Another Day of Life

Another Day of Life

Ein junger idealistischer Journalist berichtet Mitte der 70er Jahre vom Bürgerkrieg in Angola. Animationsfilm nach einer wahren Begebenheit.

03.04.2019

Von Madeleine Wegner

Another Day of Life
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Absolute Orientierungslosigkeit, ein Strudel aus Chaos, die Anarchie im Kriegalltag: In Angola gibt es ein ganz bestimmtes Wort, das weder besonders positiv noch negativ gemeint ist: „confusão“. „Sie ist mächtig, sie stiehlt sich in unsere Herzen“, sagt Ryszard „Ricardo“ Kapuscinski über diese seltsame Art der kollektiven Verwirrung.

Ricardo arbeitet für eine polnische Presseagentur. Er ist dessen einziger Auslandskorrespondent und damit für 50 Länder zuständig. Nun, 1975, ist er in Angola. „Wer kann, flieht aus diesem Land – und ich? Ich wollte unbedingt dorthin“, sagt er. Der unerschrockene Reporter, ein Einzelkämpfer, der sein Leben für eine gute und bedeutende Geschichte gibt. So scheint er sich selbst zu sehen.

„In Angola wird ein neues Afrika geboren“, sagt Kapuscinski fasziniert, beinahe elektrisiert von der Stimmung im Land. Man glaubt ihm, dass er ein aufrichtiges Interesse an dieser Nation hat. Angola steht kurz vor der Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Portugal. Ein Bürgerkrieg entbrennt zwischen verschiedenen Befreiungsbewegungen, die wiederum Unterstützung von der Sowjetunion, den USA, der DDR oder auch China erhalten. Der Konflikt weitet sich somit zu einem Kalten Krieg aus.

Der Animationsfilm „Another Day of Life“ verknüpft die historischen Ereignisse mit der Gegenwart. Dazu stellen die beiden Regisseure Raúl de la Fuente und Damian Nenow den überwiegend gezeichneten Szenen reale Bilder aus dem Heute gegenüber. In Interviews kommen Weggefährten des 2007 verstorbenen Kapuscinski zu Wort, teils an den Originalschauplätzen von damals und im direkten Vergleich zu der gezeichneten Realität. Damit stellt sich automatisch die Frage nach der Gegenwärtigkeit der Geschichte, vor allem aber auch danach, wie viel Wahrheit in der Berichterstattung Kapuscinskis lag.

Doch diese angedeutete Fragestellung verfolgen de la Fuente und Nenow kaum weiter. Lediglich in einer Szene wird sich der Reporter bewusst, dass er in diesem Moment in das Kriegsgeschehen eingreift. Die Figur Kapuscinski wird wenig hinterfragt, der Film flirtet vielmehr mit dessen Selbstbild. Der Reporter und Schriftsteller wurde vielfach ausgezeichnet – doch auch dafür kritisiert, dass er die Realität in schriftstellerischer Freiheit zu sehr überzeichnete.

„Another Day in Life“ ist künstlerisch ansprechend, wenn auch für einen Kriegsfilm fast zu schick, wie ein Pop-Art-Kunstwerk. Gelungen sind die traumartigen Sequenzen, in denen sich die Realität defragmentiert, auflöst und neu zusammenfügt: Confusão. In solch einen Sog wird auch der Zuschauer gerissen – man kann und will bei diesem Film die Augen vor dem Krieg nicht verschließen.

Ein Bürgerkrieg in bunten Pop-Art-Farben. Teilt unkritisch die Faszination für den Journalisten Kapuscinski.


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Erstellt:
03.04.2019, 11:23 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 18sec
zuletzt aktualisiert: 03.04.2019, 11:23 Uhr

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