Große Versprechen

Leitartikel zu den Staatshilfen in der Corona-Krise

Zeit ist Geld. Selten war dieser Satz so richtig wie bei den Staatshilfen, um die Corona-Pandemie und ihre Folgen in Deutschland zu bewältigen.

23.03.2020

Von Dieter Keller

Die Bundesregierung, allen voran Finanzminister Olaf Scholz (SPD), verspricht unglaubliche Summen, damit die Wirtschaft nicht in die Knie geht, egal ob Kleinunternehmen und Selbstständige oder große Konzerne. Und das nicht nur als Kredit, sondern gerade bei den Kleinen auch als Zuschuss. Das ist richtig und sorgt hoffentlich für Zuversicht bei den Betroffenen, auch wenn keiner sagen kann, ob das ausreicht. Das muss sich im Lauf der nächsten Wochen und Monate zeigen. Schließlich ist völlig offen, wie schnell Corona und die Folgen in den Griff zu bekommen sind.

Große Versprechen allein helfen allerdings wenig. Die Hilfen müssen auch auf den Bankkonten der Betroffenen ankommen, und zwar sehr schnell. Dafür fehlt eine eingespielte Organisation. Die Förderbanken der Länder sollen die Aufgabe übernehmen. Doch auf ein Massengeschäft für Millionen von Kleinunternehmen und Selbständigen sind sie schwerlich eingerichtet. Schon beim vor einer Woche versprochenen Kreditprogramm der Staatsbank KfW dauert es, bis wenigstens mal Kreditanträge im Internet stehen, von ihrer Bearbeitung ganz zu schweigen. Gleichzeitig sind auch die Banken geschwächt, weil sie Vorkehrungen gegen Corona-Fälle betreiben müssen.

Für zusätzliches Durcheinander dürfte sorgen, dass auch die einzelnen Bundesländer eigene Hilfsprogramme auflegen. Deswegen ist dringend eine rasche Koordination nötig. Zudem brauchen die Bürgschaftsbanken sicherlich personelle Hilfe. Ob ihnen da etwa die Finanzämter unter die Arme greifen können, muss geprüft werden. Vorrangig sollten diese sich allerdings darum kümmern, Steuervoraus- und -nachzahlungen rasch zu stunden. Auch das ist eine dringende Liquiditätshilfe, und die Bürokratie arbeitet nicht überall so effektiv, wie es die schwer gebeutelten Unternehmer brauchen.

Eines zumindest sollte beruhigen: Selbst wenn allein der Bund Hunderte von Milliarden Euro in die Hand nehmen muss – es wird ihn nicht so schnell überfordern. Da bewährt sich, dass er in den letzten Jahren keine neuen Schulden gemacht hat. Ein Verdienst übrigens nicht nur von Scholz, sondern auch seines Vorgängers Wolfgang Schäuble – und des lang anhaltenden Wirtschaftsaufschwungs. Ihr aktives Sparen hielt sich in Grenzen. Von der schwarzen Null müssen wir uns wohl für längere Zeit verabschieden. Glücklicherweise ist die Schuldenbremse im Grundgesetz flexibel genug, um in diesem Notfall die nötigen Maßnahmen zu erlauben.

Angesichts der Milliarden für Unternehmen ist es verständlich, dass die Gewerkschaften fordern, die Arbeitnehmer nicht zu vergessen. Verbesserungen beim Kurzarbeitergeld sind gut. Aber in schlecht zahlenden Branchen bleibt oft nicht genug zum Leben übrig. Da muss sich die Politik mehr einfallen lassen, damit es am Ende nicht heißt: Den Unternehmen hilft sie großzügig, den kleinen Mann lässt sie im Regen stehen.

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Erstellt:
23.03.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 19sec
zuletzt aktualisiert: 23.03.2020, 06:00 Uhr

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