Sulz · Handel

Auf Nimmer-Mieder-Sehen

Bei Walburga Fröhlich läuft der Ausverkauf. Mit 73 Jahren hat die einzige Verkäuferin von Wäsche in Sulz beschlossen, den Laden Ende November zu schließen.Von Cristina Priotto

19.10.2019

Von Text und Bild: Cristina Priotto

Für hochwertige Büstenhalter und eine gute Beratung nahmen die Kundinnen von Walburga Fröhlich teilseine weite Anfahrt in Kauf. „Fröhliches für untendrunter“ schließt Ende November, denn die Inhaberin und einzige Verkäuferin hat das 73. Lebensjahr erreicht, zudem wären Investitionen nötig.Bild: Cristina Priotto

Für hochwertige Büstenhalter und eine gute Beratung nahmen die Kundinnen von Walburga Fröhlich teils eine weite Anfahrt in Kauf. „Fröhliches für untendrunter“ schließt Ende November, denn die Inhaberin und einzige Verkäuferin hat das 73. Lebensjahr erreicht, zudem wären Investitionen nötig.Bild: Cristina Priotto

In den Regalen klaffen bereits große Lücken, die unbekleideten Torsi der Schaufensterpuppen stehen zum Verkauf, und an den Büstenhaltern auf den Regalstangen kleben Etiketten mit vergünstigten Preisen: Bei „Fröhliches für untendrunter“ hat vergangene Woche der Ausverkauf wegen Geschäftsaufgabe begonnen. Schnäppchenjäger mag dies freuen, doch die Inhaberin blickt dem bevorstehenden Ende mit gemischten Gefühlen entgegen. „Ich habe immer gerne gearbeitet und mache das nach wie vor“, betont die Sulzerin. Doch mit 73 Jahren hat Fröhlich beschlossen, dass es nun Zeit für den Ruhestand ist.

Die gelernte Einzelhandelskauffrau wollte nach den Lehrjahren im elterlichen Elektrofachgeschäft bald auf eigenen, unabhängigen Beinen stehen und informierte sich beim Einzelhandelsverband. „Meine erste Idee war es, ein Schuhgeschäft zu eröffnen, doch es war damals sehr schwer, Markenschuhe zu bekommen“, erinnert sich Walburga Fröhlich. Ein reines Wäschegeschäft fehlte damals jedoch in der Neckarstadt.

Bei der Nagolder LDT Akademie für Modemanagement belegte die ehrgeizige Sulzerin verschiedene Kurse und fuhr 1995 sogar zu einer Wäscheverkaufs-Messe nach Düsseldorf. „Da hat keiner gemerkt, dass ich das noch nie gemacht hatte“, erzählt Fröhlich und grinst schelmisch.

Bei der Eröffnung 1996 befand sich das Geschäft in der Torstraße, später zog „Fröhliches für untendrunter“ in die Kölreuterstraße 10 um. Den ursprünglichen Räumen trauert die Wäscheverkäuferin etwas nach, denn auf der anderen Seite der Unteren Hauptstraße befand sich alles auf derselben Etage, in der Kölreuterstraße ist das Büro im ersten Stock.

Das Inventar ist fast komplett „Marke Eigenbau“: Der schreinernde Sohn gestaltete die Einrichtung, bestehend aus Regalen, Schränken und drei Umkleidekabinen nach den Vorstellungen der Mutter aus lackiertem Sperrholz.

Dort hat Walburga Fröhlich 24 Jahre lang Tag- und Nachtwäsche für Männer und Frauen, Mieder, Bademoden sowie Socken verkauft. Den Großteil des Sortiments machten BHs aus: Etwa 500 Stück hat der Wäscheladen immer ausgestellt gehabt, hinzu kamen nochmals ähnlich viele im Lager. Da die Inhaberin Wert auf hochwertige Marken legte, hatte die Qualität natürlich auch ihren Preis. „Ich erkenne die Größe auf einen Blick, aber viele Frauen tragen Büstenhalter mit den falschen Körbchen und Weiten“, hat die 73-Jährige immer wieder festgestellt. Das Gros der Stammkundinnen waren ältere Damen.

Junge Neukundinnen kamen insbesondere in den vergangenen Jahren kaum hinzu. Fröhlich vermutet dafür zwei Ursachen: Billigware und den Internet-Handel. „Online-Kunden will ich nicht verteufeln. Billig zu kaufen ist schlimmer“, findet die Geschäftsfrau. Früher fanden ab und zu auch Männer den Weg in den Laden – aber dann vornehmlich, um Dessous für Frauen zu kaufen. Für sich selbst erwerben Männer älterer Generationen aber offenbar keine hochwertige Unterwäsche, hat Walburga Fröhlich in zweieinhalb Jahrzehnten beobachtet.

Weitere Veränderungen, die die Geschäftsinhaberin mitgemacht hat, waren die Mehrwertsteuererhöhung und die Euro-Einführung. Als nächstes wäre 2020 die Umstellung von einer Registrierkasse auf ein Kassensystem angestanden, doch diese Investition schreckte Fröhlich ab.

Die Entscheidung, „Fröhliches für untendrunter“ Ende 2019 zu schließen, fasste Walburga Fröhlich vor zwei Jahren. „Ich kümmere mich seit zehn Jahren allein um den Laden, und seit acht Jahren kriege ich Rente“, zählt die 73-Jährige Gründe auf. Das Vierteljahrhundert hätte die Inhaberin gerne noch vollgemacht. Stattdessen führt die Bald-Ruheständlerin derzeit Gespräche mit Kaufinteressenten. „Der Stadt habe ich das Gebäude für das Bauernfeind-Museum angeboten, doch es bestand kein Interesse“, bedauert Fröhlich. Mit der Aufgabe des Geschäfts und der Trennung von dem Haus möchte Walburga Fröhlich einen Schlussstrich ziehen.

Ende November wird der Laden geschlossen. Fröhlich freut sich auch auf die Zeit danach: Besuche im Freibad und im Fitness-Studio, Reisen und Laptop-Lernen lauten die Pläne für die Zukunft.

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Erstellt:
19.10.2019, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 19.10.2019, 01:00 Uhr

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