Soziales

Behinderung als Bereicherung begreifen

Die Lebenshilfe Horb/Sulz feierte 50-jähriges Bestehen und blickte im vollen Steinhaus nicht nur zurück, sondern auch nach vorn. Viel Lob und Dank erhielt die langjährige Vorsitzende Rosemarie Schneider.

07.05.2018

Von Willy Bernhardt

Barbara Rauschenberger (links) führt durch das Programm im Horber Steinhaus.

Barbara Rauschenberger (links) führt durch das Programm im Horber Steinhaus.

Es habe sich viel Positives getan in den vergangenen 50 Jahren. Damals brachte unter anderem Rosemarie Schneider eine Bewegung ins Rollen , deren Ergebnisse heutzutage für viele selbstverständlich wirken. Dies hob die aktuelle Vorsitzende der Lebenshilfe Horb/Sulz, Barbara Rauschenberger, am Samstag beim Festakt im Steinhaus vor viel Prominenz hervor.

Inzwischen werde „Behinderung heutzutage vielfach auch als Bereicherung begriffen“, und dies sei so in Ordnung. Zeige es doch eindrucksvoll auf, dass die Kämpfe und Bemühungen der zurückliegenden fünfzig Jahre reife Früchte tragen.

Doch zu sehr wollte die Vorsitzende nicht auf das Vergangene fokussieren. Viel mehr lag ihr daran, all die Menschen willkommen heißen zu können, die in ihren jeweiligen Amtszeiten und Funktionen dazu beigetragen haben.

Zunächst galt ihr Dank Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger und dessen Sulzer Kollegen Gerd Hieber. Ausdrücklich willkommen hieß Barbara Rauschenberger auch den ehemaligen Landtagsabgeordneten und Staatssekretär Norbert Schneider, Rosemarie Schneiders Gatten, ebenso Freudenstadts ehemaligen Landrat Peter Dombrowski, die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken, Dezernatsleiterin Stefanie Simet vom Landratsamt Freudenstadt, welche persönliche Grüße der Landräte Klaus Michael Rückert (Freudenstadt) und Dr. Rüdiger Michel (Rottweil) überbrachte. Besondere Grüße gingen an Vertreter anderer Lebenshilfe-Gruppen sowie namentlich an Hugo Bronner aus Sulz sowie an Frank Prußeit und Dietrich Sievert aus Horb. Nicht zuletzt konnte Barbara Rauschenberger auch den Vorsitzenden des Landesverbandes der Lebenshilfe Baden-Württemberg, Stefan Zilker, sowie Ramona Günther als Mitglied des Bundesvorstandes im Steinhaus willkommen heißen. Alle freuten sich über den lockeren Umgang der Lebenshilfe-Verantwortlichen mit deren „Behinderten“, die völlig selbstverständlich in die Moderationen und das Rahmenprogramm eingebunden waren.

OB Peter Rosenberger schritt nach den rockigen Klängen der Band „Rahel Riegraf & Freunde“ sowie dem zum Mitklatschen animierenden „Drums Alive“-Auftritt des Schüler-Treffs der Lebenshilfe Horb-Sulz als erster zum Rednermikrofon. Er zeigte sich mit Blick auf die Ehrenvorsitzende Rosemarie Schneider und deren Mann Norbert „dankbar für diesen Festakt nach 50 Jahren“. Es sei wahrlich ein Grund, „diese Erfolgsgeschichte zu jubilieren und zu feiern“, sagte das Horber Stadtoberhaupt. Er erinnerte an die Anfänge der „Lebenshilfe Horb- Sulz“ in Zeiten, als es noch den Altkreis Horb gab, sowie an den Bau der Pestalozzi-Schule in Horb 1972. Aus dieser Zeit und aus diesen Ideen heraus hat sich in den folgenden Jahrzehnten viel Wesentliches im Bereich der Förderung und Forderung ergeben. Rosenberger nannte unter anderem die Gründung der „Schwarzwald-Werkstatt“ in Dornstetten und extra für Behinderte geschaffenen Wohnraum. Der Stadt Horb sei das Wohn-Problem „bewusst“. Für ihn, Rosenberger, sei ein offener und ehrlicher Umgang mit Behinderten „wichtig und normal“. Er rief dazu auf, auf Menschen mit Behinderung zuzugehen. Ähnlich wie Barbara Rauschenberger könne auch er Behinderung als Bereicherung empfinden.

