Aus dem Dornröschenschlaf erweckt

Das Berneuchener Haus Kloster Kirchberg feiert das 60-jährige Bestehen

Bis zur Realisierung bedurfte es aber vieler Recherchen und Renovierungen, fand Historiker Adolf Klek heraus.

06.04.2018

Von Cristina Priotto

Egal zu welcher Jahreszeit: Das Kloster Kirchberg oberhalb von Renfrizhausen ist immer ein Anziehungspunkt für Entschleunigung.Bild: Priotto

Egal zu welcher Jahreszeit: Das Kloster Kirchberg oberhalb von Renfrizhausen ist immer ein Anziehungspunkt für Entschleunigung.Bild: Priotto

Zeit zum Durchatmen bleibt Matthias Gössling derzeit nicht: Kaum sind die für Pfarrer anstrengenden Osterfeiertage vorbei, steckt der geistliche Leiter von Kloster Kirchberg auch schon mitten in den Vorbereitungen für die Feierlichkeiten zum 60-jährigen Bestehen des Berneuchener Hauses, das dem ehemaligen Dominikanerinnenkloster hoch über Renfrizhausen den Namen gibt.

Benannt nach „Gut Berneuchen“

Vorgesehen ist am Pfingstmontag, 21. Mai, zunächst ein Festgottesdienst. Als prominenter Prediger kommt Landesbischof Frank-Otfried July in die Johanniskirche.

Des Weiteren haben Gössling und einige Mitstreiter in den vergangenen Monaten bergeweise alte Fotos gesichtet und sortiert. „Es ist unglaublich, wieviele Bilder es gibt – und doch können wir nur eine kleine Auswahl zeigen“, verrät Gössling im Vorfeld der vorgesehenen Jubiläums-Ausstellung.

Aus Anlass von 60 Jahren Berneuchener Haus plant die Kommunität zudem eine Festschrift. Bereits im Vorfeld wird der Kirchberg-Historiker Adolf Klek beim Klosterfest am Dienstag, 1. Mai, einen Vortrag halten. Vorab hat Klek der SÜDWEST PRESSE das Manuskript über die Wiedererweckung des lange leerstehenden Klosters aus dem Dornröschenschlaf zur Verfügung gestellt.

Der Name geht auf das „Gut Berneuchen“ zurück, das nordöstlich von Frankfurt/Oder liegt. Dort entstanden 1931 der „Berneuchener Dienst“ und die Evangelische Michaelsbruderschaft.

Schon damals boten diese „Geistliche Wochen“ mit Tagzeitengebeten an. Bald kam jedoch der Wunsch nach einem eigenen, dauerhaft nutzbaren Tagungs- und Einkehrhaus auf, „um das ganze Jahr über Menschen in ‚ausgesonderten Tagen‘ Orientierung und Stärkung anbieten zu können“, wie Klek beim Studium diverser Quellen herausfand. Ein weiterer Grund war der Anstieg der Michaelsbrüder auf 46.

Beim Michaelsfest 1951 in Marburg beschlossen die Männer zunächst ein „Heimbauopfer“. 1952 gründete der Bruderschaftskonvent den „Verein Berneuchener Haus“ für das Bauprojekt. Da sich die Michaelsbrüder des Wagnisses bewusst waren, fanden sich jedoch nur sieben Michaelsbrüder zum Beitritt bereit. Bischof Wilhelm Stählin unterstützte das Vorhaben als Beauftragter.

Der Vereinsvorsitzende, Dekan Seifert aus Ulm, der Konstanzer Fabrikant Baier als Stellvertreter und der Beirat machten sich in den Folgejahren auf die Suche nach geeigneten Objekten für ein Tagungshaus. „Nahezu 30 Fälle wurden insgesamt erwogen und wieder aufgegeben“, weiß Kirchberg-Historiker Adolf Klek.

Dass die Übernachtungszahlen in der Gesamtstadt dank des Tagungshauses heute so hoch sind, ist letztlich Ernst Bock zu verdanken: Der Pfarrer war Schriftführer des Vereins und hatte 1949 seinen Bruder Hans und Anneliese Kimmich aus Renfrizhausen in der Klosterkirche getraut, wodurch Bock die Kloster-Anlage kannte.

Wie Klek weiter recherchiert hat, besichtigten im Oktober 1954 erstmals Amtsträger des württembergischen Konvents das verlassene Frauenkloster. Seinerzeit betrieb das Land Baden-Württemberg als Eigentümer auf dem Anwesen eine landwirtschaftliche Domäne. Das Hauptgebäude war jedoch abschreckend verwahrlost. Im Verein Berneuchener Haus gab es daher die Sorge, ob die finanziellen Mittel für die Renovierung und Einrichtung reichen würden.

Gerümpel und Getreide überall

Bei einer Tagung der Michaelsbruderschaft in Stuttgart 1956 ging es darum, ob sich im Kloster Kirchberg ein Berneuchener Haus einrichten lasse. Der Konventsälteste Oskar Planck erklärte sich als Pfarrer im Ruhestand bereit, die Leitung zu übernehmen. Nun stimmten alle dem Projekt zu.

42 Mitglieder besichtigten bei der ersten Versammlung an Fronleichnam desselben Jahres das Kloster Kirchberg – und fanden „Gerümpel des Domänebetriebs, eine verrußte Schlachtküche und Getreide auf dem Fußboden im zweiten Stockwerk“, wie in Plancks Aufzeichnungen steht.

Die Übereinkunft mit dem Eigentümer sah vor, dass das Land die gesamte Anlage „denkmalgerecht in einen würdigen Zustand versetzen“ sollte, während der Verein als Mieter die Kosten für Um- und Einbauten übernahm. Dazu gehörten zunächst 20 Gästezimmer, eine Bibliothek und ein Tagungsraum im zweiten Stock.

Der erste Arbeitseinsatz war an Pfingsten 1957, wofür die Jungbrüder teils drei Stunden zu Fuß vom Horber Bahnhof auf den Kirchberg pilgerten. Es galt, den Kreuzgang, die Kirche und die ehemaligen Konventsräume zu entrümpeln und eine Grube für die spätere Kläranlage auszuheben.

Soldaten als Aufräumer

Die erste Evangelische Messe wurde am Pfingstsonntag durch Pfarrer und Michaelsbruder Erich Hase aus Horb mit der „Arbeitsmannschaft“ in der Klosterkirche gefeiert, fand Adolf Klek heraus.

Nach 1963 kümmerten sich Soldaten der Bundeswehr-Garnison Sigmaringen bei 25 „Freizeiten“ um weitere Aufräumarbeiten.

Das Jubiläum 60 Jahre Berneuchener Haus Kloster Kirchberg wird gefeiert, weil die Einrichtung am Pfingstsamstag, 24. Mai 1958, von Bischof Stählin und Pfarrer Planck feierlich geweiht wurde.

Durch den Auszug des Domänebetriebs wurden sukzessive die Klosterschenke, die Melkerwohnung und das Backhaus frei, wodurch weitere Gästezimmer, der Kapitelsaal und der Klosterladen eingerichtet werden konnten.

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Erstellt:
06.04.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 15sec
zuletzt aktualisiert: 06.04.2018, 01:00 Uhr

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