Lange Nacht der Lichter

Zwischen Bildern und Geschichte

Die Kultur war zum vierten Mal Bestandteil der langen Horber Einkaufsnacht und kam bei den Besuchern bestens an.

14.10.2018

Von Dunja Bernhard

Das Trio Quintfall spielte zur Eröffnung der Ausstellung „Memento Mori“ im Horber Rathaus zwischen Bildern von Kirsten Dietel (links) und Ava Smitmans. Bilder: Bernhard

Das Trio Quintfall spielte zur Eröffnung der Ausstellung „Memento Mori“ im Horber Rathaus zwischen Bildern von Kirsten Dietel (links) und Ava Smitmans. Bilder: Bernhard

Die Straßen und Plätze wurden am Freitagabend erst gegen 21 Uhr so richtig schön voll. Die Besucher der Langen Nacht der Lichter verweilten dort, wo es Musik und Essen gab. Für Oktober blieb der Abend ungewöhnlich lange angenehm warm. Was für den Aufenthalt im Freien von großem Vorteil, war für die Lasershow allerdings nicht optimal. Ihre ganze Pracht zeigte sich erst nach 22Uhr, als die Luft feucht wurde. Dann huschten nicht nur bunte Punkte und Striche über Häuserwände und Berghänge, sondern ein Strahlenfächer wirbelte vom Stiftkirchenturm ausgehend über das Tal.

Die kulturellen Veranstaltungen hatten schon ab 19 Uhr großen Zulauf. Mit der Vernissage der Ausstellung „Memento Mori“ im Horber Rathaus eröffnete Oberbürgermeister Peter Rosenberger zugleich die Lange Nacht der Lichter. Es sei eine Multikulti-Eröffnung, sagte der OB, denn unterschiedliche Themen kämen an diesem Abend zusammen. Im Rathaus war es „Bedenke, dass du sterben wirst“ – so die Übersetzung des Ausstellungstitels. „Mit Tod und Sterben beschäftigen wir uns nicht so gern“, sagte der OB. Für die Ausstellung hatten sich immerhin 60 Künstler gefunden. 30 von ihnen sind bis 18. Januar zu sehen. Die anderen 30 anschließend bis 3.Mai. Es seien Kunstwerke, die zu Diskussionen anregten, sagte Rosenberger.

Mumie aus Acrylspuren

Die Bilder sind keineswegs düster oder trübsinnig. Schon am Treppenaufgang begrüßt die Besucher ein Licht durchflutetes Diptychon von Bernd Ruben Wetterau. „Alte Seelen“ von Kirsten Dietel erinnert an die naive Betrachtung einer kleinen Welt. Inge Bönsch Phönix ist gar paradiesisch bunt. Ihr „Licht am Ende“ macht den Weg dahin verlockend. Arne Rutzkis Unterwelt und Höhlen zeigen sich in zartem Pastell. Katrin Kinsler ermuntert in treffenden, gedruckten Aussagen zu „just do it“ – nutze den Tag. Ob sich Martina Hehls Drahtseiltänzer aus Pappmaché in Todesgefahr begibt, sei dem Betrachter überlassen. Joachim Wörner schuf eine Mumie aus farbkräftigen Acrylspuren. Zum Schmunzeln verleitet Joachim Gölz makabres Skelett, das den sich in ihm spiegelnden Betrachter fragt „Amicus, quo vadis“, Freund, wohin gehst du? Karin Bandomers Bild könnte darauf eine Antwort geben. Da heißt es „durch Jesus ist alles erschaffen“ – für Christen eine frohe Botschaft.

Im Antonie-Leins-Haus zeigte Elisabeth Kaiser eine Performance in einem Honda mit dem Kennzeichen „Horse 79“. Was sich in dem dunklen Fahrzeug, mitunter von ihrem Gesang begleitet, abspielte, könnte auch als öffentlicher Sex gedeutet werden. Im Hof des Künstlerhauses konkurrierte künstliches Licht in einem Brunnen mit der Urgewalt des offenen Feuers – Licht für jeden Geschmack.

In der Galerie im Horber Kloster zeigen derzeit bei der Jubiläums-Herbstausstellung des Kunstvereins Oberer Neckar sieben Künstler ihre Werke. Etliche Besucher stiegen am Freitag die steile Wendeltreppe hinauf. Oben angekommen, begrüßte Martina Hehl sie mit einem Glas Sekt. Auch nicht-alkoholische Getränke und Knabbereien standen bereit. Nach einem Rundgang durch die Räume und eventuell einem Gespräch mit anwesenden Künstlern, konnte noch der Blick über die Stadt genossen werden.

Zeit für Gespräche

Schon vor 19 Uhr standen die ersten Besucher vor dem „Raum für Kunst“ im Stubenschen Schlösschen, berichtete Albrecht Bopp. Zu sehen war seine Ausstellung „zweiteilig – dreiteilig“ mit Architektur- und Maschinen-Bildern aus vier Jahrzehnten sowie der verspielte Schmuck seiner Frau Ursel. Bei der Kulturnacht sei die Hemmschwelle niedriger, in die Galerie zu kommen, sagte Bopp. Die Menschen kamen nicht nur, um die Ausstellungstücke zu betrachten. Etliche suchten auch das Gespräch mit den Künstlern. Reichlich Zeit dazu blieb ja.

Das Museum Jüdischer Betsaal liegt noch eine Stück weiter stadtauswärts, jenseits des Ihlinger Tors. Doch die lilafarbene Beleuchtung des Hauses wies darauf hin, dass es auch dort etwas zu sehen gab. Bis 21 Uhr waren 30 Besucher in der Ausstellung „Flüchtiges Glück – Befreiung aus Theresienstadt“ gewesen. Für weitere blieben noch zwei Stunden.

Das Stadtmuseum hatte an diesem Abend ebenfalls bis 23 Uhr geöffnet und zeigte gleich zwei Ausstellungen: Zum einen ging es um „Bürgerstöchter, Büßerinnen und Bettelschwestern“ und damit um die Geschichte des ehemaligen Dominikanerinnenklosters in Horb. Vor 800 Jahren wurde es gegründet und erlebte in den Jahren bis zu seiner Auflösung 1218 Blütezeit und Niedergang.

Was die in Altheim gefundenen Exponate über das Alltagsleben, die Bestattungsbräuche und die Jenseitsvorstellungen zur Zeit der Völkerwanderungen im 5. und 6.Jahrhundert aussagen, berichtete Karin Sieber-Seitz über einem Dutzend Interessierten. Die Archäologin und Anthropologin führte um 21 Uhr durch die Ausstellung „Röhrenhenkelkrug & Pferdchenfibel – Ostgermanen & Alamannen“.

Im Keller des Klosters konnte zu der Zeit das Tanzbein zu Salsarhythmen geschwungen werden. Wer auf Discomusik stand, ging ins Steinhaus.

Mit der aufziehenden Nachtkälte und der damit verbundenen höheren Luftfeuchtigkeit kam die Laserinstallation erst richtig zur Geltung.

Mit der aufziehenden Nachtkälte und der damit verbundenen höheren Luftfeuchtigkeit kam die Laserinstallation erst richtig zur Geltung.

„Freund, wohin gehst du?“, fragt dieses Skelett von Joachim Gölz den Betrachter.

„Freund, wohin gehst du?“, fragt dieses Skelett von Joachim Gölz den Betrachter.

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Erstellt:
14.10.2018, 17:13 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 21sec
zuletzt aktualisiert: 14.10.2018, 17:13 Uhr

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