Horb · Kunst

Auf dem Holzweg im „Energiepark“

Der Horber Kettensägenkünstler Wolfgang Saile hat zwischen Isenburg und Betra ein Freiluft-Atelier eingerichtet. Sein erster Gast war ein Eichhörnchen.

08.08.2019

Von Willy Bernhardt

Kunst genießen, Energie tanken und sich der sinnierenden Kontemplation hingeben können die Besucher in Sailes Waldpark. Bilder: Karl-Heinz Kuball

Kunst genießen, Energie tanken und sich der sinnierenden Kontemplation hingeben können die Besucher in Sailes Waldpark. Bilder: Karl-Heinz Kuball

Obwohl er nach vier Bandscheiben-Operationen nun vorzeitig mit seinen 54 Jahren in Rente gehen durfte, wird es ihm eines definitiv nicht – nämlich langweilig. Die Rede ist von Wolfgang Saile, besser bekannt als „Kettensägenkünstler Wolle“, der ursprünglich ein Rexinger ist und sich dort seine ersten künstlerischen Sporen als Kettensägenkünstler verdiente. Das war vor gut zwei Jahrzehnten, als er ein herrliches Fleckchen Wald unmittelbar an der Gemarkungsgrenze zwischen Ihlingen und Rexingen auf der dortigen Höhe für sich entdeckte – und erwarb.

Nachdem er sich dort zwei Jahre voll entfaltet hatte, entstand das, was man heutzutage vielleicht einen „Jurassic-Park“ nennen würde. „Wolle“ sägte aus von ihm meist selbst herausgesuchten Holzstücken Fantasiefiguren. Auch zur Welt der Märchen fühlt er sich hingezogen – und vor allem den Tieren, von denen er bei Sonnenaufgang viele quasi vor der „Haustür“ sehen konnte, wenn er aus seinem dort abgestellten Bauwagen hinaus in die Natur blickte. Doch von diesem herrlichen Fleckchen Wald hat er sich inzwischen getrennt und es an ehemalige Rexinger Mitbürger verkauft.

Nach Stationen auf dem Horber Campingplatz, beim Eutinger Bahnhof und unterhalb des einstigen Horber Kasernenareals hat Saile, der inzwischen Großvater geworden ist, zusammen mit seiner Frau Noemie am äußersten Zipfel des Isenburger Walds – und schon fast auf Betraer Gemarkung – wieder so ein lauschiges Plätzchen entdeckt. Und er hat sich auf den ersten Blick in dieses verliebt, wie er der SÜDWEST PRESSE gegenüber bekennt.

Dass „Wolle“ dort zugange ist, hat sich inzwischen bis zu seiner Lieblings-Kommunikations-Quelle beim Tankwart seines Vertrauens in der Horber Dammstraße herumgesprochen. Doch keiner seiner dortigen Freunde hat sich bisher bei ihm blicken lassen. So unrecht ist ihm das wohl gar nicht, „denn so kann ich mich hier ganz in Ruhe künstlerisch entfalten“. Gut für „Wolle“, der sein vorübergehendes „Showcase“ in Horb-Mitte in der Stuttgarter Straße Ende des Monats wieder aufgibt und derzeit mit seiner Frau auf Wohnungssuche ist, dass der Eigentümer des von ihm jetzt künstlerisch umgetriebenen Areals sein alter Freund Volker Hellstern aus Ahldorf ist. Der lässt ihm alle künstlerischen Freiheiten. Einzige Bedingung sei, so Saile, „dass ich hier nach dem Rechten schaue“. Ein bisschen freilich ähnelt der „Holzkunst-Weg“ auch einem Weg in einem Barfußpark. Aber eben nur ein bisschen.

Da es sich um Privatgelände handelt, darf er dort seinen stattlichen Wohnwagen platzieren. Wenn er wieder einmal bis in die Nacht hinein in seinem „Holzkunst-Weg“, wie er die 80 Meter lange und von ihm geschaffene Strecke nennt, gearbeitet und gesägt hat, dann bleibt er halt die Nacht über zusammen mit seiner Noemie in der Natur – und zählt gemeinsam mit ihr vor dem Einschlafen die Sterne am Himmel. Doch für den Winter sei dies freilich keine Option, gibt sich der Kettensägenkünstler realistisch. Aber dass dieses Areal „sein Ding“ ist, daran lässt er keinen Zweifel.

