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 07sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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ffetz 09.09.200512:00 Uhr

Super Film - Super Musik

Tine Hanrieder 06.09.200512:00 Uhr

Wim Wenders als schlechte Jim Jarmusch-Kopie und nicht so guter Wenders. Die ikonenhafte blonde Tochter ist so gezwungen und unplausibel, wie die Musik überdosiert ist.
Dort wo platte Kommentare, Musik oder platitüdenhafte Texte fehlen, ist der Film am stärksten, und verbreitet die Kälte der Verlorenheit und Depression

Christian 06.09.200512:00 Uhr

Der Film war langweilig und langatmig. Er war grauenhaft. Ich hab ihn nicht verstanden!

Katharina 04.09.200512:00 Uhr

Schöne Landschaftsaufnahmen, markante und überzeugende Schauspieler, eine Ironie, wie sie nur das wahre Leben mit sich bringt - ein besonderer, sehr lebendiger Film, der ohne große Worte auskommt und der auf seine eigene Weise sehr "liebenswürdig" ist und sich wohltuend von vielen anderen Filmen über und "made in America" abhebt - ein Werk von Wim Wenders eben.

ms 04.09.200512:00 Uhr

Grandios!

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