Kreis Freudenstadt · Urlaub

Ein Blick auf den Tourismus weltweit

An der virtuellen Jahrestagung der Schwarzwald Tourismus nahmen knapp 400 Touristiker teil.Andere Länder sind Deutschland voraus..

17.07.2020

Von Dunja Bernhard

Frank Stäbler (dreifacher Weltmeister im Ringen), Moderator Jens Zimmermann und STG-Geschäftsführer Hansjörg Mair im Studio „B&HP Weißhaar“ in Emmendingen, aus dem gestreamt wurde. Bild: Iris Huber/Schwarzwald Tourismus

Frank Stäbler (dreifacher Weltmeister im Ringen), Moderator Jens Zimmermann und STG-Geschäftsführer Hansjörg Mair im Studio „B&HP Weißhaar“ in Emmendingen, aus dem gestreamt wurde. Bild: Iris Huber/Schwarzwald Tourismus

Die Schwarzwald Tourismus GmbH (STG) vertritt 321 Orte in der Ferienregion. Die wirtschaftlichen Nöte aufgrund der Corona-Pandemie überlagern die neue Rekordbilanz für das Jahr 2019. Im April und Mai 2020 mussten die Übernachtungsbetriebe ein Minus von rund 97 Prozent gegenüber dem Vorjahr verkraften. „Wir wissen noch nicht, welche Lücken Corona am Ende in unsere touristische Infrastruktur gerissen haben wird“, erklärte STG-Aufsichtsratsvorsitzender und Landrat des Ortenaukreises Frank Scherer am Mittwoch.

In einer virtuellen Talkrunde sprachen Andrea Springmann, Dozentin an der City University in Hongkong, Bärbel Frey, Geschäftsführerin „Aqua Dome“ im österreichischen Ötztal, Christoph Hoffmann, CEO der 25 hours Hotels, und Hansjörg Mair, Geschäftsführer der STG über die Auswirkungen des Coronavirus‘ und den damit einhergehenden Einschränkungen auf den Tourismus.

Bereits die dritte Welle der Corona-Pandemie schwappt über Hongkong, berichtete Springmann. Der erste Fall von Covid 19 wurde dort am 23. Januar bekannt. Jetzt müssen zum ersten Mal Restaurants Einschränkungen hinnehmen und um 18 Uhr schließen. Alle öffentlichen Einrichtungen wurden geschlossen. Die jetzigen Einschränkungen seien umfassender als die im März, so Springmann. „Das ist sehr bedrückend.“ Vorher habe es nie einen Lockdown gegeben. Dennoch sei beim Ausbruch der Pandemie der Umsatz der 26Millionen Gastunterkünfte gänzlich eingebrochen, weil keine Touristen mehr kamen . Der Binnentourismus habe dann einen Teil des Verlusts wettgemacht. Die Hygienestandards seien in Hongkong sehr hoch, es galt immer eine Maskenpflicht.

„Es gab wenig importierte Fälle“, sagte Springmann. Alle Einreisenden wurden auf Covid 19 getestet. Bei einem positiven Ergebnis mussten die Betroffenen ins Krankenhaus oder in Quarantäne. „Wir dachten, wir sind mit Covid19 durch.“ Jetzt seien wieder lokale Herde aufgetreten. Hongkong, das über 7,5 Millionen Einwohner hat, hatte bisher knapp 1600 nachgewiesene Covid 19-Infektionen. Zehn Menschen starben.

Das Wellnesshotel von Bärbel Frey liegt eine Stunde von Ischgl entfernt, dem österreichischen Corona-Hot-Spot der Winter-Ski-Saison. Frey berichtete, dass in Ischgl die Buchungen schon wieder Vorjahresniveau erreicht hätten.

Als Vorteil bei der Corona-Bekämpfung sieht sie gegenüber dem Föderalismus in Deutschland, dass alle Anordnungen in Österreich von Wien und Kanzler Sebastian Kurz ausgingen. „Das war kein Laschet gegen Söder, kein Steiermark gegen Tirol.“ Österreich sei Bayern und Baden-Württemberg bei der Pandemie zwei Wochen voraus gewesen.