Stefan Zilker, Vorsitzender des Lebenshilfe-Landesverbandes Baden-Württemberg, rief in seinem Grußwort die Politik dazu auf, sich auch für ein Wahlrecht für Behinderte einzusetzen und sich deutlich gegen jüngste AfD-Verlautbarungen zu positionieren, wonach das „Lebensrecht für Behinderte“ relativiert werden sollte. Dafür erntete Zilker lang anhaltenden, lauten Applaus. Ebenso müsse sich die Politik in Sachen Rentenregelungen für Behinderte konstruktive Gedanken machen. Der Landesvorsitzende hat in seinem Verband eine „Aufbruch- und Erneuerungsphase“ ausgemacht.

Stefanie Simet vertrat den Landkreis Freudenstadt im Steinhaus und betonte einprägsam, „dass es normal ist, verschieden zu sein“. Dafür erhielt auch sie viel Beifall. Behinderten eine Teilnahme am normalen Leben zu ermöglichen, sei eines der Hauptverdienste der vielen in den letzten 50 Jahren für die Lebenshilfe Horb-Sulz ehrenamtlich engagierten Menschen. Dieser selbstlose Einsatz sei ein unabdingbar kostbares Gut „und ist bestes Beispiel für gelebte Inklusion“.

Nach dem Rap der Fußballgruppe der Lebenshilfe sprach die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken: Anerkennung und Wertschätzung für die Arbeit der Lebenshilfe könne nicht hoch genug angesiedelt sein. Es sei ein gutes Gefühl, zu sehen, wie Behinderte mit Nichtbehinderten umgehen. Auch sie verwahrte sich vehement gegen jüngste AfD-Verlautbarungen und sprach sich für gegenteilige Argumentationen aus. Dem Wahlrecht für Behinderte sagte sie ihre Unterstützung zu und rief dazu auf, behinderten Menschen noch mehr Teilhabe am „normalen“ Leben zu ermöglichen.

Nach Beiträgen der Schwimmgruppe der Lebenshilfe unter der Leitung von Andreas Jung und einem Lied von Rolf Zuckowski, dargeboten von der „Freitagssportgruppe#“ der Lebenshilfe unter der Leitung von Bernd Guse, rundete Bundesvorstandsmitglied Ramona Günther den Grußwort-Reigen ab. Nach der abschließenden Rede von Lebenshilfe-Vorsitzender Barbara Rauschenberger lud sie zum gemütlichen und kommunikativen Stehempfang ein, wobei Interessierte auch einen Blick auf die umfassende an den Wänden aufgehängte Dokumentation der 50-jährigen Geschichte der Lebenshilfe Horb-Sulz werfen konnten.

Prominenz in Reihe eins: Ramona Günther, Mitglied des Lebenshilfe-Bundesvorstands; Stefan Zilker, Vorsitzender des Landesverbandes der Lebenshilfe Baden-Württemberg; Saskia Esken, Bundestagsabgeordnete; Gerd Hieber, Bürgermeister der Stadt Sulz; Peter Rosenberger, Oberbürgermeister der Stadt Horb und der Peter Dombrowski, ehemaliger Landrat des Landkreises Freudenstadt. Bilder: Kuball

Prominenz in Reihe eins: Ramona Günther, Mitglied des Lebenshilfe-Bundesvorstands; Stefan Zilker, Vorsitzender des Landesverbandes der Lebenshilfe Baden-Württemberg; Saskia Esken, Bundestagsabgeordnete; Gerd Hieber, Bürgermeister der Stadt Sulz; Peter Rosenberger, Oberbürgermeister der Stadt Horb und der Peter Dombrowski, ehemaliger Landrat des Landkreises Freudenstadt. Bilder: Kuball

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07.05.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 19sec
zuletzt aktualisiert: 07.05.2018, 01:00 Uhr

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