Sexismus

Auch Worte sind Belästigungen

Der Landkreis Freudenstadt weist auf den bundesweiten Aktionstag gegen Catcalling am 9. Juni hin und möchte Betroffene zu Wort kommen lassen.

06.06.2023

Von NC

Mit Kreide soll erlebtes „Catcalling“ – wie hier in Bad Honnef – nächstes Jahr auch in Freudenstadt an Ort und Stelle dokumentiert werden. Bild: Laura Hoffmeister

Mit Kreide soll erlebtes „Catcalling“ – wie hier in Bad Honnef – nächstes Jahr auch in Freudenstadt an Ort und Stelle dokumentiert werden. Bild: Laura Hoffmeister

Catcalling, mit „Katergeschrei“ nur unzureichend übersetzt, umfasst die ganze Bandbreite berührungsloser sexueller Belästigungen im öffentlichen Raum – von aufdringlichen Blicken über Kussgeräusche und Hinterherpfeifen bis zu anzüglichen Sprüchen auf offener Straße und übergriffigen Kommentaren: „Hey, geiler Arsch“ und „Willst du ficken?“ sind laut Silke Finkbeiner, der Gleichstellungsbeauftragten des Landratsamts Freudenstadt, noch eher harmlose Beispiele. Zum Catcalling zählt auch die ungewollte Konfrontation mit Bildern oder Videos sexuellen Inhalts mittels digitaler Medien. Überwiegend seien junge Frauen und Mädchen von dieser Form Belästigung betroffen, wie Finkbeiner betont.

Anzüglichkeiten sind keine Komplimente

„Catcalling“ auf der Straße ist als berührungslose Belästigung nicht strafbar, könne aber gravierende Auswirkungen auf die Betroffenen haben: Manche berichten von körperlichen Symptomen und Angst, beispielsweise vor Vergewaltigung, oder davor, die eigene Privatsphäre nicht schützen zu können. Das kann laut Finkbeiner dazu führen, dass Frauen und Mädchen beginnen, bestimmte Bereiche im öffentlichen Raum zu meiden und sich nicht mehr unbefangen in der Öffentlichkeit bewegen.

Diesen möchten die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten nun eine Stimme geben und mit der Aktion „#keinKompliment“ am zweiten Freitag im Juni auf solche Vergehen aufmerksam machen. „Catcalling ist sexuelle Belästigung und somit #keinKompliment, denn es reduziert Betroffene auf ihre angebliche sexuelle ‚Verfügbarkeit‘. Dagegen Stellung zu beziehen und ein Zeichen zu setzen, ist wichtig und notwendig“, sagt Finkbeiner. Der bundesweite Aktionstag soll nicht nur die Sensibilität für das Thema erhöhen, sondern auch Betroffene und Zuschauende in ihrer Zivilcourage stärken.

Angstorte identifizieren

„Es ist nicht hinnehmbar, dass Frauen und Mädchen sich nicht unbefangen im öffentlichen Raum bewegen können, ohne Belästigungen ausgesetzt zu sein“, sagt Simone Semmler, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Salzgitter und Initiatorin dieser bundesweiten Aktion.

Das geplante „Ankreiden“ (siehe unten) soll das Thema in der öffentlichen Wahrnehmung verankern sowie kommunale Entscheidungsträgerinnen und -träger darauf aufmerksam machen, welche Stellen in ihrer Gemeinde sogenannte „Angsträume“ sind – Orte mit erhöhtem Bedrohungspotenzial für Frauen.

Lesung

Am Samstag, 9. Juni, um 18 Uhr liest Hannah Klümper aus ihrem Buch „Catcalling – auch Worte sind Belästigung“. Die Stadt Salzgitter überträgt die Lesung live in ihrem Youtube-Kanal.

Sexistische Anmachen sind keine Komplimente – darauf weist der Hashtag #keinkompliment in Kreideschrift und in sozialen Medien hin. Bild: Simone-Jeanine Semmler

Sexistische Anmachen sind keine Komplimente – darauf weist der Hashtag #keinkompliment in Kreideschrift und in sozialen Medien hin. Bild: Simone-Jeanine Semmler

Vorbereitung auf den Aktionstag 2014

Von Catcalling betroffene Personen in der Region sind von Juni 2023 bis Ende Mai 2024 aufgerufen, diese Vorfälle über die regionale Mailadresse keinkompliment@kreis-fds.de oder den Instagram-Account anonymisiert zu melden. Dabei sollten der Wortlaut des Catcalls sowie der Ort möglichst konkret genannt werden. Wie lange das Erlebnis zurückliegt, spielt keine Rolle. Obwohl „Catcalling“ ursprünglich nur verbale Belästigung bezeichnet, dürfen auch körperliche Übergriffe gemeldet werden. Die Meldungen werden gesammelt, und am dritten bundesweiten Aktionstag, dem 14. Juni 2024, wollen regional organisierte Aktionsgruppen diese Übergriffe „ankreiden“ – sie nämlich mit Kreide dort sichtbar machen, wo sie stattgefunden haben. Ansprechpartnerin im Kreis Freudenstadt ist Silke Finkbeiner, die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises; Mitveranstalter ist der Arbeitskreis gegen sexualisierte Gewalt.

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Erstellt:
06.06.2023, 15:34 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 27sec
zuletzt aktualisiert: 06.06.2023, 15:34 Uhr

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