Seit Juni sind österreichische Hotels und Restaurants wieder geöffnet. Die Buchungen lägen derzeit ein fünftel über denen des Vorjahres, berichtete die Hotelierin. Ein All-Inclusiv-Angebot für Familien hat das Unternehmen wieder von der Website genommen, weil es förmlich überrannt worden sei. Mittlerweile hat das Hotel auch die Preise erhöht. Man sehe, dass Europa wieder reist, sagte Frey. 70 Prozent seien ausländische Gäste. Auch für den Winter habe sie schon eine gute Buchungslage.

Österreich habe beim Lockdown strengere Auflagen gehabt als Deutschland, dann aber weitreichender wieder geöffnet. Der Wellnessbereich durfte mit dem Hotel öffnen. Die Restaurants können voll besetzt werden.

Allerdings müsse sich jeder Gast einem Temperaturcheck unterziehen, die Hygiene- und Sicherheitsrichtlinien unterschreiben und die Kontaktdaten hinterlegen. Die Mitarbeiter werden jeden Tag auf Fieber kontrolliert, wöchentlich können sie sich kostenlos auf Covid 19 testen lassen. In Österreich gilt ein Mindestabstand von einem Meter, im Schwimmbecken von 6 Metern.

Hoffmann, der Hotels in verschiedenen Großstädten betreibt, berichtet, dass er die Häuser auch bei nur einem Gast geöffnet ließ. „Ich bin der Meinung, es tat uns gut, dass wir die letzte Kerze nicht ausgepustet haben.“ So konnte er den Betrieb schnell wieder hochfahren. Allerdings habe er sich auf ein Hotel pro Stadt konzentriert.

Dass in den verschiedenen Bundesländern unterschiedliche Regeln galten, sei verwirrend gewesen. Aber darum hätten sich die jeweiligen Direktoren in den Häusern gekümmert.

Die Neueröffnungen von 25hours Hotels in Dubai und Florenz hat Hoffmann verschoben. „Wir sind guter Dinge, aber es hängt vom Markt ab.“ Das sei alles für gute Zeiten geplant.

In Städten passiere derzeit nichts. Die Hotels dort seien abhängig vom asiatischen und amerikanischen Markt. Zudem fehlten die Geschäftsreisenden. In einer Stadt wie Hamburg machten im Juli die Touristen 70 Prozent der Belegung aus. In Zürich oder Frankfurt sei es hingegen ganz dramatisch. „Da passiert fast nichts.“

Hoffmann hat sein Geschäftsmodell in der Krise erweitert. Er vermietet Hotelzimmer als Homeoffice. Studenten bietet er „Longstay“ mit allen Hotelannehmlichkeiten für 999 Euro im Monat an.

Die Gewinner der Krise seien die Nahmärkte, sagte STG-Geschäftsführer Hansjörg Mair. Allerdings könne damit nicht alles aufgeholt werden, was mit den fehlenden internationalen Gästen verloren gehe. Mair sieht im Inland-Tourismus ein großes Potenzial. Besonders die Nord- und Ostseeküsten sowie die Alpen seien gefragt, aber auch die Mittelgebirge. „Wir müssen schauen, dass die Starken überleben, um dann den Schwachen zu helfen zu überleben.“ Er hoffe, dass die Solidarität, die während der Corona-Krise zu spüren war, auch weiterhin gelebt wird. Die heimischen Destinationen müssten Alternativangebote für Urlaube machen, die im Ausland derzeit nicht möglich sind.

„Reisen ist ein Bedürfnis, dass man nicht verschieben kann“, ist der gebürtige Südtiroler Mair überzeugt.

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Erstellt:
17.07.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 41sec
zuletzt aktualisiert: 17.07.2020, 01:00 Uhr

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