Eutingen · Verkehr
Die Verspätung zügig vergessen
Nach 20 Jahren Vorlauf- und Planungszeit hat mit dem Spatenstich am gestrigen Mittwoch offiziell der Bau für den Bahnhaltepunkt Eutingen-Nord begonnen. Ab dem 8. Dezember können Eutinger und Göttelfinger ortsnah in die Züge Richtung Freudenstadt und Stuttgart einsteigen.
Der weiß-gelbe Zug rast hinter den drei Männern in Anzug vorbei, ohne seine Geschwindigkeit zu verringern. Für einen kurzen Moment muss Armin Jöchle seine Rede unterbrechen, nach wenigen Sekunden ist der Regional-Express aber wieder außer Sicht- und Hörweite. Ab dem 8. Dezember, so betonte Eutingens Bürgermeister, fahren die Züge zwischen Freudenstadt und Stuttgart nicht mehr ungebremst über die Kreuzung der Kreisstraße 4715. Denn: „Mit dem heutigen Spatenstich für den Bahnhaltepunkt Eutingen-Nord ist der Bau desselbigen endlich unumkehrbar.“
Vor 17 Jahren die erste Zusage
Die Freude darüber, dass Bürger Eutingens und Göttelfingens ab dem Fahrplanwechsel der DB Netz AG ortsnah in die Züge Richtung Freudenstadt und Stuttgart einsteigen können, war Jöchle anzusehen. Schließlich habe das Projekt viele Rückschläge erlitten und somit auch für viel Verdruss bei den Beteiligten, also der Gemeindeverwaltung, den Gemeinderäten und auch den Bürgern gesorgt.Als im Oktober 2002 die Vereinbarung zur Elektrifizierung der Bahnstrecke von Freudenstadt nach Eutingen unterzeichnet wurde, war im Vertrag auch von zusätzlichen Haltepunkten die Rede – immerhin 17 Jahre vor dem gestrigen Mittwoch. „Diese lange Vorgeschichte zeigt, dass wir schneller werden müssen“, erklärte daher Ascan Egerer. Für den technischen Geschäftsführer der Albtalverkehrsgesellschaft (AVG) sei es in Zeiten der Verkehrswende und des geforderten Ausbaus des ÖPNV unerlässlich, für Fahrgäste den Zugang zum Bahnsystem zu verbessern.
„Stammtische“ bringen Erfolg
Aufgrund der vielen Rückschläge in der Planung des vierten Bahnhaltepunkts auf Gemarkung der Gemeinde Eutingen hatte Bürgermeister Armin Jöchle im August 2017 Hilfe bei Freudenstadts Landrat Klaus Michael Rückert gesucht, „um uns das notwendige Gehör bei den Verantwortlichen zu verschaffen“.Die Vertreter des Landesministeriums, der Deutschen Bahn, der AVG und der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) kamen zusammen. Die „Bahn-Stammtische“, wie sie die SÜDWEST PRESSE bezeichnete, brachten letztlich den Erfolg, wie Landrat Rückert gestern betonte: „Über viele Jahre war der Haltepunkt im übertragenen Sinne ein Verschiebebahnhof – keine Behörde wollte zuständig sein und hat die Schuld dafür, dass die Umsetzung nicht klappt, auf eine andere geschoben.“ Erst als Vertreter aller beteiligten Institutionen an einem Tisch saßen, wäre man zu klaren Ergebnissen und Fortschritten gekommen. „Die Anstrengungen und den Ärger wollen wir mit dem ersten fahrplanmäßigen Halt eines Zuges dann aber schnell vergessen“, sagte Armin Jöchle.
Zumal Landrat Rückert die Zusage vom Land erhalten habe, dass mit Fertigstellung von Stuttgart 21 eine stündliche, umsteigefreie Verbindung von Freudenstadt in die Landeshauptstadt integriert wird. „Und das funktioniert nur über die Orte Eutingen und Aach“, so der Landrat.
Im ersten Schritt setzt die AVG, die für den Bau des Haltepunkts verantwortlich ist, die Bahnsteigfundamente und die Bahnsteigkanten. Es gibt mehrere Bauabschnitte, gearbeitet wird hauptsächlich in Nachtschichten. Die 140 Meter lange Haltestelle wird barrierefrei gestaltet, verfügt über eine Wartehalle mit Sitzbänken und einen Fahrkartenautomaten. Mit dem Bau des P+R-Platzes, für den dann die Gemeinde Eutingen verantwortlich ist, wird im Frühjahr 2020 begonnen. Fahrgäste können aber provisorische Parkplätze nutzen, sobald der Haltepunkt angefahren wird.
Die Kosten belaufen sich einschließlich Planung auf etwa 766 000 Euro – nach Abzug eines Zuschusses aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes in Höhe von 460 000 Euro beträgt der Gemeindeanteil noch 306 000 Euro. Zudem wird noch ein Zuschuss aus dem Ausgleichstock in Höhe von 62 800 Euro erwartet.