Eutingen · Unternehmen

CO2-neutral bis zur Laderampe

Die Hochdorfer Kronenbrauerei wurde mit dem Mehrweg-Innovationspreis der Deutschen Umwelthilfe ausgezeichnet. Der Betrieb hat sich seit den 1980er-Jahren der Regionalität verschrieben.

30.11.2019

Von Maik Wilke

An den Abreibungen ober- und unterhalb der Etiketten kann man erkennen, wie oft eine Flasche bereits gewaschen und wiederbefüllt wurde.

An den Abreibungen ober- und unterhalb der Etiketten kann man erkennen, wie oft eine Flasche bereits gewaschen und wiederbefüllt wurde.

Eine Mehrwegflasche aus Glas kann bis zu 50 Mal wiederbefüllt werden. Im Vergleich zu PET-Mehrwegflaschen entspricht das etwa der doppelten Nutzung. Für Verbraucher scheint daher klar: Glasflaschen sind die deutlich umweltfreundlichere Alternative zu Plastik und Einweg. Doch so leicht ist das Urteil nicht.

Der Vorteil der Glasflaschen gegenüber den Einwegflaschen greift nur dann, wenn auch auf andere Faktoren wie Transportwege und effiziente Reinigung geachtet wird. Im Langstreckenbereich dagegen ist sogar Einweg umweltfreundlicher. „Aber wenn man regional agiert und lange Transportwege vermeidet, hat Mehrweg aus Glas immer die Nase vorne“, erklärt Katharina Haizmann von der Hochdorfer Kronenbrauerei.

Das familiengeführte Traditionsunternehmen hat am Montag dieser Woche in Berlin den Mehrweg-Innovationspreis der Deutschen Umwelthilfe entgegengenommen. Ausschlaggebend dafür war die 2018 angeschaffte, hocheffiziente Flaschenreinigungsmaschine, die nur halb so viel Wasser verbraucht wie ältere Modelle und zudem den Energieverbrauch aufgrund einer besseren Isolierung erheblich senkt. Das Wasser, das in mehreren Stationen die Flaschen säubert, wird nochmals verwendet, beispielsweise um Getränkekisten zu waschen. Die Kronenbrauerei investierte dafür rund 750 000 Euro.

Faire Preise, um zu bestehen

Die Flaschenreinigungsmaschine ist jedoch nur einer der Bausteine einer Unternehmens-Philosophie, die Anfang der 1980er-Jahre ihren Anfang genommen hat. „Damals verschwanden viele kleine Brauereien, allein in der Umgebung mehr als 30“, erklärt Geschäftsführer Eberhard Haizmann. Um nicht selbst das Brauen aufgeben zu müssen oder von einer großen Brauerei geschluckt zu werden, entschied sich das Unternehmen für einen anderen Weg – einen regionalen Weg.

Je nach Ernte wird bis zu 50 Prozent der Bierproduktion mit dem eigenen Hopfen, der im firmeneigenen Hopfengarten angebaut wird, abgedeckt; der Rest aus Tettnang bezogen. Auch die Gerste bezieht die Kronenbrauerei seit den 1980er-Jahren von Landwirten aus der Region. „Zu einem fairen Preis“, wie Eberhard Haizmann betont. Doch der erhoffte Effekt ist zunächst nicht eingetreten. „Beim Mälzer landete unser Getreide in einem großen Silo – zusammen mit Getreide von anderen Feldern, die nicht unsere Standards erfüllen“, berichtet Eberhard Haizmann.

