1917

1917

Kriegsdrama von Sam Mendes, in dem zwei Soldaten im Rennen gegen die Zeit versuchen, das Leben ihrer Kameraden zu retten.

14.01.2020

Von Dorothee Hermann

1917

Es trifft einen wie ein Schock, wie unglaublich jung diese Gesichter aussehen, da setzt sich der gewaltige Militärapparat schon in Bewegung und schickt die beiden britischen Unteroffiziere Blake (Dean-Charles Chapman) und Scofield (George MacKay) auf eine Mission, die sich anhört wie ein Himmelfahrtskommando. Am 6. April 1917 sollen sie hinter den feindlichen (deutschen) Linien zwei der eigenen Regimenter warnen, damit die 1600 Mann am Folgetag nicht in eine tödliche Falle laufen.

Fast ohne Erfahrung sind die beiden ständiger Todesgefahr ausgesetzt, als sie im Wettlauf gegen die Zeit und ohne Deckung durch das berüchtigte Niemandsland robben und dann in scheinbar ruhige Landschaften gelangen, in denen verlassene, teilweise zusammengeschossene Bauernhäuser stehen, vor denen man nicht weiß, was in ihnen lauert.

Der britische Regisseur Sam Mendes („American Beauty“; zuletzt „Skyfall“ und „Spectre“ mit James Bond) findet beklemmend realistische Bilder für das Kriegsgeschehen, obwohl er weitgehend auf Massenszenen und Schlachtengetümmel verzichtet. Er zeigt, wie ausgesetzt jeder Einzelne im Krieg ist, was sich fast unmittelbar auf den Zuschauer überträgt.

Der suggestive Sog verdankt sehr viel der grandiosen Arbeit des britischen Kameramanns Roger Deakins: Er drehte in Echtzeit, in einer einzigen Einstellung, scheinbar ohne Schnitte, wie Scofield wie in Dantes Inferno von einem Höllenkreis in den nächsten gerät.

Eben noch schaut er auf eine scheinbar leblose Geisterstadt, da wird die Szenerie plötzlich von Explosionen erschüttert. Er muss es aushalten (oder darin zugrundegehen), wie alle Elemente losbrechen – von Todfeinden in Menschengestalt ganz abgesehen. Doch er erfährt auch, wie unendlich viel eine hilfreiche Geste bedeutet oder ein unerwarteter Schutzraum (dem die Kamera die Hell-Dunkel-Effekte eines alten Gemäldes verleiht) – und wie sich mitten im Krieg ein Augenblick unirdischer Schönheit auftut, obwohl der Tod fast unabwendbar scheint.

Der Regisseur hat den Film seinem Großvater Alfred H. Mendes vom King’s Royal Rifle Corps gewidmet, der immer Geschichten aus dem Krieg erzählte. Es ist diese Prägung durch die subjektive Erinnerung, die dem Film seine besondere Intensität gibt – über die atemberaubende technische Brillanz hinaus. In Nebenrollen glänzen die britischen Stars Colin Firth als bulldoggengesichtiger General und Benedict Cumberbatch als kriegstreiberischer Colonel.

Spürt den inneren Verheerungen nach, die ein Krieg auslöst, selbst wenn man überlebt.

1917

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Erstellt:
14.01.2020, 22:03 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 09sec
zuletzt aktualisiert: 14.01.2020, 22:03 Uhr

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