Gewerbeentwicklung

Abschied von der Freiwilligkeit?

Im Horber Industriegebiet wird bei der Umlegung von Baulandflächen ein neues Verfahren angestrebt.

18.12.2018

Von Dagmar Stepper

Im Industriegebiet Heiligenfeld soll ein neues Umlageverfahren zum Tragen kommen. Damit beschäftigt sich heute der StadtratLuftbild: Karl-Heinz Kuball

Im Industriegebiet Heiligenfeld soll ein neues Umlageverfahren zum Tragen kommen. Damit beschäftigt sich heute der StadtratLuftbild: Karl-Heinz Kuball

Ein Handel kann ganz einfach sein. Es gibt einen Grundstücksverkäufer und einen Grundstückskäufer, die beiden sind sich einig, die Fläche wechselt den Eigentümer. Vielleicht wurde noch ein wenig um den Preis gefeilscht. Handelt es sich aber um größere Flächen, für Baugebiete, Gewerbeansiedlungen, Umgehungsstraßen, kann die Sache komplizierter aussehen. Denn da müssen zig Eigentümer mit teils auseinandergehenden Interessen unter einen Hut gebracht werden.

Sträuben sich ein paar der Käufer, kann eine Kommune die freiwillige Umlegung anbieten. Einem Kaufunwilligen wird ein adäquates Stück zum Tausch angeboten. Doch im Falle der Stadt Horb führten diese Tauschgeschäfte selten zum gewünschten Erfolg.

Daher wird in der heutigen Gemeinderatssitzung ein Pilotprojekt zur Anwendung alternativer Umlegungsmodelle für das Industriegebiet Heiligenfeld vorgestellt und – wenn das Gremium zustimmt – auch verabschiedet. Das Industriegebiet Heiligenfeld könnte um 13 Hektar erweitert werden, davon befinden sich 50 Prozent in Privatbesitz. Doch die Eigentümer und die Stadt sind sich bei den Verkaufsverhandlungen nicht einig geworden. Der Stand nach den Einzelgesprächen im November: Lediglich 2 Eigentümer mit einer Fläche von 0,38 Hektar sind bereit, ihr Grundstück zum derzeit gehandelten Rohlandpreis von 12 Euro pro Quadratmeter zu verkaufen. 10 Eigentümer haben Verhandlungsbereitschaft signalisiert, wollen aber einen höheren Preis. 7 Eigentümer haben sich gar nicht gemeldet, einige Eigentümer sind zu einem Flächentausch bereit.

Möglich wäre nun, den Quadratmeterpreis zu erhöhen. Doch aus Sicht der Stadtverwaltung macht das keinen Sinn. In der Sitzungsvorlage schreibt sie, das sei „unrealistisch“, die Marktlage lasse das nicht zu. Der höhere Preis könnte auch die Wirtschaftlichkeit des Baugebiets in Frage stellen.

Daher schlägt die Stadt eine gesetzliche Umlegung vor. Das ist das nächste Instrument, wenn eine freiwillige Umlegung nicht greift. Manche vergleichen diesen Schritt mit einer Zwangsenteignung, aber der Gesetzgeber lässt das ausdrücklich zu, wenn das öffentliche Interesse höher anzusiedeln ist wie das private. Wenn beispielsweise eine Umgehungsstraße, die 10 000 Anwohnern eine Erleichterung bringen würde, an einem Bäuerle, der sein Äckerle partout nicht verkaufen will, scheitern könnte. Das Bäuerle muss dann eine andere Ersatzfläche akzeptieren.

In Horb wurde die gesetzliche Umlegung bis zur Einführung des Horber Modells vor fast 40 Jahren teilweise praktiziert, teilt Stadtsprecher Christian Volk auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE mit. Im Heiligenfeld stößt es nun an seine Grenzen. Daher will die Stadtverwaltung nun im kommenden Haushaltsplan 200 000 Euro für Gutachten, Erschließungsplanung und Bebauungsplan einstellen.

Ob diese gesetzliche Umlegung beim geplanten Ahldorfer Gewerbegebiet zum Tragen kommt, hängt natürlich von der Abstimmung heute Abend im Gemeinderat ab. Zieht das Gremium die Reißleine, ist es obsolet. Wird das Gewerbegebiet aber weiterverfolgt, könnte es theoretisch angewandt werden. Dazu Christian Volk: „Grundsätzlich kann das gesetzliche Modell in jedem Verfahren Anwendung finden, da es den Regelfall der Umlegung nach Baugesetzbuch darstellt (vgl. §§ 45 ff BauGB). Allerdings wird in Horb von Fall zu Fall durch Gemeinderatsbeschluss entschieden, welches im Einzelfall das geeignete Verfahren ist.“ In Ahldorf ist die Kaufbereitschaft allerdings sehr gering, von 58 Eigentümer sind bisher nur 10 zum Verkauf bereit. Insider sagen, dass eine gesetzliche Umlegung innerhalb eines Jahres über die Bühne gehen kann, es kann sich aber auch über zehn Jahre ziehen. Dann wird es auch richtig teuer.

Horber Modell

Dieses System erlaubt es der Stadt, die Erschließungskosten vollständig in den Verkaufspreis einzukalkulieren. Weitere Vorteile sind die Freiwilligkeit, auf deren Basis alles abläuft, sowie die Planungssicherheit, da sich das Gelände hinterher vollständig im Besitz des einen Unternehmens befindet.

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Erstellt:
18.12.2018, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 18.12.2018, 01:00 Uhr

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