Tübingen

Einigung zum Baugebot ist geplatzt

CDU, Tübinger Liste und FDP lehnen eine Enteignung ab. OB Palmer verschickt den Brief allein.

30.03.2019

Von Gernot Stegert

Umfrage zum Baugebot
02:33 min
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Baulücken sollen bebaut werden, um die Wohnungsnot in Tübingen zu lindern. Darin sind sich alle Fraktionen im Tübinger Gemeinderat und Oberbürgermeister Boris Palmer einig. Doch während dieser mit Verweis auf Paragraph 176 Baugesetzbuch auf Eigentümer notfalls Druck ausüben will, lehnen CDU, Tübinger Liste und FDP einen Zwang mit der Androhung einer Enteignung als letztem Mittel ab. Daran scheiterte am Donnerstagabend nach der Gemeinderatssitzung der Versuch von Fraktionen und OB, gemeinsam einen Brief an Eigentümer von Grundstücken mit Baulücken zu formulieren.

Der Oberbürgermeister kündigte daher an, dass er den Text nun in eigener Verantwortung fertigstellen und zügig verschicken werde. Da die Anwendung eines Gesetzes „Verwaltungshandeln“ ist, braucht er keine Zustimmung. Im Brief soll das Wort „Enteignung“ nicht stehen, wohl aber der Verweis auf Paragraph 176. In diesem ist von Enteignung die Rede. Die Fraktion von AL/Grünen unterstützt Palmers Vorgehen.

Bei der Aufklärung der Eigentümer über die Wohnungsnot und dem dringenden Appell wäre die CDU noch dabei gewesen, sagte Stadträtin Ulrike Ernemann gestern dem TAGBLATT. Doch Palmer habe auf den Bezug auf Paragraph 176 und damit Enteignung bestanden. Warum sie sich so klar noch nicht im Verwaltungsausschuss am 18. März positioniert habe, erklärte Ernemann mit dem Versuch, im Gespräch mit Palmer noch etwas zu erreichen. Sie habe einen Konsens suchen wollen.

Ähnlich äußerte sich Dietmar Schöning (FDP). „Wir wollten ausloten, was geht.“ Eine Enteignung gehe aber mit der FDP nicht. Zumal die Stadt im Jahr 2007 letztmals an Grundstücksinhaber geschrieben habe. Damals gab es noch keine Wohnungsnot wie heute. Die Stadt solle zunächst eine „herzliche, dringliche Bitte“ aussprechen und auf „die Androhung der Folterwerkzeuge“ verzichten. Das werde nur zur Eskalation mit jahrelangen Rechtsstreitereien führen. Schöning sagte: „Wir bezweifeln ganz nachdrücklich, dass Palmer mit einem härteren Vorgehen mehr Erfolg bei der Mobilisierung von Bauland wird haben können.“

Ernst Gumrich (Tübinger Liste) teilt die Argumente und sagte: „Bei einem so massiven Vorgehen gegen sehr viele Grundstücksbesitzer in Tübingen gehört es sich, den Gemeinderat darüber abstimmen zu lassen.“ CDU, Tübinger Liste und FDP hatten einen Antrag gestellt, der das Vorgehen des Oberbürgermeisters missbilligt und ihn zur Unterlassung auffordert. Sie werden auf der Abstimmung bestehen.

Zum Dossier: Das Tübinger Baugebot

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Erstellt:
30.03.2019, 01:30 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 09sec
zuletzt aktualisiert: 30.03.2019, 01:30 Uhr

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