Vierschanzentournee

Der Bremsenlöser

Von den Erfolgen seines Vorgängers lässt sich Stefan Horngacher nicht stressen. Mit seiner Art hat der Skisprung-Bundestrainer Eindruck hinterlassen.

04.01.2020

Von DPA

Bundestrainer Stefan Horngacher ist mit den deutschen Skispringern bei der Vierschanzentournee auf Erfolgskurs. Foto: dpa/Daniel Karmann

Bundestrainer Stefan Horngacher ist mit den deutschen Skispringern bei der Vierschanzentournee auf Erfolgskurs. Foto: dpa/Daniel Karmann

Eines wollte Stefan Horngacher noch festgehalten wissen. Er, der so streng, teils grimmig wirkende Lehrmeister der deutschen Skispringer, habe auch eine ganz andere Seite. „Ich verlange schon Einiges, aber ich bin auch offen für Späßle. Es gibt auch Spaß bei uns“, sagte der Österreicher zur Halbzeit der 68. Vierschanzentournee – und setzte wie zum Beweis ein vorsichtiges Lächeln auf.

Als Gute-Laune-Onkel ist Horngacher indes kaum nach Deutschland gekommen. Als der DSV im März des vergangenen Jahres einen Nachfolger für Werner Schuster suchte, sprachen vor allem die enormen Erfolge in Polen mit Stars wie Kamil Stoch oder Dawid Kubacki für Horngacher. Also warb der Skiverband den hochbegehrten Fachmann, der schon damals im Schwarzwald lebte, ab. Eine gute Wahl: Nach anfänglichen Problemen funktioniert das System pünktlich zur Tournee.

Horngacher drehte zwar nicht jeden Stein um, setzte aber neue Schwerpunkte, vor allem bei der Anfahrtsposition. „Geschwindigkeit ist ein wichtiges Thema“, sagt Horngacher. Von diesem Ansatz profitiert vor allem Karl Geiger, dessen Hocke auch noch während der ersten Tournee-Hälfte ein großes Thema war. „Karl ist ein großer Sportler und hat einen eher kurzen Oberkörper. Er muss seine Position sehr exakt einnehmen“, sagt Horngacher über die Feinarbeit.

Im Team kommt der neue Coach dank dieser Detailarbeit gut an. „Die letzten Jahre waren natürlich sehr erfolgreich. Aber durch den Trainerwechsel kam neuer Input. Das kann nicht schaden“, sagt Geiger. Zimmerkollege Markus Eisenbichler schätzt vor allem die leisen Töne von „Steff“, dem Chef. Horngacher pflegt knappe, aber bestimmte Rhetorik.

Zu Saisonbeginn trug diese Art allerdings keine Früchte: In den Teamspringen des bisherigen Winters flogen die DSV-Adler nur auf die Ränge fünf und sechs, auch im Einzel waren enttäuschende Ergebnisse die Regel. Horngacher und Co. brachte das allerdings nicht aus der Ruhe – auch, weil er damit gerechnet hatte: „Als ich in Polen angefangen habe, war es ähnlich. Damals haben wir im ersten Jahr auch nicht alles gewonnen.“

Alles vielleicht nicht, aber doch ganz schön viel. Zum Beispiel die Tournee: Kamil Stoch gewann 2016/17 den Goldenen Adler vor Piotr Zyla, Maciej Kot rundete auf Rang vier das sensationelle Teamergebnis ab. Nun könnte Horngacher auch im ersten Jahr als Bundestrainer die Tournee gewinnen, der Begriff „Sensation“ wäre auch dann nicht zu hoch gegriffen. Sein Vorgänger Schuster hatte schließlich elf Jahre lang vergeblich versucht, das Schanzen-Spektakel zu gewinnen und bei seinem Abschied mit einem Augenzwinkern angemerkt, nun sei vielleicht der „Bremsklotz“ weg.

Bis dahin wird Horngacher stoisch seinen Job machen, auf dem Trainerturm seine Jungs abwinken und insgeheim auf den Tournee-Triumph hoffen, auch wenn er nur „von Springen zu Springen“ denken will.

Und sollte Karl Geiger nach den Springen an diesem Samstag (Innsbruck, ab 14 Uhr) und Bischofshofen (Montag, 17.15 Uhr) am Ende tatsächlich den Goldenen Adler mit Wucht in die Luft stemmen, hätte wohl auch der so grimmig wirkende Stefan Horngacher wieder einen Grund zum Lächeln. dpa

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Erstellt:
04.01.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 32sec
zuletzt aktualisiert: 04.01.2020, 06:00 Uhr

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