Für den Geschäftsführer nicht hinnehmbar. Zusammen mit Landwirt Björn Bross aus Bondorf gründete er „Regiokorn“, eine Initiative, die von Landwirten bestimme Auflagen fordert: keine Verwendung von Glyphosat und Wachstumsregulatoren, keine Ausbringung von Klärschlamm, kein gentechnisch verändertes Saatgut und kein Anbau von Mais in der Fruchtfolge. Die Kronenbrauerei zahlt aktuell laut eigenen Angaben 40 Euro mehr pro Tonne Getreide als es marktüblich ist – bei 1000 Tonnen, die pro Jahr benötigt werden, viel Geld. „Doch dafür wissen wir genau, wie unsere Gerste angebaut wird“, sagt Haizmann. Zudem fand der Geschäftsführer mit Bross einen Landwirt, der in eigene Silos investierte und bei dem das Kronenbrauerei-Getreide nun separat lagert. Auch das kostet mehr, ist es Haizmann aber wert: „Landwirt, Erfasser, Mälzer, Brauerei – alle sollen faire Preise erhalten, damit sie langfristig am Markt bestehen können.“

Jahr für Jahr habe man den Weg der Regionalität konsequenter verfolgt. Seit 2007 wird die Brauerei mit Hackschnitzeln aus Holz, das für die normale Holzindustrie nicht mehr verwertbar ist, beheizt; jeglicher Strom auf dem Betriebsgelände inklusive dem für die elektrischen Stapler und Transportameisen ist Ökostrom der Schwarzwald Energie. Die T-Shirts mit Firmenlogo für die 40 Festangestellten, für die Aushilfen sowie die mittlerweile 5500 Mitglieder des Bierclubs stellt der Textilproduzenten Trigema aus Burladingen her.

Die Wärme, die im Sudhaus entsteht, wird abgeführt und beispielsweise dafür benutzt, das Laugebad in der Flaschenreinigungsmaschine auf die nötigen 80 Grad zu erhitzen. „Wir produzieren von der Malzabnahme bis zur Laderampe CO2-neutral“, betont Katharina Haizmann. Erst, wenn die Getränke mit Lastwägen zu den Verkaufstellen gefahren werden, verlässt das Unternehmen den klimafreundlichen Weg. „Momentan ist ein CO2-neutraler Transport über LKW noch nicht möglich, aber wir versuchen stets, den durch unsere Brauerei entstandenen CO2-Ausstoß auszugleichen“, betont Katharina Haizmann.

Lange Transportwege gibt es bei der Brauerei, die 2018 einen Umsatz von etwa 10 Millionen Euro bilanzierte, generell nicht. Hochdorfer vertreibt seine 17 Biersorten plus Mix- und Softgetränke lediglich in einem Umkreis bis zu 80 Kilometer – absolut ausreichend, wie Katharina Haizmann betont: „Wenn ich in einem Restaurant in Berlin eine Limonade aus Italien bestellen kann, frage ich mich immer, ob das sein muss.“

Eberhard und seine Tochter Katharina Haizmann von der Hochdorfer Kronenbrauerei freuen sich über den Mehrweg-Innovationspreis, der ihnen am Montag von der Deutschen Umwelthilfe verliehen wurde. Bilder: Karl-Heinz Kuball

Eberhard und seine Tochter Katharina Haizmann von der Hochdorfer Kronenbrauerei freuen sich über den Mehrweg-Innovationspreis, der ihnen am Montag von der Deutschen Umwelthilfe verliehen wurde. Bilder: Karl-Heinz Kuball

Das Innere der modernen Flaschenreinigungsmaschine, die nur halb so viel Wasser verbraucht wie ältere Modelle.

Das Innere der modernen Flaschenreinigungsmaschine, die nur halb so viel Wasser verbraucht wie ältere Modelle.

Die Hochdorfer Kronenbrauerei füllt ihre Getränke nur in Flaschen mit Standard-Formen ab, damit auch dabei keine vermeidbaren Transportwege entstehen. Spezielle Gebinde oder Flaschen mit Reliefs, wie sie beispielsweise ein bekannter Produzent für Bier mit Tequilageschmack verwendet, verführen zwar den Kunden, können jedoch auch nur von dieser einen Brauerei benutzt werden. Das Leergut legt viele Kilometer zurück, teils quer durch ganz Deutschland, was die CO2-Bilanz erheblich verschlechtert.

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Erstellt:
30.11.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 23sec
zuletzt aktualisiert: 30.11.2019, 01:00 Uhr

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