Gäubahn

Der Horber Bahnhof geht zweimal vom Netz

Zum ersten Mal äußert sich die DB Netze explizit zum Ausbau-Projekt: Am 30. Juli 2023 soll es richtig losgehen – und am 1. November abgeschlossen sein.

20.08.2021

Von Manuel Fuchs

Die DB Netz hat die beiden Bauprojekte „Zweigleisigkeit“ und „Elektronisches Stellwerk“ planerisch verknüpft, um die Beeinträchtigungen zu reduzieren. Die beiden Projektleiter Andreas Albrecht und Jonas Würth bringen Ordnung ins Wirrwar der Abläufe.Bild: Karl-Heinz Kuball

Die DB Netz hat die beiden Bauprojekte „Zweigleisigkeit“ und „Elektronisches Stellwerk“ planerisch verknüpft, um die Beeinträchtigungen zu reduzieren. Die beiden Projektleiter Andreas Albrecht und Jonas Würth bringen Ordnung ins Wirrwar der Abläufe.Bild: Karl-Heinz Kuball

Der zweigleisige Ausbau des Gäubahn-Abschnitts Horb–Neckarhausen und der Neubau eines Elektronischen Stellwerks (ESTW) am Horber Bahnhof sind zwei weitgehend unabhängige Bauprojekte. Die DB Netze hat die Planung beider Vorhaben jedoch gebündelt und erhofft sich davon, die Beeinträchtigungen durch Streckensperrungen und Baulärm sowie die Kosten niedriger zu halten. Der Horber Bahnhof soll vom 6. bis 19. August 2022 und vom 25. August bis 3. September 2023 außer Betrieb genommen werden. Züge enden dann an den Nachbarstationen Eutingen und Sulz, Busse sollen die Lücke schließen.

Andreas Albrecht, Technischer Leiter des zweigleisigen Streckenausbaus, und Jonas Würth, der in gleicher Funktion für das ESTW zuständig ist, stellten der SÜDWEST PRESSE die Vorhaben detailliert dar.

Gleisausbau beginnt 2023

Das Projekt „Zweigleisigkeit“ steht noch in der Ausschreibungsphase. Die Arbeiten sollen demnächst vergeben sein, sodass noch in diesem Jahr eine Ausführungsplanung erstellt werden kann. 2022 stehen Vorarbeiten auf dem Plan, für die Albrecht höchstens geringe Auswirkungen für Zugreisende und Autofahrer auf angrenzenden Straßen verspricht: Die Baustraßen sollen hergestellt, Stütz- und Lärmschutzwände errichtet werden. Außerdem sind Gründungsarbeiten für Signale und die Masten der neuen Oberleitung vorgesehen.

Der eigentliche Ausbau beginnt 2023: Die bestehende eingleisige Strecke wird saniert, ein zweites Gleis verlegt und eine zweite Oberleitung installiert. Die Weichen in Horb und Neckarhausen müssen an die neuen Gegebenheiten angepasst werden.

Lärmschutz für Anwohner

Auf Höhe Ihlingen und Dettingen sind zwei Lärmschutzwände und vier Stützbauwerke geplant, zwei bestehende Stützwände sollen stabilisiert werden. Diese Bauwerke haben ihr Planfeststellungsverfahren bereits überstanden; die Ihlinger Lärmschutzwand wird 720 Meter lang und zwei bis zweieinhalb Meter hoch. Ihr Pendant bei Dettingen soll 660 Meter Länge und eineinhalb bis zweieinhalb Meter Höhe aufweisen. Außerdem, so erläutert Albrecht, stehe ein Büro bereits im Kontakt mit Anwohnerinnen und Anwohnern in Horb-Ihlingen und Horb-Dettingen, die mutmaßlich besonders von Geräuschimmissionen betroffen sein werden. Sie können an ihren Häusern – auf Kosten der DB Netze – schalldämmende Fenster setzen lassen. Albrecht geht davon aus, dass dies vor Beginn der Gleisarbeiten abgeschlossen ist, damit die Anwohner der Strecke bereits während der Bauzeit vom verbesserten Schallschutz profitieren.

