Bauplatzvergabe

Kein Vorrang für Einheimische

Bei mehreren Bauplatz-Interessenten entscheidet seit vier Jahren in Horb das Los. Das findet Horst Dreier nicht in Ordnung.

16.11.2018

Von Dagmar Stepper

In Bittelbronn wird ein neues Baugebiet mit 17 Plätzen erschlossen. Nach den Einwerfern, kommen andere zum Zuge. Gibt es mehr Interessenten als Bauplätze entscheidet das Los. Ein Stuttgarter kann also vor einem Einheimsichen den Vorrang haben. Bild: Andreas Wagner

In Bittelbronn wird ein neues Baugebiet mit 17 Plätzen erschlossen. Nach den Einwerfern, kommen andere zum Zuge. Gibt es mehr Interessenten als Bauplätze entscheidet das Los. Ein Stuttgarter kann also vor einem Einheimsichen den Vorrang haben. Bild: Andreas Wagner

Host Dreier wohnt seit 46 Jahren in Bittelbronn, 1972 hat sich der gebürtiger Mannheimer den beschaulichen Flecken wegen der Nähe zu Homag als neue Heimat gewählt. Dreier hat hier die Firma „Dreier Technology GmbH“ aufgebaut und laut eigenen Angaben „Steuern in Millionenhöhe“ bezahlt. Dreier will in Bittelbronn seinen Lebensabend verbringen und hat sich mit 80 Jahren dazu entschlossen, einen kleinen, barrierefreien Bungalow für sich und seine 75-jährige Frau zu bauen.

In Bittelbronn wurde in diesem Jahr die Weichen für das kleine Baugebiet „Allmend-Mitte“ mit 17 Bauplätzen gestellt, davon sind im ersten Bauabschnitt 7 sofort bebaubar. Für Dreier ein Geschenk, so kann er seinen Traum vom neuen Eigenheim so schnell wie möglich realisieren. Er hat zwar bereits ein Haus in Bittelbronn, aber im Gespräch mit unserer Zeitung verrät er, dass es im entsprechenden Alter zu groß sei. Daher hat er den Plan, sein Eigenheim zu verkaufen und im nächsten Jahr ein Fertighaus auf einen der neuen Bauplätze zu stellen.

Einheitliche Richtlinien seit 2014

Dreier wandte sich an Bittelbronns Ortsvorsteher Hans Schmid. Doch seit diesem Gespräch versteht Dreier die Welt nicht mehr. Denn Schmid sagte ihm, dass bei mehreren Interessenten nicht automatisch ein Bittelbronner den Zuschlag erhält, sondern das Los entscheidet. „Das kann doch nicht sein, dass Einheimische gegen Stuttgarter verlieren“, echauffiert sich Dreier.

Doch genau das kann in Horb passieren. 2014 hat der Gemeinderat bei der Vergabe von Bauplätzen einheitliche Vergaberichtlinien für alle Stadtteile beschlossen. Werden aus Wiesen und Äckern Bauland, genießen die Grundstückseigentümer, die sogenannten Einwerfer von Rohbaulandflächen, beim Bauplatzerwerb Vorrang vor allen weiteren. Je nach eingebrachter Fläche hat ein Einwerfer ein Vorverkaufsrecht auf zwei Bauplätze, davon einen ohne Bauzwang. Die Einwerfer dürfen ihre Bauplätze auch zuerst aussuchen.

