Kühner Sprung in die Neuzeit

300 Jahre Klaviermusik: Zuhörer erlebten mit Francesco Attesti besondere Zeitreise

Auf Einladung des Rotary Clubs Freudenstadt gastierte der italienische Pianist Francesco Attesti, ebenfalls Rotarier, im vollbesetzten Großen Kursaal des Kur-und Kongresszentrums. Der Erlös des außergewöhnlichen Benefizkonzerts kommt der Mukoviszidose-Forschung zugute.

15.12.2015

Von Monika Schwarz

300 Jahre Klaviermusik: Zuhörer erlebten mit Francesco Attesti besondere Zeitreise

Freudenstadt. Bevor Francesco Attesti am Samstag in die Tasten des Flügels griff und die Konzertbesucher durch 300 Jahre Klaviermusik führte, richtete Rotary-Präsident Claas Wolff ein paar Worte an die zahlreichen Gäste und informierte über die Historie und die Intension des Service-Clubs, dem in Freudenstadt derzeit 49 Männer und keine Frau angehören. Dass es sich in Freudenstadt „ohne Not“ noch immer um einen rein männlichen Club handelt, führe derzeit zu „hochemotionalen Diskussionen“, erklärte Wolff schmunzelnd.

Zu den Schwerpunktthemen der Rotarier gehören beispielsweise Konfliktprävention und auch die Krankheitsvorsorge, die insbesondere im Poliobereich erfolgreich praktiziert wurde. In Freudenstadt wurden bisher Einrichtungen wie die Stiftung Eigen-Sinn, Luftikus, die Kinder-Hospizarbeit, das Familienzentrum, die Treppe oder auch Flüchtlingssprachkurse von Rotary finanziell unterstützt. 30 000 Euro wurden dafür im vergangenen Jahr gespendet.

Wolff widmete sich anschließend dem italienischen Gast, der bereits seit dem fünften Lebensjahr Klavier spielt und mit elf das erste Mal konzertierte. Attesti studierte am Konservatorium in Florenz und beendete dieses mit der höchsten Auszeichnung. Es folgten Meisterklassen in verschiedenen großen Städten und zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen. Der Künstler verzichtete an diesem Abend auf sein Honorar.

In Gerhard Stoffel hatte der Rotary Club einen musikalisch versierten Kenner der Stücke als Moderator des Abends aus eigenen Reihen ausgewählt. Kurz, prägnant und erfreulich unabgehoben führte Stoffel auch diejenigen in die Stücke ein, die mit der Musik normalerweise weniger vertraut sind.

Es folgten 300 Jahre Klaviermusik von Bach bis Piazzolla. Los ging es mit der gleichermaßen berühmten wie eingängigen „Air“-Komposition (Suite Nr. 3) von Johann Sebastian Bach, mit dem die Barockmusik seinerzeit ihren wunderbaren Höhepunkt erreicht hat. Rund 80 Jahre später veröffentlichte Franz Schubert seine „Impromptu Nr. 2 und 4“ aus Opus 90 ein Jahr vor seinem Tod. Schubert war zu jenem Zeitpunkt nicht nur arm, sondern auch unheilbar krank und seelisch vereinsamt, informierte Stoffel. Reiche Gönner haben die Stücke erworben und ihn dadurch finanziell über Wasser gehalten. Sie wurden aufgrund ihrer Lyrik und Leichtigkeit zu Wegbegleitern für Millionen von Klavierspielern. Anders als Attesti, der das Stück wunderbar interpretierte, konnte Schubert selbst übrigens nur mäßig Klavier spielen.

Mit Fabio Mengozzis „Ianus und Mysterium“ unternahm Attesti mit dem Publikum vor der Pause noch einen „kühnen Sprung in die Neuzeit“, hatte aber dennoch ein „schönes und gut hörbares“ Stück gewählt. „Sie müssen sich aber auf diese Musik mit ihrer eigenartigen Klangwelt einstellen und sich von ihr forttragen lassen“, forderte der Moderator auf. Ob das jedem Zuhörer gelungen ist, sei dahingestellt.

Kritiker dieser „Minimalmusik“ kamen nach der Pause wieder auf ihre Kosten, als eingängige Stücke wie der berühmte Walzer und die Mazurka von Chopin oder auch Franz Liszts „Orage für Klavier“ – ein Konzertgewitter im wahrsten Sinne des Wortes – folgten. Komponist Erik Satie war mit seinen Kompositionen wie der von Attesti gespielten „Gnossienne première“ schließlich ein Vorreiter in Sachen Minimalmusik und musste sich deshalb wohl auch viel Kritik anhören. Gerhard Stoffel indes fällte sein ganz eigenes Urteil: „So schön kann Musik klingen, die sich konsequent über Kompositionsgesetze hinwegsetzt.“

Das Konzertende war schließlich dem „Tango nuevo“-Begründer Asto Piazzolla und dessen Winter-und Sommerstück gewidmet. Großer Applaus und eine Zugabe beendeten den kurzweiligen und ansprechenden Konzertabend, den der ein oder andere Musikliebhaber auch mit geschlossenen Augen hingebungsvoll verfolgt hatte.

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Erstellt:
15.12.2015, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 15.12.2015, 01:00 Uhr

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