Grün-Schwarz

„Bleiben Sie daheim“

Regierungschef Kretschmann verkündet weitere Maßnahmen im Kampf gegen Corona und Innenminister Strobl harte Sanktionen bei Verstößen.

21.03.2020

Von ROLAND MUSCHEL

Alleine geht's noch: Joggerin im Stadtpark vor der Kulisse des Freiburger Münsters. Foto: Patrick Seeger/dpa

Alleine geht's noch: Joggerin im Stadtpark vor der Kulisse des Freiburger Münsters. Foto: Patrick Seeger/dpa

In Baden-Württemberg gelten im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus von diesem Samstag an weitere Einschränkungen für Bürger und Gastronomie. Das Land werde „alle Restaurants und Gaststätten“ schließen, verkündete Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Gaststätten und Restaurants dürfen weder in ihren Räumen noch im Außenbereich Gäste bewirten, ein Thekenverkauf zur Mitnahme von Speisen bleibt erlaubt. Gleichzeitig greift ein Verbot von Zusammenkünften im öffentlichen Raum. Es dürften „nicht mehr als drei Personen“ zusammenkommen, sagte Kretschmann, ausgenommen seien Eltern mit ihren Kindern.

„Wir sind uns bewusst, dass wir damit noch tiefer in die Grundrechte der Bürger eingreifen“, sagte Kretschmann. Aber das tue man, um die Gesundheit der Bürger zu schützen – auch derjenigen, die sich über die bisherigen Maßnahmen hinwegsetzten. „Es sind zu viele, die sich nicht daran halten.“

Kretschmann appellierte an die Bevölkerung, „auch im Privaten keine Treffen und Veranstaltungen“ abzuhalten. „Wir müssen jetzt auf die Schwächsten unserer Gesellschaft Rücksicht nehmen. Bleiben Sie daheim, reduzieren Sie ihre Kontakte.“ Er erwies auf die steigende Zahl an Corona-Todesfällen im Land, aber auch auf die Lage in der Nachbarregion Elsaß, die bereits über 60 Tote zu beklagen hat. „Die Lage ist nach wie vor stark dynamisch.“

Ihn hätten auch viele Bitten aus der Bevölkerung erreicht, die Maßnahmen zu verschärfen, sagte Kretschmann. Die neuen Vorgaben gelten bis 15.?Juni, können aber vorher außer Kraft gesetzt werden.

Innenminister Thomas Strobl (CDU) kündigte an, dass die Polizei die Vorgaben des Landes schon an diesem Wochenende kontrollieren und Verstöße ahnden werde. „Verstöße sind keine Bagatelle.“ Vielmehr drohten Geldbußen bis 25?000 Euro und mehrjährige Haftstrafen. Die Lage sei sehr ernst. Jugendliche, die sagten, ihnen sei es egal, ob sie sich infizierten, weil ihr Immunsystem gut sei, handelten „verantwortungslos und grob rücksichtslos“.

Berufspendler, die von Frankreich nach Baden-Württemberg zur Arbeit kommen, würden Passagierscheine erhalten, sagte der Innenminister weiter. Diese berechtigten zur Einfahrt nach Baden-Württemberg, aber nicht zum Einkauf.

Die neuen Maßnahmen sollten dazu dienen, die tatsächlichen Sozialkontakte unterhalb einer Ausgangssperre so weit wie möglich und geboten zu verringern, hieß es in Regierungskreisen. Gleichzeitig lässt Kretschmann aber die Voraussetzungen einer Ausgangssperre für den Fall prüfen, dass die Ministerpräsidenten und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag zum Schluss kommen sollten, dass auch dieser Schritte unvermeidbar wird. Strobl: „Wenn das nicht funktioniert, wenn es weiter zu viele uneinsichtige Menschen gibt, wird zu weiteren Verschärfungen kommen müssen.“

Eisenmann will mehr

Die sind aus Sicht von Susanne Eisenmann, der CDU-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, überfällig. Sie halte „umgehende Ausgangssperren für zwingend“, verkündete sie via „Heilbronner Stimme“ und „Mannheimer Morgen“ wenige Minuten, bevor Kretschmann und Strobl ihre Maßnahmen öffentlich machten.

Bei den Grünen sorgte das für massive Verstimmungen: Eisenmann torpediere damit Vereinbarungen im Kabinett im Landes und die Absprache der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Merkel, über einen solchen Schritt erst am Sonntag zu sprechen.

Anders als Eisenmann begrüßte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch die von Kretschmann und Strobl verkündete Vorgehensweise: „Eine allgemeine Ausgangssperre stellte das schärfste Mittel dar, würde aber auch die bestrafen, die sich verantwortlich verhalten.“ Deshalb sei ein Niederlassungsverbot der möglicherweise letzte Versuch, eine Ausgangssperre, die noch tiefer in unsere Bewegungsfreiheit eingreifen würde, zu verhindern. Die FDP vermeldete, dass ein Fraktionsmitglied – der Schwäbisch Haller Abgeordnete Stephen Brauer – positiv getestet worden sei.

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Erstellt:
21.03.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 42sec
zuletzt aktualisiert: 21.03.2020, 06:00 Uhr

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