Übrigens

Das ist alles nur in meinem Kopf

Es ging mir damit so wie mit dem Sodbrennen. Viele Jahre wusste ich nicht, wie es sich anfühlt, aber als ich es dann am eigenen Leib erlebte, wusste ich sofort: Aha! Das ist eine Migräne.

25.11.2016

Von Lorenzo Zimmer

Von meiner Mutter kannte ich das Wort – sie leidet seit ihrer Pubertät daran – und wusste, dass es sich dabei um starke und chronische Kopfschmerzen handelt.

Als mir im Religionsunterricht der achten Klasse beinahe der Kopf platzte und es in meinem Sehfeld zu flimmern begann, kam das Aha-Erlebnis. Oh je, ich habe die Veranlagung geerbt, dachte ich. Meine Lehrerin glaubte mir aber nicht so recht und vermutete, Faulheit wäre mein Motiv – die Schmerzen nur eine faule Ausrede. „Migräne? Das haben doch nur Frauen“, sagte sie. Sehr zur Belustigung der Klasse.

In diesem Sinne ist der Umgang mit der Krankheit, die mich seitdem chronisch plagt, für Männer vielleicht noch unangenehmer als für Frauen. Weil viele annehmen, es sei eine Frauenkrankheit. Schlimmer noch: eine eingebildete Frauenkrankheit. „Kopfweh? Reiß dich zusammen, du Memme“, hört man da schon mal. Männer dürfen Frakturen haben oder was mit der Prostata, mal einen Schnupfen oder einen Nierenstein. Aber Migräne?

Ja, auch wir haben Migräne – in Deutschland sind 6 bis 8 Prozent der Männer betroffen. Frauen leiden hingegen etwa doppelt so häufig am chronischen Kopfschmerz. Forscher vermuten, dass hormonelle Prozesse im weiblichen Körper eine Migräne auslösen können.

Die Ursachenforschung tappt bei der Entstehung der chronischen Kopffolter noch im Dunkeln. Laien, die sich scheinbar sehr gut mit der Materie auskennen, gibt es jedoch viele. Es folgt meine Top 3 der gut gemeinten, aber nicht gewünschten, Migräne-Ratschläge:

„Mach doch mal Ayurveda!“ (Oder Akupunktur, Autogenes Training, Yoga, Gymnastik)

Danke für den Tipp. Aber seien Sie sich sicher: Fast jeder, der in regelmäßigen Abständen das Gefühl hat, sein Kopf werde von innen mit einer Kreissäge bearbeitet, hat sich schon mit alternativen Behandlungsmethoden befasst.

„Das bildest du dir nur ein. Ist nur in deinem Kopf.“

Das ist es tatsächlich. Aber anders als dieser schlaue Ratgeber meint. Ihm wünscht man in bösen Momenten die gleichen Schmerzen.

„Hab dich nicht so, ich hab auch manchmal Kopfschmerzen!“

Das ist etwa so, als würde man einem Beinamputierten sagen, dass man auch schon mal Hühneraugen hatte. Mir hilft nur ein dunkles Zimmer, Stille und – wenn es gar nicht anders geht – ein Schmerzmittel oder Triptane. Denn Migräne gilt Untersuchungen zufolge als einer der schlimmsten Schmerzzustände, die es gibt. Kann ich bestätigen. Ein anderer Kandidat für diese ersten Plätze der Schmerzzustände ist übrigens wirklich einer, der – darüber bin ich zugegebenermaßen recht froh – von Männern nie erlebt werden wird.

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Erstellt:
25.11.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 17sec
zuletzt aktualisiert: 25.11.2016, 01:00 Uhr

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