Langfristige Vorteile

Der Schritt von der eingleisigen auf eine zweigleisige Streckenführung bietet mehr Vorteile, als Züge in zwei Richtungen gleichzeitig verkehren zu lassen: Allein die Möglichkeit, den Verkehr an einem liegengebliebenen Zug vorbeizuleiten, macht die Strecke deutlich zuverlässiger: „Wenn Sie nur ein Gleis haben, und das ist – warum auch immer – dicht, dann war es das erst einmal.“ Das neue Layout soll sogenannten Gleiswechselbetrieb ermöglichen: Im Falle einer Störung oder einer Sperrung können Züge auch das Gegengleis mit der gleichen Geschwindigkeit befahren. Die Erneuerung des bestehenden Gleises und seines Oberbaus schaffe zusätzliche Vorteile; für wenigstens zwei Jahrzehnte seien dann keine Instandhaltungsarbeiten am Gleisbett zu erwarten.

Elektronisches Stellwerk

Das Stellwerkprojekt ist bereits etwas weiter fortgeschritten, wie Jonas Würth erläutert. Die meisten Arbeiten seien bereits vergeben. Neben dem Parkhaus jenseits der Gleisanlagen auf Höhe des Horber Bahnhofs soll ein 6 mal36 Meter großes, einstöckiges Gebäude in Modulbauweise mit Giebeldach entstehen. Ein ähnliches, etwas kleineres, steht bereits am Freudenstädter Bahnhof. Damit einher gehen neue Kabelquerungen und Signale, außerdem sollen die Heizungen der Weichen in Horb modernisiert werden.

Neue Biotope für Reptilien

Noch in diesem Jahr beginnen Vorbereitungen im Sinne des Umwelt- und Naturschutzes, erklärt Würth. Reptilien wie Zauneidechsen und Schlingnattern werden aus dem Baufeld an einen geschützten Ort in der Nähe des Neckarstegs bei Horb-Ihlingen umgesiedelt.

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Die Zauneidechse war Reptil des Jahres 2020. Für den Bau des neuen Stellwerks in Horb werden einige Exemplare Richtung Horb-Ihlingen umgesiedelt. Archivbild: Oliver Elsässer

Die Zauneidechse war Reptil des Jahres 2020. Für den Bau des neuen Stellwerks in Horb werden einige Exemplare Richtung Horb-Ihlingen umgesiedelt. Archivbild: Oliver Elsässer

Zeitplan 2022/2023

Ebenfalls mit Rücksicht auf Natur und Umwelt sind die Bauzeiten beider Projekte geplant: Von Oktober bis Ende April werde so gut wie gar nicht gearbeitet, von Mai bis September dafür umso intensiver. Laut aktuellem Bauzeitplan beginnen die Arbeiten für beide Projekte am 30. Juli 2022. Am zweigleisigen Ausbau Richtung Sulz soll bis 11. September 2022 gearbeitet werden. 2023 ist hierfür die Zeit von Juni bis Oktober vorgesehen. Am 1. November 2023 soll das Projekt abgenommen und abgeschlossen sein.

Das neue ESTW wird Weichen und Signale digital ansteuern und das elektromechanische Stellwerk von 1927 ersetzen. „Es ist ein bisschen traurig, so ein geschichtsträchtiges Gebäude kurz vor seinem 100. Geburtstag außer Dienst zu stellen“, sagt Würth auf Nachfrage – zumal es zuverlässig funktioniere. Aber letztlich benötige ein zukunftsgerichteter Bahnverkehr zeitgemäße, also digitale Technik. Ähnliches gelte für die schönen, aber alten Formsignale an der Strecke, die im Zuge der Arbeiten gegen LED-Lichtsignale getauscht werden.

Weitere Optionen

Dass im Horber Industriegebiet Heiligenfeld ein Straße/Schiene-Umschlagterminal für Gütercontainer (Kombi-Terminal Horb, KTH) entsteht, hat auf die Pläne und Arbeiten entlang der Gäubahn zunächst keinen Einfluss. Auch weitergehende Ideen der KTH-Investoren, auch den einstigen Horber Rangierbahnhof zum Containerumschlag zu nutzen, beeinflussen den Gäubahn-Ausbau nicht. Umgekehrt werde keiner der jetzt bevorstehenden Arbeiten die nachträgliche Umsetzung solcher Ideen erschweren, versichern die DB-Netze-Experten.

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Erstellt:
20.08.2021, 18:13 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 29sec
zuletzt aktualisiert: 20.08.2021, 18:13 Uhr

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