Saile hat Visionen. „Mein erster Gast war ein Eichhörnchen“, sagte er zum Tag der Inbetriebnahme seines Freiluft-Ateliers direkt am Weg. Und er will dieses schöne Fleckchen auch der Öffentlichkeit zugänglich machen, und zwar künstlerisch wie touristisch genau so wie als einladender Rastplatz für Wanderer oder Fahrradfahrer.

Auch deshalb will er alsbald die beiden Ortsvorsteher Andreas Schad aus Betra und Stefan Blank aus Isenburg kontaktieren. Mit ihnen will er seine Ideen und Visionen diskutieren. Denn für Saile ist klar: „Mein Holzkunst-Weg ist eine Bereicherung für die Region und könnte auch in die städtische Tourismuswerbung mit aufgenommen werden“, sagt er überzeugt, kämpferisch. Und er verweist darauf, was er an seinem „Holzkunst-Weg“ durch Kettensägenkunst geschaffen habe. Inbrünstig betont er, dass er zwischen seinem Freiluft-Atelier und dem angrenzenden Maisfeld einen ökologischen Waldstreifen sich selbst überlassen habe, „und diesen durchstreifen jeden Tag um 14.30 Uhr ein paar Rehe“.

Da liegt es für ihn natürlich nahe, Eichhörnchen und Rehe auszusägen, die dann den Weg säumen und zur kontemplativen Betrachtung einladen. Ähnliches gilt für die vielen von ihm gefertigten Vögel und nicht zuletzt für den furchteinflößenden Waldschrat. Aber es sind auch schöne Pilze darunter – und natürlich diverse Bänkle, auf denen sich entspannt rasten und entschleunigen lässt.

An anderer Stelle springt plötzlich ein Holzdelfin aus dem Wald, „der Ruhe bringen soll“, sagt Saile dazu. Und was einen Saileschen „Holzkunst-Weg“ angeht, darf selbstverständlich ein herausgesägter Strandkorb mit Beachareal darumherum nebst echten Palmen nicht fehlen.

Großen Eindruck hinterlassen hat „Wolle“ offenbar bei einem jungen Betraer. Dieser hatte ihn schüchtern gefragt, ob er ihm für seine Mutter nicht ein Herzchen aus einem Stamm heraussägen könne. „Wolle“ ließ sich freilich nicht lumpen – und machte Sohn und Mama glücklich.

Waldbaden im „Energiepark“

Doch es ist nicht nur die Kunst, mit der Wolfgang Saile Werbung für sein Freiluftatelier betreibt, sondern mit noch etwas anderem. „Mein Wald ist auch ein Energiepark“, sagt er und umarmt eine stattliche Rottanne, um zu demonstrieren, wie er durch diese Umarmung deren Energie aufnehmen könne. Energie tanken er und seine Frau Noemie aber auch bei Umarmungen dicker Buchen, großer Birken und vor allem von Eschen. Und auch ein Kirschbaum wird von „Wolle“ täglich umarmt.

Ein weiteres besonderes Merkmal seines „Energieparks“ sei, „dass hier auch Kinder in freier Natur ungestört ihre Hausaufgaben machen können“. Fast hätte er vergessen, der Presse sein in einen Baum integriertes „Siebenschläfer-Hotel“ zu zeigen. Dabei gibt sich Saile generös: „Ich verlange keinen Eintritt, und man kann hier rein, auch wenn ich nicht da bin.“ Doch vor dem möglichen Aufstellen eines Spendenkässles hat ihn ein guter und kompetenter Freund indessen gewarnt. Polizist Armin Cornely aus Horb riet ihm nämlich davon ab. Man könne ja nie wissen, habe er „Wolle“ Saile freundschaftlich gesagt.

Aus Holz herausgesägte Figuren säumen den Weg in Sailes Waldpark.

Aus Holz herausgesägte Figuren säumen den Weg in Sailes Waldpark.

Auch eine Art Barfußweg gibt es im Waldpark bei Betra.

Auch eine Art Barfußweg gibt es im Waldpark bei Betra.

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Erstellt:
08.08.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 58sec
zuletzt aktualisiert: 08.08.2019, 01:00 Uhr

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