Taktische Balance fehlt

WM-Experte Marcel Reif analysiert die Pleite der Deutschen

Überheblichkeit war es nicht. Leider, denn das überhebliche Spiel könnte man leicht abstellen. In der Partie gegen Mexiko fehlten die Einstellung und die taktische Balance.

19.06.2018

Von MARCEL REIF

Kommentator Marcel Reif analysiert die Pleite der Deutschen. Foto: Volkmar Könneke

Kommentator Marcel Reif analysiert die Pleite der Deutschen. Foto: Volkmar Könneke

Moskau. Jeder einzelne Spieler der deutschen Mannschaft hatte so große Defizite, wie ich es lange nicht mehr gesehen hatte. Positiv ist mir eigentlich nur Reus nach seiner Einwechslung aufgefallen, und Brandt, der erst kurz vor dem Ende ins Spiel kam. Ansonsten habe ich nur Dinge gesehen, die mir große Sorgen machen.

Bei allem Respekt: Mexiko ist als Mannschaft okay. Aber wir haben sie stärker gemacht, als sie eigentlich ist. Treten wir so gegen einen der besseren Gegner auf, geht die Partie 1:5 aus.

Gravierend waren die taktischen Mängel. Unsere Elf hatte kein Gleichgewicht zwischen Abwehr und Angriff, wie man es vom Weltmeister eigentlich erwartet. Hummels fand dazu die richtigen Worte. Allerdings gehörte auch er zu denjenigen, die haarsträubende Dinge machten.

Im Mittelfeld fehlte es praktisch an allem. Özil, vor allem Khedira, aber auch Kroos – alle unterwegs mit schweren Beinen und schwerem Kopf. Da war nichts Leichtes, nichts Spritziges, nichts Belebendes. Es wirkte alles furchtbar bieder.

Özils Leistung an der Foto- Debatte festzumachen, wäre unfair. Es ist Fakt, dass er mit dieser Sache die WM-Vorbereitung der Mannschaft empfindlich störte. Jetzt, auf dem Platz, habe ihn viel zu wenig gesehen. Auch verstehe ich nicht, warum Müller auf der rechten Seite weggeparkt ist. Seine Stärken liegen im und um den Strafraum.

Timo Werner musste in seinem ersten WM-Spiel Lehrgeld bezahlen. Er stand vorne allein auf weiter Flur, da gehörte er auch hin. Doch neben ihm turnten Spieler herum, die dort eigentlich gar nichts verloren hatten. So wie Kimmich auftrat, spielt man normalerweise nicht einmal in der U-15-Auswahl.

Am meisten gestört hat mich, dass unsere Spieler von Beginn an über die Härte des Gegners lamentierten, als wäre es eine Majestätsbeleidigung, wenn bei einer Weltmeisterschaft Zweikämpfe geführt werden.

Die nächste Partie wird noch schwerer, weil die Schweden keine Ambitionen haben, spielerisch zu glänzen. Sie werden hinten dicht machen und mit allem, was sie haben, verteidigen.

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Erstellt:
19.06.2018, 06:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 19.06.2018, 06:00 Uhr

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