Nachdem die Einwerfer an der Reihe waren, geht die Bauplatzvergabe nach folgenden Regeln weiter: „Die dann noch verbleibenden Bauplätze, mindestens jedoch die Hälfte aller Bauflächen, wird den übrigen Interessenten angeboten, die sich im Rahmen des offiziellen Interessentenaufrufs der Stadt gemeldet haben“, teilt Stadtsprecher Christian Volk auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE mit. Dieser Interessenaufruf wird vor dem Beschluss des Gemeinderats, für ein bestimmtes Baugebiet ein Bebauungsplanverfahren einzuleiten (Aufstellungsbeschluss) durch Aufruf im Amtsblatt der Stadt sowie der Bauplatzbörse auf der städtischen Internetseite durchgeführt. Auch wird im Losverfahren entschieden, wenn ein Bauplatz von mehreren Interessenten gewünscht wird oder es mehr Interessenten wie Bauplätze gibt. „Eine Unterscheidung nach ortsansässigen und auswärtigen Interessenten erfolgt dabei nicht“, informiert Volk. Sollten nach diesem Prozedere noch Bauplätze zur Verfügung stehen, werden diese öffentlich in der Bauplatzbörse auf der städtischen Internetseite zum Kauf angeboten und im Amtsblatt hingewiesen. „Für diese Bauplätze erhält grundsätzlich derjenige den Zuschlag, der sich zuerst bei der Stadtverwaltung meldet“, sagt Volk. Eine Ausnahme gilt für den ersten Tag der Veröffentlichung: Alle Anfragen, die an diesem Tag eintrudeln, werden gleich gewertet und hier entscheidet dann gegebenenfalls das Los. Bevor ein Kaufvertrag jedoch tatsächlich abgeschlossen wird, wird die jeweilige Ortschaft angehört.

Für Horst Dreier ist das ein Unding. „Ich kenne keine Stadt, wo das Los entscheidet“, sagt er. Seine Tochter wollte in Schopfloch bauen, da wurde sie gefragt: „Arbeiten Sie bei Homag oder wohnen Sie hier bereits?“ Als sie beides verneinen musste, wurde ihr laut Horst Dreier gesagt: „Dann kriegen Sie auch keinen Bauplatz.“ Inzwischen hat seine Tochter in Bittelbronn gebaut. Für Dreier ein weiterer Grund, hier im Ort bleiben zu wollen. „Auch die Gräber meiner Eltern sind in Bittelbronn“, betont er.

Stadt will keine Diskriminierung

Bis vor vier Jahren galten noch andere Vergaberichtlinien bei Bauplätzen. Sie enthielten Unterscheidungen zwischen Ortsansässigen und Auswärtigen. Ebenso wurde die Kinderzahl oder die Arbeitsstätte im Stadtgebiet berücksichtigt. Die Vergaberichtlinien wurden mehrfach geändert und an rechtliche Vorgaben angepasst. Der Gemeinderat segnete alle Richtlinien ab. „Letztlich bedingt durch das Diskriminierungsverbot wurden die neuerlichen Vergaberichtlinien im Jahr 2014 gefasst“, informiert der Stadtsprecher unsere Zeitung.

Darüber kann Dreier nur zynisch lachen. „Das ist Schwachsinn. Die Horber vergraulen ihre eigenen Leute.“ Und für den Fall, dass er keinen Bauplatz in Bittelbronn bekommt, droht er schon einmal an: „Dann verkaufe ich mein Haus an ein Bordell.“

Geplante Wohngebiete für dieses und nächstes Jahr

In Horb sind Bauplätze gefragt, nicht zuletzt aufgrund niedriger Zinsen und der boomenden Wirtschaft.

In diesem Jahr werden folgende Wohnbaugebiete entwickelt (mit der Erschließung wird voraussichtlich im nächsten Jahr zu rechnen sein):

- „Allmend-Mitte“ in Bittelbronn (17 Bauplätze, davon im 1. Bauabschnitt 7 Bauplätze sofort bebaubar)

- „Am Killberg“ in Grünmettstetten (7 Bauplätze)

- „Schulstraße-Süd“ in Nordstetten (44 Bauplätze)

- „Heideweg“ in Isenburg (2 private Bauplätze)

Für nächstes Jahr hat der Gemeinderat bereits einen Aufstellungsbeschluss für das Baugebiet „Barbel-West Erweiterung“ (zirka 38 Bauplätze) in Talheim beschlossen. In die Planungsphase gehen ebenfalls Baugebiete in Bildechingen, Altheim, Rexingen und Dießen. Ein großes Projekt ist auch der Bereich „Hohenbergkaserne-Mitte“ in Horb, für den nächstes Jahr die Planungen abgeschlossen werden sollen.

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Erstellt:
16.11.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 32sec
zuletzt aktualisiert: 16.11.2018, 01:00 Uhr

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