Woody Allen macht‘s wie Andre Agassi: Je oller, desto doller.

Match Point

Woody Allen macht‘s wie Andre Agassi: Je oller, desto doller.

24.11.2015

Von che

Match Point

Tennisspieler wissen um die Bedeutung der Netzkante. Da können, zumal beim alles entscheidenden Matchball, Millimeter den Ausschlag über Wohl oder Wehe, Sieg oder Niederlage, geben. Und oft dauert es eine atemraubende Schrecksekunde, bis der Ball sich auf die eine oder andere Seite bequemt. Dass es im Leben manchmal genau so hergeht, demonstriert Woody Allen in seinem vierzigsten Film, der vielleicht sein bester geworden ist.

Jonathan Rhys-Meyers („Kick it like Beckham?) spielt den ehemaligen Tennisprofi Chris Wilton, der sich nach einer mittelprächtigen Karriere als Trainer in einem Nobelclub verdingt. Dort gerät der gut aussehende und grundanständige junge Mann in den Orbit einer reichen Industriellen-Familie, insbesondere deren heiratswilliger Tochter Chloe (Emily Mortimer). Doch obwohl man ihn mit diskreter Herzlichkeit in die Familie und Papas Firma aufnimmt, bleibt bei Chris ein Rest von Unbehagen. Es treibt ihn in die Nähe seiner angehenden Schwägerin (Scarlett Johansson), die nicht nur hinreißend sexy ist, sondern wie er aus bescheidenen Verhältnissen stammt. Die Affäre verläuft mit maximaler Leidenschaft ? würde sie allerdings auffliegen, wäre es das Ende aller Aufstiegsträume.

Es geht also ums soziale Emporkommen und die Frage, wo Charakter und Moral auf dem Weg an die Gesellschafts-Spitze bleiben. Vor einer sauertöpfischen Studie, die das hätte werden können, bewahren den Film die so präzise wie im Guten und Bösen liebevoll gezeichneten Figuren. Allein wie Scarlett Johannson, die im Gegensatz zu ihrem Fremdgänger von der Society ausgespien wird, hypertragisch vom kühl berechnenden Erotikbündel zur glanzlos leidenden Proll-Blondine abstürzt, ist eine Kinokarte wert.

Hinzu kommt ein unerhört raffiniertes Drehbuch mit stupenden Brüchen, Tempo- und Genrewechseln. Aus einem lockeren Beziehungsreigen mit Anklängen an den klassischen Gesellschaftsroman (Thackeray) wächst unmerklich das Psychogramm eines vom unverschämten Glück in die Enge getriebenen Parvenüs. Am Ende steht ein Krimi, der sich den Luxus leistet, alle eingeübten Erwartungen fies zu unterlaufen. So satt kam man, außer bei Jarmusch, in diesem Jahr noch nicht aus dem Kino.

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 01sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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Denise 08.01.200612:00 Uhr

Sehr sehr guter Film! Wir haben uns danach noch ewig darüber unterhalten, wie sehr das Leben doch von Kleinigkeiten abhängt und wie auf den ersten Blick Negatives das Leben doch in die bessere Bahn lenken kann! Unbedingt ANSCHAUEN! :)

Taras Bulba 08.01.200612:00 Uhr

Die ganze Absurdität am Abgrund des Lebens!

Woody Allen 08.01.200612:00 Uhr

Eher mittelmäßiger Film kann diese ja fast grenzenlose Begeisterung nicht verstehen. Für die, die das Geld haben.

Mister Zufall 07.01.200612:00 Uhr

Ich glaube, dass das Glück nicht die entscheidende Dimension ist, wir sind die Macher und nicht der Zufall, den es so nicht gibt. Alles wird von uns erzeugt durch unser Handeln, denn wir konstruieren die Welt.
So gesehen eine nette Unterhaltung, aber schon nach ein paar Stunden dachte ich, was war das für ein Film. Richtig berührt hat er mich nicht.

Dr. Astrid Gerrards-Hesse 05.01.200612:00 Uhr

Besser geht´s kaum....

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