Horb · Personalie

„Es gibt zu wenig Wohnraum“

Vier Jahre war er ein Anwalt für Menschen, die von der Gesellschaft benachteiligt wurden. Nun zieht Caritas-Leiter Rüdiger Holderried weiter.

08.08.2020

Von Benjamin Breitmaier

Caritas-Chef Rüdiger Holderried sagt Horb zumindest beruflich Adieu.Bild: Benjamin Breitmaier

Caritas-Chef Rüdiger Holderried sagt Horb zumindest beruflich Adieu.Bild: Benjamin Breitmaier

Horb kennt ihn als einen entschiedenen Streiter für Menschen, bei denen es manchmal nicht rund läuft, die sich schwertun in dieser Gesellschaft, in der es so vielen so gut zu gehen scheint. Rüdiger Holderried, Leiter der Horber
Caritas. Vor vier Jahren kam er
als Nachfolger von Erwin Reck nach Horb. Nun sucht der Bildechinger in Loßburg eine neue berufliche Zukunft.

Der gestrige Freitag, sein letzter Arbeitstag. Holderried verbringt ihn mit den Menschen, die ihm am Herzen liegen. Mit seinen „Jungs“ am Bahnhof, wie er sagt, mit den Menschen, die er betreut hat. Noch ein letztes Mal Frühstücken im Begegnungshaus
Paradios, seinem „Hauptquartier“, mit den Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen, das Team des Tafelladens, das er durch die herausfordernde Pandemie-Zeit führen musste.

Die SÜDWEST PRESSE trifft den scheidenden Caritas-Leiter am gestrigen Freitag am Alten Freibad im Gespräch mit Kolleginnen. An was er sich gerne aus seinen vier Jahren in Horb erinnert? „Mir fallen einige Dinge ein“, sagt der 42-Jährige. Die Sommervesperkirche in der Horber Markthalle, oder die vielen Male Mitternachtssport in der Hohenberghalle. „Es strömen dort so viele junge Menschen hin, da sieht man, welches Potenzial an Jugendlichen Horb hat.“ Dass er mit weiteren Caritas-Leuten beim letzten Mini-Rock-Festival über den Campingplatz stromerte, um für das Müllsammeln Werbung zu machen, werde er wohl ebenfalls nicht vergessen.

Für eine Antwort auf die Frage, welches Problem ihn in seiner Arbeit als Caritas-Leiter und Streetworker am meisten beschäftigt hat, braucht Holderried nicht lange. „Es gibt zu wenig bezahlbaren Wohnraum“, erklärt er. „Ich musste teilweise zu Leuten sagen: ,Bleib in deiner Wohnung‘, obwohl die verschimmelt war, weil sie sonst nicht anderes gefunden hätten.“ Das schmerzte, meint er. Auch die Argumentation, dass es doch Wohnungen in den Teilorten gebe, lässt der Sozialarbeiter nicht so stehen. „Wie willst du denn arbeiten, wenn du hier auf den ÖPNV angewiesen bist?“, fragt er. Für Horb wünscht sich der Bildechinger vor allem mehr Mut, beim Thema Wohnraum, beim Thema „Sicherer Hafen“ für Flüchtlingen oder auch bei der Schaffung von Angeboten für die Jugend. „Traut euch mehr zu, einfach mal machen“, richtet er an die Stadt, in der er zwar leben, aber nicht mehr arbeiten wird.

In Loßburg wird er pädagogische Arbeit in einer Schulklasse aufnehmen. „Ich freue mich darauf, jungen Menschen Perspektiven zu eröffnen“, meint er und lächelt. Ein Wermutstropfen bleibt für ihn dennoch: „Ich musste mir jetzt ein Auto kaufen, das schmerzt.“ Doch bald schon will er die Strecke auch mit seinem E-Bike testen, „spätestens im Frühjahr“, meint er und lacht.

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Erstellt:
08.08.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 20sec
zuletzt aktualisiert: 08.08.2020, 01:00 Uhr

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